Schwarzwaelder Dorfgeschichten
gern mit dir als wie mit einem.«
Sie tanzte nun mit ihm herum, aber Aloys schlenkerte seine Füße, wie wenn er Holzschuhe anhätte, so daß die andern vor Lachen nicht mehr singen konnten.
»Ich lern' dir's ganz allein, Aloys,« sagte das Marannele, ihn beruhigend.
Die Mädchen zündeten nun ihre Laternen an und wanderten nach Haus. Aloys ließ es sich nicht nehmen, sie noch zu begleiten; er hätte um Alles in der Welt das Marannele nicht allein mit den andern gehen lassen, wenn der Jörgli dabei war.
In der stillen, schneeweichen Nacht schallte das Schäkern und Spaßen der Mädchen und Burschen weit hin durch das Dorf. Das Marannele aber war still und wich dem Jörgli sichtbar aus.
Als die Burschen die Mädchen alle nach Hause begleitet hatten, sagte der Jörgli zu Aloys: »Tolpatsch, du hättest heut' Nacht beim Marannele bleiben sollen.«
»Hallunk,« sagte Aloys schnell und lief davon. Die Anderen aber lachten ihm nach. Der Jörgli jodelte noch allein durch die Gassen bis nach Hause, daß es einem jeden, außer den Schlafenden und Kranken, das Herz im Leibe erfreuen mußte.
Des andern Morgens, als Marannele die Kühe melkte, sagte Aloys zu ihm:
»Guck, ich könnt' den Jörgli grad vergiften, und du mußt ihn auch in Grundsboden 'nein verfluchen, wenn du brav sein willst.«
Das Marannele gab ihm recht, suchte ihn aber auch zu überzeugen, daß er sich Mühe geben müsse, auch so ein flinker Bursche zu werden wie der Jörgli. Da stieg in Aloys ein großer Gedanke auf, er lachte vor sich hin, er warf den steifen alten Stallbesen fort und steckte einen neuen biegsamen an den Stiel, dann sagte er laut: »Ja, ja, du wirst Maul und Augen aufsperren, gib nur Acht.« Er mußte nun sogar dem Marannele versprechen, »gut Freund« mit dem Jörgli zu bleiben, und er versprach es endlich nach langem Widerstreben, aber er mußte ja immer thun, was sie wollte.
Darum hatte Aloys heute dem Jörgli mit dem Schlitten geholfen, darum trieb ihm der Schnee das Wasser aus den Augen, als er den Wegrollenden nachsah.
Abends, so »zwischen Licht«, trieb der Aloys seine Kühe zur Tränke an des Jakoben Brunnen. Ein Rädchen junger Bursche, darunter auch der Jörgli und sein alter Freund, ein Jude, des langen Herzles Kobbel 9 genannt, der mit dem Jörgli im gleichen Regimente diente, hatte sich dort zusammengesellt; das Marannele lugte zum Fenster heraus. – Der Aloys machte den Gang des Jörgli nach. Er ging ganz steif, wie wenn er einen Ladstock geschluckt hätte, und hielt die Arme strack am Leibe herunter, wie wenn sie von Holz wären.
»Tolpatsch,« sagte der Kobbel, »was krieg' ich Schmusgeld 10 , wenn ich mach', daß dich das Marannele heirathet?«
»Eine tüchtige Trachtel auf dein Maul,« sagte der Aloys und trieb seine Kühe heim. Das Marannele schob das Fenster zu, und die Burschen lachten aus vollem Halse, die Stimme Jörgli's tönte aus allen vor.
Aloys wischte sich mit dem Aermel den Schweiß von der Stirne, so viel Anstrengung hatte ihn die Aeußerung seines Unmuthes gekostet. – Auf dem Futtertrog in seinem Stalle saß er dann noch lange, und sein Plan reifte unwiderruflich in ihm. –
Aloys war in das zwanzigste Jahr getreten und kam zur Rekrutirung. Am Tage, als er mit den andern Burschen nach der Oberamtsstadt Horb gehen sollte, kam er in seinem Sonntagsstaate nochmals in Marannele's Haus und fragte, ob er nichts aus der Stadt mitbringen solle. Als er fortging, folgte ihm das Marannele nach, und auf der Hausflur wendete es sich ein wenig ab, zog ein blaues Papierchen aus der Brust, wickelte einen Kreuzer heraus und gab diesen dem Aloys. »Da, nimm ihn,« sagte es: »das ist ein Glückskreuzer, sieh, es sind drei Kreuz' darauf; weißt du, wenn als nachts so Sternfunken vom Himmel fallen, da fallt Allemal ein silbern Schüssele auf den Boden, und aus den Schüsselen hat man die Kreuzer gemacht, und wenn man so einen Kreuzer im Sack hat, hat man Glück; nimm ihn zu dir, und du spielst dich frei.«
Aloys nahm den Kreuzer. Als er aber über die Neckarbrücke ging, langte er in seine Tasche, drückte die Augen zu und warf den Kreuzer hinab in den Neckar: »Ich will nicht frei sein, ich will Soldat sein; wart' nur, Jörgli!« so sagte er vor sich hin; seine Faust ballte sich, und er warf sich keck in die Brust.
Im Wirthshause zum Engel wartete der Schultheiß auf seine Ortskinder, und als sie alle beisammen waren, ging er mit ihnen nach dem Oberamt. Der Schultheiß war ein ebenso dummer als anmaßender
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