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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Ameile sah den Bruder staunend an, als er plötzlich mit tonloser Stimme sagte:
    »Ameile, wenn ich sterbe, so will ich dir's gesagt haben, daß ich dem Dominik gegen vierhundert Gulden schuldig bin und er hat nichts Schriftliches von mir.«
    Ameile wollte den Bruder ob solcher Rede auslachen, aber er wehrte ihr, er sagte zwar, solche Todesgedanken seien närrisch, aber es sei ihm so schwer im Herzen und er habe sich nun doch erleichtert, daß noch Jemand von seiner Schuld an Dominik wisse, er wolle das auch der Mutter mittheilen.
    Woher kam Alban diese Todesahnung? Ein Volksglaube sagt: wer ein umwandelndes Gespenst, einen Geist erlöst, muß bald sterben. Hat Alban den Geist der Gerechtigkeit erlöst und muß er darob sterben? Ist es ein nothwendiges Gesetz der Menschengeschichte im großen wie im kleinen Leben, daß die einseitig hingegebenen Vertreter eines unterdrückten Rechtsgedankens auch dessen Märtyrer werden müssen? ...
    Am Abend wallfahrteten alle Hausbewohner nach dem »Käppele,« der Dekan sprach dort den üblichen Abendsegen.
    Der Gipsmüller mit seinen Töchtern war auch herbeigekommen und nun war große Familienzusammenkunft in der Stube. Ein Jedes lauschte nur auf die Worte des Dekans, der, dem Scherze nicht abhold, manchmal auch ein kleines Späßchen zum Besten gab, worüber man bescheiden zu lachen wagte; in der Regel aber führte er ernste Rede und immer wieder wußte er Beispiele beizubringen, wie Besonnenheit und Mäßigung die Tugenden seien, die ewig in Ehren gehalten werden müssen. Jedes war zufrieden mit diesen Mahnungen, denn Jedes schob dem andern die Bethätigung zu und glaubte selbst deren nicht zu bedürfen.
    Der Dekan kannte die alte Geschichte der Familie und wußte besonders viel zu erzählen von jenem Urahn, der auch Alban hieß und der durch Klugheit und Nachgiebigkeit den Hellberger Hof und den Kandelhof – so hieß ehedem das Furchengut – mit einander vereinigte. Dieser Urahn hatte am Michelstag einen mit zwei Pferden bespannten Pflug rings um das Gut geführt und hatte dabei stets die Sonne im Angesicht und ohne zu rasten kam er erst mit sinkender Nacht wieder auf der Ausgangsstelle an. Von jener Zeit hatte das Gut den Beinamen: von der langen Furche.
    Der Dekan erzählte noch, daß das Geschlecht der Feilenhauer vor Zeiten Feigenhauer geheißen habe und adelig gewesen sei.
    Der alte Furchenbauer schmunzelte, aber zum Staunen Aller sagte Alban:
    »Und die Vorfahren dieser Adeligen sind doch auch wieder Bürgerliche gewesen; drum bleiben wir gleich dabei.«
    Man ging früh auseinander, denn man wollte morgen mit Tagesanbruch den Feldumgang halten. Der Gipsmüller hatte Abhaltungen, wegen deren er nicht dabei sein könne, versprach aber am Abend zur Abtheilung wiederzukommen.
    Als Alban dem Oheim Dekan die Hand reichte und ihm eine »ruhsame Nacht« wünschte, erschrack er fast, da der Geistliche vor Allen ohne Scheu sagte:
    »Nun schlaf heut noch gut und mach' dich recht rein im Gewissen, denn morgen Nacht gehst du als Furchenbauer zu Bett.«
    War der Ohm Dekan auf seiner Seite? Das hatte er nimmer gedacht. Heute zum Erstenmal ging Alban nicht nach dem Hellberg und doch fand er lange keine Ruhe. In stiller Nacht kam die Versuchung über ihn. Er war der Erstgeborne, er trat in den Erbgang: warum sollte es ein Unrecht sein, wenn er den Hof zu geringem Preis annahm und sich erlabte am reichen übermächtigen Besitz? Er konnte den Geschwistern später schenken was er wollte. Er nahm sich fest vor, das zu thun, er feilschte mit sich selber über die Summen, die er dafür festsetzen wollte, er konnte nicht einig mit sich werden und blieb am Ende dabei, Zeit und Maß seiner Leistungen an die Geschwister nach seinem Gutdünken und nach dem Erträgniß guter Jahrgänge zu bestimmen. Dabei wollte er bleiben und ruhig schlafen, aber er fand keine Ruhe und plötzlich sprang er aus dem Bett, faßte das Gesangbuch, das er noch vom Kirchgange bei sich hatte und es in beiden Händen haltend sprach er laut: »Vor Gott und meinem eigenen Gewissen schwör' ich's: ich will kein unrecht Gut. Ich gebe meinen Geschwistern den vollen Theil des Erbes, den ganzen, ohne Vorbehalt und vor aller Welt. Du, o Gott, allein hörst mich und mein eigenes Ohr! Höre mich nicht mehr und mein Ohr vernehme meine Stimme nicht mehr, wenn ich diesem Schwur nur einen Augenblick untreu werde ...«
    Jetzt erst fand Alban den Schlaf, der ihn Hoffnung und Qual vergessen machte.
    Während Alban nach dem

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