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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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den Cyprian mit seinen Schmarotzern, die weiter oben im Dorf vor einem stattlichen Haus anhielten, unter Geschrei und Lachen nach Laternen riefen, und als diese und funkelnde Lichter kamen, erneute sich der Lärm, der doppelt laut durch das stille schlafende Dorf drang.
    »Du hast einen Rausch wie ein Haus.«
    »Nein, jetzt wie zwei Häuser,« hörte man rufen und ein Mann wurde in den erleuchteten Hausflur getragen.
    »Du solltest noch zu ihm hinausgehen, er wird ja zum Kinderspott wie er's treibt,« sagte die Frau, als Gottfried tief aufathmend sich in die Stube zurückwendte.
    »Hat bis morgen Zeit,« erwiderte Gottfried, »ihr Weiber meinet immer, der morgige Tag lauft davon.«
    »Wenn du dein Schwesterkind in's Haus nehmen willst, mir ist's rechtschaffen recht; das Kind verkommt so in dem Durcheinander und bei der herben Stiefmutter.«
    »In Gutem läßt er mir das Muttergut nicht und läßt er mir auch das Kind nicht. Mein' Sach ist jetzt nur, dafür zu sorgen, daß meiner Schwester Kind nicht in Armut kommt; wie es ihm sonst geht, dafür muß Gott sorgen und die Verstorbene wird über es wachen –«
    Der feste Ton des gelassenen Mannes hatte bei diesen letzten Worten etwas Bebendes, er fuhr sich mit der Hand über das ganze länglich schmale Antlitz, stand auf und ging mit schweren Schritten nach der dunkeln Kammer, sich zu Bett zu legen.
    Cyprian hatte vor Jahren die einzige Schwester Gottfrieds geheirathet, von der ein einziges Kind übrig geblieben war, das den Namen der Verstorbenen, Erdmuthe, trug. Seit der Wiederverheirathung Cyprians lebten die Schwäger in einem lauen Verhältniß, das dadurch noch fremder wurde, weil Cyprian sich einem gewissen unruhigen, Zerstreuung suchenden Leben hingab und mit Menschen umging, die sich nicht zur Gesellschaft eines reichen Bauern schickten; ja er kegelte oft ganze Sonntag Nachmittage mit halbwüchsigen Burschen, denen Geld abzugewinnen noch mehr Schande war, als es an sie zu verlieren. Wenn Gottfried seinem Schwager in dem Marktflecken Leutershofen auf dem Kornmarkt oder im Wirthshaus begegnete, grüßten sie einander und wechselten auch manchmal eine Rede, aber offenbar mehr der Leute wegen; sie saßen dann an gesonderten Tischen, Jeder bei seiner Kameradschaft, und daheim im Dorf wichen sie einander wie auf Verabredung aus. Man sagte, die Frau Cyprians sei an dieser Mißhelligkeit schuld, da sie es nicht dulden wollte, daß Cyprian in der gewohnten Abhängigkeit von Gottfried, keinen Pferdekauf, überhaupt nichts unternahm, ohne die Entscheidung des Schwagers einzuholen. Cyprian haßte aber seinen Schwager von selbst und der Haß wächst auf dem verschiedenartigsten Grund und Boden. Einst war Cyprian stolz darauf gewesen, mit Gottfried verschwägert zu sein, jetzt war er voll Aerger, daß immer nur von Gottfried die Rede war, daß Jeder im Dorf und auswärts nur so viel Geltung hatte, als Gottfried ihm zukommen ließ. Der Hauptgrund des Hasses war aber, daß Gottfried immer reicher wurde, während Cyprian trotz seiner Arbeitsamkeit, so oft er einen außergewöhnlichen Vortheil zu erringen hoffte, fast immer Schaden erlitt; er wollte in Kauf und Verkauf seinen eigenen Weg und nicht Gottfried nachgehen wie die Anderen, meist aber schlug das bös aus. Mit der Wohlhabenheit Gottfrieds wuchs auch Cyprians Haß gegen denselben und während man Gottfried äußerst genau, ja karg nennen konnte, schalt ihn Cyprian geizig, habsüchtig und blutsaugerisch, und es gab gute Leute genug, die diese Aeußerungen Cyprians dem Gescholtenen mit der üblichen Zuthat hinterbrachten. Das stille abgelegene Dorf, in dem noch nach der reichen Bauern Art, ein Jeder abgeschlossen für sich lebte, schien aber auch keine rechte Heimath mehr für Cyprian; er saß oft ohne erkennbaren Grund Tagelang in der diesseitigen Amtsstadt oder in dem Marktflecken des Grenzlandes und wenn er in die Wirthsstuben trat, wußte man bereits, was er zu trinken begehrte und brachte es ihm ungeheißen; besonders ein rother Unterländer, den der Sonnenwirth »Weiberzorn« getauft hatte, schien eigens für Cyprian gewachsen. Man erzählte, daß er einst den Erlös von einem ganzen Wagen voll Bretter in der Sonne vertrunken und verspielt habe und als er Abends heimging, rief er: »Machet das Hofthor auf, es will ein Wagen voll Bretter 'naus.« Ein Andermal ließ er in gleicher Weise den Erlös von einem Kalbe draufgehen, und bei jedem frischen Schoppen, der kam, blöckte er wie ein Kalb: »Mäh, mäh.« Solche

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