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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ihr im Einzelnen; das Herz der Höherstehenden einte sich mit denen, die im beschränkten Lebenskreise verharren. Es war nicht Gefühllosigkeit, sondern unverwüstlicher Lebensmuth, daß Ameile sich fast bälder in das Unabänderliche fügte und sich der Heiterkeit nicht verschloß wie Dominik, aber auch diesem gelang es endlich.
    Oft betrachtete Ameile mit Wehmuth die Karte des Hofgutes, die Alban in jenem letzten friedlichen und hoffnungsvollen Winter gezeichnet. Das war das Einzige, was von ihm übrig geblieben und die Karte hing noch an derselben Stelle, wo sie die Mutter aufgehängt hatte. An die Mutter und an Alban mußte Ameile oft denken und die Beiden waren ja auch immer dem Dominik gut gewesen. Dann aber strich sie sich wieder rasch über das Gesicht und alle Wehmuth war daraus weggenommen.
    Man mag es Eitelkeit nennen, es war aber weit mehr stolze Siegesfreude und die Lust am Wohlthun, was Dominik empfand, als er vierspännig nach Nellingen fuhr, um seine Mutter zur Hochzeit abzuholen. Er hatte jetzt das doppelte Verlangen, seiner Mutter noch recht viel Freude zu bereiten, er hatte nichts von ihr empfangen als das nackte Leben, und wie gräßlich war es Denen ergangen, die ihre Kinder mit Reichthum auszustatten vermochten.
    Die Hochzeit wurde still gefeiert, die Oberamtmännin und die Mutter des Dominik gingen an der Seite Ameile's, Dominik ging zwischen dem Hirzenbauer und dem Gipsmüller zum Traualtar.
    Ameile trug zur Freude ihres Mannes und aller Anwesenden einen besonderen Schmuck auf der Brust: sie hatte die Denkmünze des Dominik an einen Henkel fassen lassen und trug sie an der Granatenschnur. »Das ist mein schönster Ehrenschmuck,« sagte sie lächelnd beim Hochzeitmahl.
    Dominik behielt seine Mutter bei sich auf dem Furchenhof. Sie hatte allzeit über ihre Söhnerin in Nellingen geklagt; sie hatte jetzt glückselige Tage; aber sie hielt es doch nicht lange aus, sie hatte Heimweh nach der keifenden Söhnerin, nach den Nachbarn und vor Allem nach den Kindern ihres ältesten Sohnes. Dominik brachte sie wieder nach Nellingen und versorgte sie gut.
    Erst als auf dem Furchenhof das erste Kind geboren wurde, kam sie wieder und blieb dort.
    Auf dem landwirthschaftlichen Feste fehlt Ameile nie und ist allezeit im Geleite der Oberamtmännin; der Dominik sitzt jedesmal neben dem Hirzenbauer und ist einer der angesehensten Großbauern.
    Bei der letzten Heimfahrt vom landwirthschaftlichen Bezirksfeste war der neue Furchenbauer gar lustig und er sagte zu seiner Frau:
    »Bäuerin,« – denn so redet er sie jetzt auch nach herkömmlicher Art an – »ich kann dir nicht sagen, wie wohl mir's doch wieder auch ist und wie glückselig ich bin. Wenn ich so in ein Wirthshaus komm' und ich lass' mir geben was der Brauch ist, und da denk' ich bei mir: und du kannst's bezahlen und es thut dir nichts. Ich mein' oft noch, ich sei der Kühbub, und dann wird mir's doppelt wohl, daß ich jetzt so dasteh' und mir was erlauben darf.«
    »Und das sollst du recht oft thun und dir auftragen lassen nach Herzenslust. Du bist manchmal noch ein bisle zu genau. Ich denk' auch bei den Armen immer daran, daß wir auch für die Todten ihr Theil Gaben geben müssen. Aber da ist's schon wieder, hilf mir, daß ich nicht immer und bei Allem dran denk', wie meine Brüder und meine Eltern aus der Welt gegangen sind.«
    »Ich will dir schon helfen. Drum denk' jetzt nicht dran. Du bist halt ein Prachtweible. Ein Andere hätt' gewiß gesagt: nimm dich in Acht und laß dich nicht verleiten! man vergißt gar bald wo man herkommen ist. Du kennst mich aber und du gunnst mir was Gutes und du hast nicht bang, daß ich dir dein' Sach verthu'.«
    »Meine Sach? Es ist Alles so gut dein wie mein. Du weißt was mein Ehrenschmuck ist, aber du mußt auch nie vergessen, daß du jetzt ein Großbauer bist.«
    »Und meine Kinder sollen nicht vergessen, was ihr Vater gewesen ist. Und wenn ich zehn Theile machen muß, ich will sie schon so Herrichten, daß ein Jedes glücklich und zufrieden sein kann.«
     
    * * *
     
    Am Allerseelentag brennen auf dem Kirchhof neun Lichter ganz nahe bei einander, es sind die für den Furchenbauer, seine Frau und seine Kinder. Dominik und Ameile knieen mit ihren Kindern betend dabei, und erst wenn die Lichter verlöscht sind, kehren sie heim in die Behausung, wo einst so viel Leidenschaft und Jammer war, und jetzt ein stiller Friede waltet.
     

 
Achter Band.
     

 
I.
Hopfen und Gerste.
     
1. Der Faullenzer.
    Auf der

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