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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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den Freischärlerzeiten und dem Leben in Reichenbach erzählen. Erst nachdem dieses ordnungsmäßig abgethan war, wobei sie oft von Anrufungen des Kindes unterbrochen wurden, das fast eifersüchtig schien, weil Alban sich jetzt weniger mit ihm beschäftigte, begann der Dekan zu fragen, wie hoch Alban den Hof übernehme, da er jetzt viel mehr werth sei, nachdem man die alten Grundlasten abgelöst habe.
    Als Alban berichtete, daß er noch immer aus dem Erbgang gestoßen werden solle, als er die ganze Wirrniß auseinander zu haspeln suchte und zuletzt damit schloß, wie er darauf bestehe, daß Alles zu gleichen Theilen getheilt werde, sagte der Dekan ohne eine Miene zu verziehen und ohne die Finger auseinander zu falten:
    »Dann hab' ich auch noch Ansprüche und der Gipsmüller auch; unsere Abfindung beruht nur darauf, daß das Gut beieinander bleibt; wird es getheilt, gehört es gar nicht mehr deinem Vater allein.«
    »Wie soll's denn aber gemacht werden?« frug Alban, der von dieser Rede ganz verwirrt wurde, und der Dekan erwiderte lächelnd:
    »Wie's Recht ist. Kannst ruhig sein, ich verlang' in keinem Fall etwas und der Gipsmüller wohl auch nicht! Aber ruhig muß Alles gehen. Friede und Duldsamkeit! Mußt nicht gleich glauben, wenn Einer was anders will als du, das sei schlecht; es hat ein Jedes seinen eigenen Weg. Darum nur Friede!«
    »O lieber Gott! Ja, den stiftet,« rief Alban inbrünstig mit lauter Stimme aus, und der Dekan befahl ihm, sich auch in seiner Friedensanrufung zu mäßigen, man könne Alles in der Welt viel besser mit leisen Worten beilegen.
    Das behäbige Wesen des Dekans, der, noch aus der Wessenbergischen Schule stammend, Duldsamkeit und Maßhalten in allen Dingen bewahrte, übte einen eigenthümlich beschwichtigenden Einfluß auf Alban; er fühlte sich wie unter einem Zauberbann und doch wand und bäumte sich noch der Widerspruchsgeist in ihm, der einen nicht unwillkommenen Beistand darin erhielt, daß Alban sich des Gerüchtes erinnerte, wie sein Oheim in der Bewegungszeit ein Gegner derselben gewesen war. Dennoch rief er:
    »Ich will mein Leben lang für Euch beten, wenn Ihr mir beistehet.«
    »Ich bete selber für mich und ich stehe nur dem Rechten bei, keiner Person,« entgegnete der Dekan.
    In Reichenbach hielt man an, hier mußte der Dekan auf länger einsprechen, er war hier vor Jahren Pfarrer gewesen.
    Es war schon mehrere Stunden Nacht als man nach dem Furchenhofe fuhr, das Kind schlief und schmiegte sich traulich an Alban; er hatte Mühe die Pferde zu lenken ohne das Kind zu wecken. Alban und der Dekan sprachen fast gar nicht.
    Als man auf dem Furchenhof ankam, war große Bewegung. Der Vater eilte dem Bruder mit einem Stuhl entgegen und reichte ihm die Hand, der Gipsmüller stand hinter ihm. Die Mutter umhalste ihr Enkelchen und weckte es mit Küssen, Ameile trug das noch halb Schlaftrunkene nach dem Hause.
    In der Stube war heute Abend eine feierliche Weihestimmung, und selbst die Knechte und Mägde im Hofe sprachen leiser miteinander, denn der Dekan übernachtete hier. Der Dekan sah den Gipsmüller jetzt zum Erstenmal seit dem Tode der Schwester. Alte Wunden öffneten sich blutend, der Dekan besprach sie aber mit heilenden Worten. Der Gipsmüller kam sonst nie auf den Furchenhof, er hatte sich mit dem Schwager veruneinigt. Heute war Alles friedlich und wie mit einer Alles lindernden Milde gesalbt.
     
Ein Kirchgang am Morgen und eine Beichte in der Nacht.
     
    Am Sonntagmorgen wurde den Pferden das neue Geschirr angelegt, und die Menschen zeigten sich alle in ihren besten Kleidern. In zwei Wagen fuhr die ganze Familie nach der über eine Stunde entfernten Kirche; neben Vinzenz saß die Mutter, hinter ihnen der Oheim Dekan und der Vater, Alban hatte Ameile und die kleine Amrei bei sich. Die ganze Familie außer Amrei war noch nüchtern, denn man ging heute zur Communion. Die Häusler, die bald da bald dort den Wiesenweg von einsamen Gehöften herabkamen, grüßten ehrerbietig, und der Furchenbauer dankte ernst dem Gruß, der seinem geistlichen Bruder galt. Die Fußgänger schauten der stattlichen Auffahrt noch lange verwundert nach und redeten allerlei darüber. In der Kirche verrichtete der Dekan das Meßamt und reichte den Seinen das Abendmahl.
    Eine festtäglich gehobene Kirchenstimmung brachte man noch mit auf den Furchenhof zurück, und den ganzen Tag ging Jedes allein und in sich gekehrt umher. Nur Alban und Ameile saßen gegen Abend still beisammen auf der Bank am Brunnen und

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