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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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zwei Jahre, die zwischen ihrer Trennung lagen, sein Aeußeres auch verändert, mochte ein zügelloses Leben den Schmelz der ersten Jugendblüthe, der bei seinem Eintritt in's Schwarzwaldauer Schloß noch auf rothen Wangen lag, bereits abgestreift haben; Caroline hätte ihn, den ihr Herz so glühend geliebt, unter Tausenden herausgefunden! Er dagegen, – und das ist eben so natürlich, da er sie niemals, da er nur ihres Vaters Reichthum im Auge gehabt, – er bedurfte, nachdem er sich schon vor ihr und ihren Eltern verbeugt, noch einiger Frist, um sich Gewißheit zu verschaffen. Nicht aber, weil Caroline um zwei Jahre älter geworden wäre? Im Gegentheile, weil sie um das Doppelte verjüngt schien. Sie hatte ihre allzu gesegnete Fülle verloren, war fast mager geworden – (vielleicht aus Gram über ihn?) – und dieser Wechsel kleidete sie gut.
    »Sie kennen mich nicht mehr?« fragte Gustav.
    »O, nur allzuwohl,« erwiderte sie und stellte ihren Eltern: ›Herrn von Thalwiese‹ vor.
    Vater Reichenborn zeigte durch seine stumme Begrüßung, daß er nichts Genaueres über diesen Ankömmling wisse; daß er aber auch durchaus keine Sehnsucht nach vertrauterer Bekanntschaft in sich verspüre. Sein Gesicht kündete deutlich an, der in Ruhestand getretene Handelsherr finde die Gartenconzerte auf dem Bade sehr unruhig und halte Herrn von Thalwiese für einen eben solchen Windbeutel als dessen Vorgänger den Baron.
    Mama dagegen verrieth durch einige Bewegungen der Mundwinkel, daß Caroline der Mutter vertraut habe, (zum Theil wenigstens), was dem Vater vorenthalten worden. Sie bestätigte dieß durch die bedeutsamen, keinesweges allzufreundlich gesprochenen Worte: »Ah, aus Schwarzwaldau!«
    »Und wie geht es meiner lieben Agnes?« fragte Caroline mit der Hast einer schlechtverhehlten Besorgniß, Mama könne Aeußerungen thun, die dem Treulosen verriethen, daß er öfter als billig Gegenstand ihrer Gespräche sei.
    »So wissen Sie nicht, was dort geschah?«
    »Wir haben, seit meiner plötzlichen Abreise von – dort, keine Briefe mehr gewechselt. Hoffentlich befindet Frau von Schwarzwaldau sich wohl?« –
    »O sehr wohl! Ja, ihr ist wohl: Sie schlummert auf ihrem Lieblingsplatze, um nicht mehr aufzuwachen!«
    »Sie ist todt?« –
    Und Gustav erzählte, was vorgefallen, – so weit es ihm passend dünkte sich hier darüber mitzutheilen.
    Reichenborns bewiesen ihren herzlichen Antheil. Caroline versank in trauerndes Schweigen. Gustav hatte sich während seiner Erzählung gesetzt. Er schwieg ebenfalls, um den ersten, gewaltigen Eindruck vorübergehen zu lassen.
    »Und er?« begann Caroline wieder; »der Witwer? Was treibt er?«
    »Er macht eine Reise um die Welt, mit seinem – Jäger!«
    In diesem einen Worte: ›Jäger‹ lag eine so unzweideutige Absichtlichkeit, daß Agnesens Jugendfreundin sie auffassen mußte. »War's dieser,« fragte sie weiter, »der den unseligen Schuß gethan? Und vielleicht . . . .?«
    »Wer denn sonst?« sagte Gustav.
    »Und mit dem Menschen reiset Emil . . .?«
    »So berichtete mir sein Verwalter, als ich von Thalwiese noch einmal an ihn schrieb, um einige diesen Franz betreffende Winke, die ich in einem eiligst zurückgelassenen Morgenbilletchen gegeben, zu vervollständigen. Jener Wirthschaftsbeamtete schickte mir meinen Brief durch denselben Boten wieder, mit der Erklärung: sein Herr unternehme eine große, vielleicht mehrjährige Reise, und für den Augenblick sei keine Möglichkeit vorhanden, meine Zuschrift ihm nachzusenden, weil man noch nicht wisse, wohin?«
    »Aber das klingt ja ganz abenteuerlich und ist unerklärlich.«
    »Doch nicht so ganz unerklärlich, wie Sie auf den ersten Anblick wähnen? Und wollten Sie mir vergönnen, Caroline« – (hier sank Gustav's Stimme zu kaum hörbarem Geflüster herab,) – »Sie um eine ungestörte Stunde bitten zu dürfen? Dann würd' ich Mittel finden, Sie über die Motive dieses furchtbaren Ereignisses aufzuklären.«
    Caroline machte »hm, hm;« rückte auf ihrem Stuhle hin und her und sah verlegen nach ihrer Mutter, ob diese wohl Gustav's Antrag vernommen haben und was sie dazu für ein Gesicht machen möchte?
    Madame Reichenborn hatte keine Silbe verstanden, aber sie hatte ihn flüstern gehört und das genügte ihr. Sie erwiderte den fragenden Blick ihrer Tochter; Beider Augen fanden sich und diese zwei Augenpaare versuchten sodann einen kleinen Streifzug in's Gebiet väterlicher Autorität. Dort aber sah es aus wie in Feindes Lande.

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