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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Cyprian einen Vorsprung. Erst auf der Treppe des Amtsgerichtes begegneten sie einander, Cyprian kam herab, während Gottfried hinauf stieg; sie gingen stumm an einander vorüber, aber kaum war Gottfried einige Stufen gegangen, als er sich umkehrte und in sanftem Tone sagte:
    »Cyprian, laß gut mit dir reden.«
    »Ich hab' nie was Böses gezeigt.«
    »Komm in's Wirthshaus, da wollen wir's ausmachen.«
    »Was hast denn?«
    »Gieb mir das Kind. Laß mir die Erdmuthe.«
    »Und weiter willst nichts?«
    »Nichts für mich.«
    »Für wen denn?«
    »Für das Kind. Thu's Denen unterm Boden nicht an, daß ich dich vor Gericht zwingen muß, das Muttergut heraus zu geben.«
    »So? Du kannst mich zwingen?«
    »Ich will ja nicht.«
    »Will du nur.«
    »Thu's in Gutem, es ist ein' Schand vor Gott und den Menschen. Du wanderst aus, das Kind ist bei uns heimathberechtigt –«
    »Du hast auch nicht alle Gesetze im Kopf; das Kind ist des Vaters.«
    »Kann sein, aber das Muttergut muß sichergestellt werden bei uns; thu's freiwillig, und ich laß da oben die Thüre zu.«
    »Mach' du sie nur auf.«
    »Cyprian,« sagte Gottfried mit bewegter Stimme, »es ist das letzte Wort, das ich mit dir red', überleg's zweimal.«
    »Du kannst mir dreimal zum Teufel gehen. Was mein ist, hältst du nicht hinter deinem Eisenkrems,« höhnte Cyprian.
    »Und Du stirbst noch einmal (als Gefangener) hinter einem andern Eisenkrems,« knirschte Gottfried voll Zorn.
    Laut lachend ging Cyprian davon. Er schaute nicht mehr um, und Gottfried öffnete die Thüre der Gerichtsstube.
    Der Gottfried von Hollmaringen war der Mann, der das, was er einmal wollte, unablässig ausführte. Er brachte es dahin, daß die Auswanderung Cyprians hinterhalten, sowie die beabsichtigte freiwillige Versteigerung von Cyprians Haus und Hof wieder rückgängig wurde. Ueber dieses letztere war Cyprian besonders ingrimmig. Er hatte die Felder sammt dem stehenden Erträgniß verkaufen wollen, was allerdings zum besseren Erlöse von nicht geringer Bedeutung gewesen wäre, jetzt mußte er ernten und dreschen und pflügen und säen, und wollte doch nichts mehr von alle dem, und dazu hatte er noch ein Wirthshaus und Güter in Leutershofen, das Haus stand leer und um die Ernte wurde er halb betrogen. Immer mußte er auf dem Wege hin und her sein und dazu noch vor Amt. Um all' das Ungemach zu vergessen, mußte jetzt Cyprian den Wein zu Hülfe nehmen, aber beim Glase und am nüchternen Morgen schalt er auf Gottfried, der ihn zu Grunde richte. Gottfried grenzte von je her mit seinen Aeckern an viele Nachbarn, er durfte sich rühmen, daß er nie mit Jemand einen Streit gehabt; in diesem Jahre hatte er, wo er an Cyprian grenzte, immer die ärgsten Händel, die natürlich auch von den beiderseitigen Dienstleuten aufgenommen und gehörig ausgebeutet wurden. So war aus dem anfangs nur abwendigen und störrischen Cyprian ein grimmiger Feind geworden. Gottfried aber ging ruhig seines Weges, er verbot in seinem Hause, daß man der bösen Nachreden Cyprians erwähne, ja er that nichts dagegen, als Cyprian ihn einmal selbst öffentlich beschimpfte; er wollte ihn nicht weiter in's Unglück bringen, er hatte seiner Pflicht genügt und blieb im Uebrigen ruhig und gelassen.
     
Die Feindeskinder und der Schwester Ehrenschmuck.
     
    Es giebt ein altes Kinderspiel, das überall und zu allen Zeiten unter den verschiedensten Namen verbreitet ist: man wirft einen flachen Kiesel oder einen Scherben wagrecht über die Oberfläche eines Wassers, daß der Stein das Wasser nur berührend oft und oft weiter hüpft, bis er endlich untersinkt. Das nennt man hier zu Lande: Bräutle lösen, und man hat dafür die Deutung, daß es sinnbildlich die feine, nicht so leicht zu erhaschende, hüpfende und tänzelnde Art der Braut darstelle, die lange neckisch sich verhält, bis sie doch endlich dem Naturgesetz folgend, vom Strom des Lebens bewältigt wird. Mag dies die entsprechende Deutung sein oder nicht, gewiß ist, daß Knaben und Mädchen mancherlei Scherz damit treiben; Bläsi, der am Weiher bei der Hanfbreche mit anderen Kindern dies Spiel oft trieb, verstand es, den Stein am meisten auffliegen zu machen, und Cyprians Erdmuthe, die die Kinder ihm als Braut zugetheilt, mußte oft hören, daß sie lange tanzen müsse. In der That behandelte Bläsi sein Geschwisterkind mit brüderlicher Aufmerksamkeit und hatte nichts dagegen, wenn man sie seine Braut nannte.
    Jetzt, da die Väter so feindselig geworden, war das anders.
    Es

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