Schwarzwaelder Dorfgeschichten
sagte: »Und wenn's so ist, und sei's meinetwegen, und hab' ich meine Seele verdorben und meine Seligkeit in die Höll' geworfen, so will ich's wenigstens hier auch 'nausführen und soll wenigstens nicht Alles umsonst gewesen sein.«
Der Dekan faßte nochmals in neu gesammelter Ruhe alle die sittlichen Bedingungen zusammen, die hier in Frage stehen, dann ging er auf die praktischen Bedenken über. Der Furchenbauer beharrte dabei, daß er auch ohne die Beschädigung des Vinzenz diesen doch einsetzen würde, denn Alban sei von Haus aus begabter und könne sich leicht forthelfen. Als ihm aber der Bruder erklärte, wie es gegen alles Recht und Herkommen sei, daß ein Beschädigter Lehnhold werde, das geschehe nie, so wenig ein mangelhafter Mensch eine Krone erben dürfe – da stutzte der Furchenbauer. Endlich preßte er das Geständniß hervor, er möchte wohl nachgeben und Alban einsetzen, aber Vinzenz habe ihn in der Hand und werde seine letzten Lebenstage noch der Schande preisgeben. An diesen Ausspruch hielt sich nun der Dekan und redete dem Bruder noch in mildester Weise zu.
Mitternacht war längst vorüber, als der Furchenbauer innerlich geknickt und zerbrochen seiner Schlafkammer zuwankte; er wußte nicht mehr was er thun sollte. Als er aber am Morgen erwachte, knirschte er vor sich hin: »Und doch muß es bleiben wie Ich will, und wenn unser Herrgott einen Evangelisten schickt, der kann das nicht ändern. Das ist alte Satzung, die gilt in Ewigkeit.«
Wie ganz anders erwachte Alban. Eine innere Beseligung durchströmte sein ganzes Sein und er trat in die gewohnte Welt mit geweihtem prophetengleich geklärtem Herzen.
Feldumgang und Sonnenwende.
Der Oheim Dekan war unwohl und erklärte den Markungsumgang nicht mitmachen zu können; der Vater und Vinzenz standen indeß dazu bereit und gewaffnet, denn Jeder trug im linken Arme die übliche Handaxt, auch Alban mußte sich eine solche holen, und als er damit wiederkam, hieß ihn der Vater den Quersack aufnehmen, der auf der einen Seite Speisen, auf der andern mehrere gefüllte Weinkrüge enthielt. Alban wußte nicht, ob das Tragen des Mundvorraths eine Pflicht des Lehnholden oder des Abgefundenen war.
Alles hatte heute wieder etwas eigentümlich Feierliches und Ceremonielles. Der Vater reichte der Frau und Ameile die Hand zum Abschiede, und als er dem Dekan die Hand reichte, hielt dieser sie fest, legte die Linke auf die Schulter des Bruders und sagte:
»Dein Ausgang sei in Gerechtigkeit und dein Eingang in Frieden.«
Die Zurückgebliebenen standen unter der Thür und schauten den Weggehenden nach; aber schon im Hofe gab es einen kleinen Aufhalt. Vinzenz wollte seinen Hund, den Greif, mitnehmen; der Vater wehrte ihm das streng und er mußte etwas Verwunderliches und Herausforderndes im Blicke Albans bemerkt haben, denn er sagte zu diesem gewendet:
»Wer im Herzen spottet über das was heute geschieht, der ist ein schandbarer Mensch, vor Gott und der Welt verdammt. Unsre Väter und Urahnen haben's so gehalten, und das ist heiliger Brauch.«
Unter dem Hofthor stand der Furchenbauer noch einmal verschnaufend still, er mochte denken, daß er zum Letztenmal hier als Herr und Meister stand; wenn er wiederkehrte, gehörte das Alles einem Andern. Mit dem grünen Maien auf dem Hut wird am Abend ein Jüngerer als Meister hier eintreten.
Wer wird es sein?
Man ging von Sonnenaufgang nach Untergang, schweigend bis zum ersten Marksteine. Dort hielt der Vater an, nahm ein Brod, zerschnitt es in drei Stücke, aß zuerst von dem einen und reichte dann die beiden anderen den Söhnen. Alban erhielt das erste Stück aus seiner Hand. Jetzt füllte der Vater ein Glas, schüttete daraus zuerst ein wenig auf den Markstein und trank; dann reichte er es zuerst Vinzenz, dieser trank, gab das Glas in die Hand Albans, der auf den Wink des Vaters den Rest austrank.
War es ein Zufall unwillkürlicher Regung, daß das erste Stück des Brodes dem Aeltesten gereicht wurde, oder war dieser wirklich der Lehnhold? Alban wußte es wiederum nicht.
Der Vater schlug mit dem Haus (breiten Rücken) des Beiles dreimal auf den Markstein, die beiden Söhne mußten das Gleiche thun und der Vater sprach:
»Keine Gnade finde Der bei Gott, der diesen Markstein verrückt.«
Der Vater stieß das Messer, mit dem er das Brod geschnitten, dreimal in den Boden und sagte, als er es zum Letztenmal herauszog, halb vor sich hin:
»Rein ist das Wasser, rein ist der Boden und schärft den Stahl.«
Man
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