Schwarzwaelder Dorfgeschichten
meine Geschwister lieber baar Geld wollen – es ist ein Käufer für den Hellberger Hof da.«
»So? Hast schon einen?«
»Ja, der Graf Sabelsberg hat mit mir davon gesprochen –« –«
»Von meinem Ablösungsgeld? O du bist ein vermaledeiter Bub. Eh ich das zugeb', laß ich mir lieber ein Glied vom Leib abhacken. Mein Gut laß ich nicht verreißen, nie, nie. Sag jetzt gradaus. Guck mich nicht so an, Vinzenz, ich kann machen, was ich will, ich hab' den Stab in der Hand; da komm her, Alban, versprichst du mir in die Hand hinein, des Nagelschmieds Vreni laufen zu lassen und dir eine rechtschaffene Frau zu holen: versprichst du mir, vor Gott einen Eid zu thun, daß du einem deiner Kinder das Gut ungetheilt vererben willst? Gieb Antwort. Steh nicht da wie ein Stock, laß mich nicht die Zunge lahm reden –«
»Ich mein'« –
»Nichts, nichts, kein ander Wort, Ja oder Nein. Willst du jetzt das Maul aufthun, oder soll ich dir alle Zähn' in Rachen schlagen?«
»Ich kann nicht, Vater.«
»Gut, dabei bleibt's. Du hast gesehen, ich hab's gut mit dir gemeint, jetzt ist's vorbei, aus und vorbei, oder ich will verdammt sein auf ewig, hier und dort. Komm her, Vinzenz.« Der Vater stand auf, mit zitternder Hand brach er einen Zweig von einer Tanne, nahm dem Vinzenz den Hut ab, steckte den Zweig darauf, setzte ihm den Hut wieder auf's Haupt, reichte ihm die Hand und sagte: »Du bist der Furchenbauer und dabei bleibt's so wahr mir Gott helfe. Alban, du sollst nicht zu kurz kommen, dafür laß nur mich sorgen und sei folgsam. Sei der Erste, der deinem Bruder Glück und Segen wünscht und er soll allezeit brüderlich an dir handeln.«
Alban schaute starr vor sich nieder, jetzt erhob er sein Antlitz, wilde Raserei flammte daraus.
»Ich leid's nicht,« rief er, »ich leid's nicht,« und riß dem Vinzenz den Zweig vom Hute. »Es giebt noch eine Gerechtigkeit. Die Gerichte sollen entscheiden. Das Gut muß und muß getheilt werden.«
Der Furchenbauer war wunderbar ruhig, seine Züge waren eisenstarr, er bückte sich selbst, hob den Hut auf, den Alban zu Boden geworfen hatte und setzte ihn Vinzenz wieder auf's Haupt. Dieser redete noch immer kein Wort. Man hörte nichts als das Rauschen des Baches und das Schreien der Raben im Walde. Der Furchenbauer sagte endlich:
»Kommet heim. Oder Alban willst du gleich von hier aus zu Amt? Ich steh' dir nicht im Weg. Ich hab' dir nichts zu befehlen. Du willst mein Kind nicht sein, ich bin dein Vater nicht. Die Gerichte nehmen sich deiner an; und dort werden wir uns sehen. Was hat das Geländer gethan, daß du mit dem Beil darauf loshaust? Hau da zu, da, da ist mein alter Kopf. Komm, Vinzenz.«
Der Vater ging mit Vinzenz davon. Als Alban seine Axt aus dem Balken zog, der querliegend am Rande des Felsweges als Geländer befestigt war, kollerte der Balken krachend und knisternd den jähen Fels hinab und klatschte drunten im schäumenden Waldbach auf. Alban schaute nur eine Minute hinab in den Tobel und beugte sich hinaus, er konnte mit der Hand den Wipfel einer hohen Tanne fassen, die drunten im Thale steht, der Bach war bald sichtbar, bald verschwand er unter vorspringenden Felsen. Alban war's, als müsse er sich hinab stürzen, und wieder, als zöge ihn eine Hand zurück, richtete er sich auf und folgte dem Vater und dem Bruder hintendrein. Er kam sich verlassen und verloren vor in der weiten Welt, und doch konnte er nicht anders und willenlos folgte er dem Schritte des Vaters; er war an seine Macht gebannt.
Das Hofgesinde stand am Thor und schaute verwundert aus, daß Keiner der beiden Söhne mit dem grünen Zweig auf dem Hute zurückkehrte.
Alban drängte sich an die Seite des Vaters und dieser schritt machtvoll und fest zwischen seinen beiden Söhnen dem Hause zu. Er dankte kaum dem Gruße seiner Dienstleute.
Alles zerstiebt in's Weite und Einer bleibt in der Enge.
Der Furchenbauer hackte seine Handaxt in die Thürpfoste, daß die Wand dröhnte, dann ging er hinein in's Haus. Die Mutter und Ameile standen in der Küche am prasselnden Feuer, sie bereiteten das Festmahl, das dem heutigen Tag sich ziemte. Der Vater ging ohne Gruß an ihnen vorüber nach der Stube. Dort saß der Gipsmüller mit seinen Töchtern beim Dekan, die Mutter kam hinter Vinzenz drein, sie mußte hören was vorging. Sie hörte es nur allzubald, denn der Bauer war rasend ob des widerspenstigen Sohnes. Niemand wagte zu widersprechen außer dem Dekan. Ameile trug das Essen auf. Man setzte sich dazu nieder,
Weitere Kostenlose Bücher