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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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wußte das Innere des Hauses so schön herzurichten, daß kein zweites im Dorfe so freundlich war.
    Der Winter war mild, man konnte bis nach Neujahr im Freien arbeiten, man konnte die neue Ziegelei unter Dach bringen, in der nun Seb für ein anderes Haus die Steine meißelte. Aber auch Ungemach kam in diesem Winter.
    Der Vater Sebs ward schwer krank. An dem letzten Tage, als Viele sein Bett umstanden und er die arbeitsmüden Hände kaum mehr erheben konnte, hieß er alle Anwesenden hinausgehen, nur Seb sollte bei ihm bleiben. Und als dieser allein mit ihm war, richtete der Vater sich auf und sagte:
    »Seb, bevor es Nacht wird, komm' ich zum großen Meister. Seb, jetzt horch, ich will dir was sagen: mir schadet's nichts mehr, aber dir, dir kann's schaden; ich will Zeugen hereinrufen und will vor ihnen sagen, daß wenn deinem Haus was geschieht, ich daran Schuld bin, du nicht, du nicht. Ruf die Leut'.«
    »Nein Vater, nein, Ihr dürfet nicht mit einer Lüge aus der Welt gehen, nein, die Sünd' lade ich nicht auf Euch und nicht auf mich,« rief Seb, und der Alte legte seine zitternden harten Hände auf das Gesicht seines Sohnes und sagte: »Hast Recht, es wär' mir doch auch schwer geworden, und unser Herr Gott wird dir's vergelten.«
    Bevor der Abend niedersank, der den Handwerksburschen in die Herberge ruft, hatte der alte Maurer seinen Lebensweg vollendet.
    Auf dem Dorfe ist es nicht Sitte, daß um den Tod der Eltern, die satt an Jahren scheiden, sich schwere Klage erhebt; eine gewisse Dumpfheit des Gefühls, mehr aber noch die natürliche Anschauung, daß die Eltern vor den Kindern aus dem Leben scheiden müssen, und dazu der Mangel der Gesellschaftspflicht, die da nöthigt, mit einem Schmerze zu prunken, Alles das läßt solche Ereignisse viel schneller vorübergehen, und man kann den Sohn in den Kleidern des Vaters, die Tochter in denen der Mutter bald nach deren Tode fröhliche Wege wandern sehen.
    Um so auffälliger war die ungewöhnliche Trauer Sebs, in die sich zu dem Gefühl der Verlassenheit noch das Bangen und eine drohende Selbstverantwortlichkeit mischte.
    Er wies den Gedanken weit weg, daß er dem Vater die Schuld hätte aufbürden sollen, und doch kam er bald wieder. Zilge suchte ihren Mann mit inniger Tröstung aufzurichten, aber es gelang ihr nicht, sie sagte ihm, es sei so beschieden, er solle nicht mehr haben als sie auch; sie sei ja auch elternlos. Er konnte und wollte ihr für diese guten Worte nicht sagen, daß ihr Vater sich nicht mit dem seinigen vergleichen ließe. Erst als Zilge ihm sagte, daß die Leute seine Trauer als Reue über die Ehe mit ihr deuten müßten, schüttelte er gewaltsam alle Trauer ab, und Frühling und Arbeit halfen ihm darin getreulich als die besten Tröster.
    In diesem Frühling konnte Seb nicht nur Gesellen annehmen, es trat auch ein Ereigniß ein, das, so klein es erschien, doch ihm und Zilge große Freude machte, ein Schwalbenpaar nistete unter ihrem Dachsims, gerade über dem Fenster, wo Zilge stickte. Die fröhlichen Verheißungen, die seit uralten Zeiten sich an den Anbau des lieblich behenden Vogels knüpfen, erheiterten Zilge: da schlägt kein Blitz ein, und Friede und Ruhe ist im Hause; der Ausspruch der ganzen Lebensfreude, die sie erfüllte, knüpfte sich an die Ankunft des Vogels. Seb hatte aber noch seine besondere Freude, die er nicht aussprach. Die Wahrnehmung, daß der Vogel unter seinem Dach nistete, galt ihm als eine Gewähr, die alle Messungen zu Schanden machte; das Haus war wohlgebaut, denn der kluge fromme Vogel baut nicht unter ein Dach, das schwankend und unsicher ist. So waren die jungen Eheleute vom Kleinen aus und im Großen ihres ganzen Hausstandes heiter und werkthätig.
    Am Abend desselben Tages, an dem das neue Haus gerichtet wurde, das erste, das Seb als Meister für einen Fremden baute, wurde ihm ein Sohn geboren, und Zilge war noch am Mittag beim Bauspruche gewesen.
    Die ganze lustige Baugewerkschaft kam noch am späten Abend und sang vor dem Hause helle Lieder, die lustig das Thal hinab und von den jenseitigen Bergen widerklangen. Zilge war nicht wenig stolz, da sie hörte, daß man ihr als »Frau Baumeisterin« ein Hoch und abermals Hoch ausbrachte.
    Sie lächelte ablehnend, aber sie hörte es doch gern, wenn man sie fortan auch nur scherzweise Frau Baumeisterin hieß. Das war ein einträglicher und ehrenvoller Scherz, und einmal sagte sie sogar im Stillen zu ihrem Seb: Ein Mann, der Häuser bauen könne, brauche nicht mehr

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