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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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die Augen aufschlug und sie bald wieder schloß, hochauf athmete und den Kopf zurückwarf, fiel Zilge ihrem Manne um den Hals:
    »Jetzt kannst du mit mir machen, was du willst. Verzeih mir nur,« rief sie.
    »Weil ich das Kind aus dem Wasser gezogen?« fragte Seb.
    »Nein, du hast mich auch aus dem Tod geholt, mich auch. Hättest du nur auch meinen Trauring wieder mit herausgebracht,« sagte Zilge.
    »Laß ihn versunken sein, ich hab' einen neuen, sieh; den hab' ich dir aus der neuen Welt mitgebracht; jetzt fasse ich dich in Gold.«
    Und als der Knabe zum Erstenmal sprach:
    »Vater, ich hab' mich nicht in's Wasser stürzen wollen, thu' mir nur nichts,« zog Seb seiner Zilge den neuen Trauring an, und sie kniete vor ihm nieder und bat Gott und ihren Mann tausendmal um Verzeihung und Vergebung ....
    Gerade auf den Jahrestag, an dem der Grundstein zu dem eigenen Hause gelegt worden war, hatte Seb die Abreise bestimmt.
    Am Abend als der Thau sich auf den Roggen senkte, der eben aus den Aehren schoß, gingen Seb und Zilge Hand in Hand wieder die alten heimlichen Wege durch die grünen Gartenhecken, die jetzt so knospenharzig dufteten und von Vogelgesang erschallten.
    »Ach, ich hab' dich so lieb,« rief Seb, »es ist ein' Schand', daß ich dir's sag', aber ich mein' du wärst noch ein jung Mädle und es seien noch die Zeiten, wo wir da miteinander gegangen sind.«
    »Und mir ist's, wie wenn wir nicht so große Kinder daheim hätten, und uns erst jetzt bekämen. O, ich hätte dir oft gern gesagt, wie ich dich im Grund des Herzens so gern hab', wie du so geduldig und liebreich gegen mich gewesen bist, aber ich hab' nicht können. Es ist mir gewesen, wie wenn mir Jemand zum Guten den Mund zuhielte. So muß es einem Scheintodten sein, das reden will und nicht kann. Jetzt bin ich selig, glücklich wieder auferstanden.«
    Seb lenkte bald wieder in die männlich ruhige Mittelstimmung seines Charakters ein, er war kein Freund von den raschen Umstürzen, und Zilge ließ sich's gefallen.
    »Hast du denn drüben auch ein eigen Haus?« fragte sie.
    »Das geht schwer, wir ziehen von Stadt zu Stadt und bauen, und hab' ich ein eigen Haus, verkauf' ich's wieder. Wenn du aber willst, sag's nur.« –
    »Ich will nichts mehr, als was du willst.«
    »Dein Bruder geht auch mit uns,« sagte Seb, und Zilge erwiderte:
    »Ich will's ihm vergeben, was er mir angethan hat, man hat mir ja auch viel zu vergeben, aber du ladest dir viel auf mit ihm, er will nichts schaffen.«
    »Er wird's in Amerika schon lernen.«
    »Ich sag' dir noch einmal, mir zulieb brauchst du's nicht zu thun; du bist mir genug auf der Welt, mein Alles; ich brauch' auch keinen Bruder.«
    »Aber lass' nicht von ihm, von Keinem, der einmal mein ist ....«
    Wie Neuvermählte glückselig zogen Seb und Zilge mit den Ihren fort in die neue Welt.
     

 
III.
Erdmuthe.
     
Gottfried von Hollmaringen.
    »Der Cyprian hat heute das Sonnenwirthshaus in Leutershofen gekauft,« berichtete der Oberknecht des Schultheißen Gottfried von Hollmaringen, als dieser am Abend mit Kindern und Gesinde bei Tisch saß.
    »Woher weißt's,« fragte der Schultheiß.
    »Bin beim Weinkauf gewesen. Geht lustig her. Sitzen gewiß noch bei einander.«
    »Wie theuer hat er gekauft?«
    »Haus und Aecker für siebentausend Gulden und zweihundert Gulden Schlüsselgeld für die Frau. Soll billig sein, sagen alle Leut'.«
    Weiter wurde bei Tisch nicht gesprochen. Erst als der Sohn, die beiden Töchter und das Gesinde die Stube verlassen hatten, sagte die Frau:
    »Laß dich's nicht zu arg verdrießen, daß dein Schwager dir gar nichts von seinem Vorhaben gesagt hat. –«
    »Ist schon lang mein Schwager nicht mehr. Das Kind ist todt: die Gevatterschaft hat ein End'.«
    »Deiner Schwesterkind lebt ja noch.«
    »Freilich, freilich, das paßt jetzt nicht, aber ich will ihm doch zeigen wer ich bin; bin ich sein Schwager nicht mehr, so bin ich doch noch der Gottfried von Hollmaringen und er soll mir nicht mit Unrecht vorgeworfen haben, mir reißt man nichts aus der Hand, ich halt' fest wie eine Beißzang. Ich hab' jetzt eine Staatsbeißzang, und die ist das Gesetz; das Muttergut von meiner Schwester Kind darf er nicht mit in's Ausland nehmen, morgen am Tag schieb' ich ihm einen Riegel vor.«
    Während Gottfried noch sprach, rollte ein Wagen mit lärmenden Insassen die Straße herauf, Gottfried steckte den Kopf zum kleinen Schiebfensterchen hinaus und erkannte trotz der Nacht an den Pferden und an den lärmenden Stimmen

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