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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Kirche: wohin du wanderst und wo du dich niederlässest, überall stehen hohe Tempel offen für deinen Glauben, deine Hoffnung, deinen Gott, überall kniet die Gemeinde, andächtig nach denselben Heiligtümern ausschauend, dieselben Worte im Munde, dieselben Zeichen führend, überall bist du unter Brüdern und Kindern des einen heiligen, sichtbaren Vaters zu Rom.
    Der katholische Glaube in seiner strengen ungetheilten Einheit und Allverbreitung zeigt dir überall Säulen und Hallen, getragen vom Namen deines Herrn, und im Hause deines Gottes findest du überall dein Heimathhaus und den gleichen Eingang zu deiner ewigen Urständ.
    So lag die Mutter Christine mit den beiden Knaben im andächtigen Gebete vor dem Altar. Sie wußten nicht mehr, daß ihre Heimath weit weg sei, die Hand des Herrn hatte den von fern her Kommenden eine selige Heimath auferbaut.
    Fest und innig, gottvertrauend, nahm die Mutter ihren Sohn an die eine, den Waisenknaben an die andere Hand und ging mit ihnen zum Kloster.
    Hier war überall ein buntes Hin- und Herrennen, Trachten aus allen katholischen Gegenden des Landes waren hier zu schauen.
    Nachdem der Famulus am Eingange des Klosters die Zeugnisse eingesehen und wieder zurückgegeben, wurden die drei zum Direktor geführt. Dieser war ein alter, grämlich aussehender Mann, er sagte auf alle Reden der Mutter Christine nur: »Gut, gut, schon recht.« Er hatte heute schon gar viel anhören müssen, daß man es ihm nicht verübeln konnte, wenn er wortkarg war.
    Ivo zupfte seine Mutter am Rocke, und sie bat nun, daß der »Herr Hochwürden« erlauben möchten, daß ihr Sohn noch heute nacht mit ihr im Wirthshause schlafe.
    Nach einer Weile sagte der Mann: »Meinetwegen, aber morgen früh vor der Kirche muß er da sein.«
    Bartel nahm einen sehr wortreichen Abschied von der Frau Christine. Der arme Knabe war es gewöhnt, oft guten Leuten zu danken, und er konnte es so meistermäßig wie eine Litanei. Er folgte willig dem Famulus in sein Zimmer.
    Ivo sprang und hüpfte fröhlich, da er nun noch bei seiner Mutter bleiben durfte, und er plauderte mit ihr noch lange in die Nacht hinein.
    Ein klarer Sonntag im eigentlichen Sinne des Wortes leuchtete des andern Morgens. Schon eine Stunde vor der Kirche ging Ivo an der Hand seiner Mutter nach dem Kloster, der Nazi ging hinterdrein mit dem Gepäcke und dem Bündel für Bartholomä.
    Die Mutter half Ivo nun seine Sachen in den bereit stehenden Schrank einräumen und zählte ihm Alles vor; oft blickte sie aber traurig umher, da sie sah, daß zwölf Knaben hier in einer Stube hausen mußten.
    Es läutete auf der Klosterkirche. Mutter und Sohn trennten sich, denn dieser mußte sich zu seinen Kameraden gesellen.
    Nach der Kirche ging die Mutter zur Frau Speisemeisterin, das war noch eine Frau, mit der konnte man doch eher reden. Sie bat sie, ihrem Ivo doch mitunter etwas zwischen der Zeit zu geben, der Bub vergesse sonst daran, sie wolle ja gern Alles doppelt vergelten.
    Ivo durfte noch eine Weile vor dem Essen zu seiner Mutter in's Wirthshaus. Auch der Frau Traubenwirthin legte die sorgsame Mutter ihren Sohn ans Herz, sie solle ihm immer geben, was er wolle, Alles pünktlich aufschreiben, und es werde richtig bezahlt werden. Die geschäftige Wirthin versprach Alles, obgleich sie wohl wußte, daß sie nichts für ihn thun konnte.
    Bei Tische aß Ivo mit gutem Appetit, er wußte ja, daß seine Mutter bei ihm war; nach dem Essen aber ging er betrübt zur Traube zurück, denn jetzt kam der schwerste Abschied. Er ging in den Stall zu Nazi, der eben den Falb aufschirrte.
    »Gelt, Nazi,« sagte er, »du bleibst mir auch ein guter Freund?«
    »Kannst darauf schwören, wie aufs Evangelium,« erwiderte dieser, dem Pferde das Kummet über den Kopf schiebend; er kehrte sich nicht um, denn er wollte seine Rührung verbergen.
    »Und du grüßest mir auch alle Leut', die nach mir fragen?«
    »Ja, ja, g'wiß, gräm dich nur nicht so, daß du jetzt nimmer daheim bist; das ist noch ein fröhlich Abschiednehmen, wenn man so zurückdenken kann, daß daheim Leut' sind, die einen von Herzen gern haben und denen man nichts Leids gethan hat.« – Die Stimme Nazi's stockte, die Kehle war ihm wie vertrocknet, und es drückte ihn im Halse; Ivo merkte von alle dem nichts, denn er fragte:
    »Und die Tauben, gelt, die gibst nicht weg, bis ich wieder komm'?«
    »Kein Federle kommt weg. Geh jetzt aber 'nein zu deiner Mutter, wir müssen fort, sonst ist morgen der Tag auch hin. Sei nur

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