Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Sabelsbergischen Gute in Reichenbach, im Rufe gelinder Freisinnigkeit stehend. Der Hirzenbauer, Klein-Rotteck genannt, eine untersetzte, gedrungene Figur und der ewig lächelnde, halb städtisch gekleidete Schultheiß des Ortes beschlossen die Reihe der Auserwählten.
Die Thiere wurden vorgeführt und von allen Seiten gemustert, der Domänenrath riß ihnen das Maul auf, um das Alter zu erkunden, seine Hände trieften von Schaum; er gab seine Stimme ab: erster oder zweiter Preis, worauf die Andern in der Regel laut beistimmten, nur der ehemalige Theolog und der Klein-Rotteck wichen manchmal ab. Als Dominik mit dem Schwärzle vorfuhr und sich mächtig anstemmen mußte, da das sonst so geduldige Thier in der Menschenmenge unter der Musik schnaubte, und hin und herriß, lächelte eine Frauengestalt aus dem untern Fenster des Apostels. Die Oberamtmännin stand dort neben Ameile und sagte: »Das ist ein prächtiger Bursch, und wie er sich gegen den Kopf des Thieres anstemmt, steht er zum Malen da.« Der Domänenrath prüfte das Schwärzle und einstimmig wurde ihm der erste Preis zuerkannt. Der Landjäger verwies Dominik mit dem Thiere nach der rechten Seite, das Thier schleifte ihn fast und er mußte mit aller Kraft hemmen.
Nun bestiegen die Preisrichter die Tribüne. Der Oberamtmann in seiner Uniform mit der gelben Schärpe und dem Degen an der Seite stellte sich auch dort auf. Ihm folgte die Oberamtmännin, die nicht abließ, bis auch Ameile mitging; sie stellte sich aber immer hinter die Oberamtmännin, so daß sie kaum gesehen werden konnte. Der Domänenrath hielt nun einen Vortrag über den Flurzwang und die Vortheile des Zusammenlegens der Grundstücke, den er mit manchen anschaulichen Bildern und Scherzen zu würzen wußte, so daß oft ein verhaltenes Lachen durch die Versammlung sauste.
Auf seinen Wink ertönte dann ein Trompetenstoß und die Austheilung der Dienstbotenpreise begann, wobei noch ausdrücklich bemerkt wurde, daß nur solche belohnt würden, die ohne nahe Verwandtschaft viele Jahre in Einem Hause vorwurfsfrei gedient haben. Auf der Tribüne lagen rothe Kästchen, welche mit dem Namen der Belohnten bezeichnet waren und die Denkmünze enthielten. So oft ein Name ausgerufen wurde, reichte die Oberamtmännin dem Domänenrath das Kästchen, dieser reichte es hinab und jedesmal ertönte ein dreimaliger Trompetentusch. Dominik war erst der vorletzte unter den Preiswürdigen, weil seine Dienstzeit durch die Militärpflicht unterbrochen war. Als endlich sein Namen ausgerufen wurde, faßte Ameile unwillkürlich das Kästchen und ohne es durch die Hand des Domänenraths gehen zu lassen, reichte sie es Dominik unmittelbar hinab. Ein heller Trompetentusch ertönte, in den sich freudiges Zujauchzen der Versammelten mischte. Wer könnte ermessen, was in diesem Augenblick in Ameile und Dominik vorging? Der Domänenrath streichelte ihr die glühende Wange und sprach etwas von Ritterfräulein und Turnieren, Ameile verstand ihn nicht, sie schwebte wie auf den Tönen der Musik in Jubel und Bangen.
Dominik steckte das Empfangene ruhig in die Tasche, schaute nur flüchtig auf und sich ungeschickt verbeugend und stolpernd kehrte er zu seinem Thiere zurück. Dort erst öffnete er das Kästchen und es enthielt ihm jetzt in der That einen hohen Ehrenpreis. Der Furchenbauer brachte nun dem Dominik eine mächtige Kuhschelle mit neuem rothem Riemen, die er vorsorglich im Wagensitze mitgenommen. Das Schwärzle ließ sich nicht ohne Unruhe die Schelle umhängen und vom Apostelwirth den Kranz auf's Haupt setzen. Der Apostelwirth war ein kluger, politischer Kopf, er hatte Kränze bereit gehalten für alle, die gekrönt worden waren, und er behauptete, ganz genau vorher gewußt zu haben, welches Thier preiswürdig befunden würde.
Der Domänenrath hielt hierauf noch eine sehr in's Salbungsvolle übergehende Anrede über die Tugenden eines wackeren Dienstboten; ein aufmerksamer Zuhörer hätte es ihm deutlich angehört, daß er auf einen Uebergang zu der nun erfolgenden Handlung spekulirte und in seiner Rede hin und her tappte; er fand aber den richtigen Ausweg nicht und half sich endlich damit, daß er wieder einen Marsch aufspielen ließ. Der Rainbauer von Hirlingen – der sogenannte Scheckennarr, weil er nur scheckiges Vieh hielt und es oft theuer bezahlte – erhielt den ersten Preis für einen selbstgezogenen hochbeinigen holländischen Zuchtstier, den vier Mann führen mußten. Unmittelbar darauf wurde das Schwärzle
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