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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Schnitzelbank vor seinem Hause saß rittlings ein junger Bursch und hob von Zeit zu Zeit aus einer großen Schichte zu seiner Rechten einen langen Tannenzweig auf, preßte ihn zwischen den Kloben und drehte ihn zu leichter Biegsamkeit, schnitzelte das dicke Ende und flocht einen Strohzopf daran; was zubereitet war, legte er sorgfältig zu seiner Linken nieder, wo bereits mehrere solcher Garbenbänder, sogenannter Wieden, wohlgeordnet lagen. Trotz des lustigen Parademarsches, den der Bursche pfiff, hatten seine Mienen doch etwas Verdrossenes und er warf oft wie unwillig das Haupt zurück, auf dem eine Soldatenmütze mit rothem Vorstoß prangte.
    Der Dorfschütz, ein alter Soldat, der ein kupfernes Ehrenzeichen auf seinem blauen Rock trug, kam vom Rathhaus herunter; er hielt bei dem Arbeitenden still und sagte:
    »Buschur, Kamerad.« Der Angeredete dankte stumm und der Schütz fuhr fort: »Warum bist nicht bei der Zehentversteigerung gewesen?«
    »Ich bin noch nicht Bürger,« erwiderte der junge Soldat, »das Sach gehört noch meiner Mutter und meinen Geschwistern.«
    Der Schütz setzte sich auf die fertigen Wieden und berichtete: »Es ist ein Generalspaß gewesen. Seit Jahren haben die drei fetten Schwäger den Zehnt gepachtet, sie mögen's nicht leiden, daß der Zehntknecht auf ihre Aecker kommt und wollen da freie Herren sein. Aber dießmal hat der Wasserstiefel immer höher geboten und zuletzt ist ihm der Zehntbestand zugeschlagen worden. Dein Schwäher, der Schlägelbauer, der hat seinen Koller kriegt vor Zorn und Gift, daß man gemeint hat, er erstickt, und mit Fluchen und Schelten sind sie Alle davon. Das führt noch einmal zu bösen Häusern, du wirst sehen Franzseph.«
    Franz Joseph, oder wie er in der Abkürzung hieß Franzseph, nahm eine neue Wiede auf und entgegnete:
    »Es ist und bleibt nicht recht, daß das ganze Dorf und vorab der Schlägelbauer so einen hirnwüthigen Haß auf den Faber geworfen hat und weiß kein Mensch recht warum. Der Faber ist hier fremd, er hat des Lucians Gut um sein ehrlich Geld gekauft und thut Niemand was zu leid; daß er sich herrisch kleidet, geht ja Niemand was an und er kann darüber lachen, daß sie ihn den Wasserstiefel heißen. Der Schlägelbauer ist auch schon an mir gewesen, ich soll' nichts mit dem Faber reden: aber ich weiß selber was ich zu thun hab' und ließ' mir von meinem eigenen Vater, wenn er noch leben thät', nichts drein reden, mit wem ich Freundschaft haben darf oder nicht. Und gerade weil sie ihn Alle den Wasserstiefel heißen und Niemand gut gegen ihn ist –«
    »Du bist halt ein guter, guter Kerle, das sagen alle Leut'!« unterbrach der Schütz.
    Dem jungen Mann schoß bei dieser Anrede alles Blut zu Kopfe, er würgte eine Wiede ganz ab, warf die Stücke weit weg und rief voll verbissenen Ingrimms: »Sag das nicht. Ich bin kein guter Kerl, ich will nicht. Fahnenmalefizdonner! Ich möcht' euch zeigen, daß ich kein guter Tralle bin. Sag das nicht noch einmal oder ich vergreif' mich an dir zuerst.«
    »Das wär' am unrechtesten Orte angefaßt. Du bist ja wie ausgewechselt. Was hast denn? Giebt des Schlägelbauern Madlene nach und heirathet das bildsaubere Mädle des Schultheißen Claus?«
    »Wenn die Kuh einen Batzen gilt,« entgegnete Franzseph plötzlich lachend und über sein Antlitz zog eine Besänftigung des Friedens, daß es zu leuchten schien.
    »Du bist aber doch seit Ostern,« fuhr der Schütz fort, »seit du mit dem Abschied vom Regiment heimkommen bist, wie verhext. Was hast denn? Freilich, kann mir's denken, du kannst dich nicht wieder ins Bauernleben gewöhnen; mußt den Paradeschritt verlernen und den Ochsenschritt einexerciren. Hab' ich Recht? Ist's das, warum du immer so maßleidig aussiehst?«
    »Kann sein,« erwiderte Franzseph nach langer Pause und fuhr dann sich aufrichtend fort: »Ja, du hast mit meinem Vater in Einer Compagnie gestanden und bist sein bester Kamerad gewesen; ich will mich dünken lassen, ich red' zu meinem Vater. Guck', wie ich mit dem Abschied heim bin, da hab' ich gemeint, ich könnt' es gar nicht erwarten und das ganze Dorf muß grad so sein wie ich, und jedes muß weiter nichts denken und sagen als wie: der Franzseph ist da. Ich hab' mir oft denkt, daheim da ist das helle Paradies und ich hab mir mit Gewalt wieder vorrechnen müssen, wie viel Feindschaft und Hassard auch da ist und wie Eines ein Auge drum gäb', wenn's Andere keins hätt'. Ich bin freilich nie gern Soldat gewesen, aber es ist doch eigentlich das

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