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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Sich an allen möglichen Orten aufgebaut und gegen Linke und Autonome gehetzt. Die sagen, er hätte sie ausgiebig beschimpft, als Zecken, Penner und Säue. Einer hat dem Schulle erzählt, Walt Tucker hätte ihm eine Weile regelmäßig aufgelauert und ihn bespuckt. Eine Frau hat behauptet, er hätte sie und ihre Freundin sogar mal mit einer Waffe bedroht.«
    »Was war mit dem denn bloß los?«
    »Der hatte seinen ganz eigenen Film laufen«, sagt der Calabretta. »Wenn das stimmt, was die Flora-Leute erzählen, waren die Tuckers paranoide alte Konservative. Richtige Ultras, klassische Bush-Wähler.«
    »Und was machen wir jetzt?«, frage ich.
    »Die Jungs und ich glauben nicht daran, dass die Floristen was mit dem Mord zu tun haben, zumindest nicht der enge Kreis. Schulle und Brückner bleiben weiter locker an der Szene dran, aber ich hab das Gefühl, dass die Spuren, die wir gefunden haben, stinken. Da stimmt was nicht.«
    »Die sind gelegt worden?«
    Der Calabretta schiebt das Kinn nach vorne, was so viel heißt wie: Kann sein, kann nicht sein.
    »Wir schicken den Kessler und sein Team noch mal mit anderer Marschrichtung durch das Haus in Wilhelmsburg«, sagt er. »Dann sehen wir weiter. Und der neue Kollege knöpft sich noch heute die Immobilienfirma vor, die das Haus von der Stadt gekauft hat. Einfach ein bisschen durchleuchten, mal schauen, was da zum Vorschein kommt.«
    Ich kriege einen Hustenanfall. Der Calabretta nimmt mir die Zigarette aus der Hand und schmeißt sie aus dem Fenster.
    »Hey«, sage ich, »was soll das?«
    »Ich brauche Sie noch, Chef.«
    »Wofür?«
    »Ich will, dass Sie mit mir in die Kirche gehen.«
    *
    »Wie schön, dass Sie zu uns kommen«, sagt die Frau. Sie hat kurze graue Haare, die ein bisschen blond gefärbt und auch ein bisschen in Locken gelegt sind. Ihr geblümtes Kleid ist so quadratisch wie ihr Körper. Sie hat ein Problem mit Wassereinlagerungen rund um die Füße. Besonders ihr rechter Knöchel quillt bedrohlich aus ihrem braunen Bequemschuh. Sie trägt hautfarbene Stützstrümpfe. Ich hoffe für sie, dass es keine Strumpfhosen sind.
    »Wann waren Sie denn zum letzten Mal in der Kirche?«
    »Wir sind von der Polizei«, sagt der Calabretta. »Mordkommission.«
    »Schön«, sagt die Frau. »Herzlich willkommen. Und wann waren Sie zum letzten Mal in der Kirche?«
    »Wir kommen wegen Lorraine Tucker«, sagt der Calabretta. »Sie ist tot.«
    Die Frau bekreuzigt sich und sagt leise: »Die Wege des Herrn sind unergründlich, möge sie in Frieden ruhen.«
    Dann laufen ihr Tränen über die Wangen.
    Aber sie bleibt konsequent: »Wann waren Sie beide zum letzten Mal in der Kirche?«
    Der Calabretta kapituliert.
    »Ich gehe regelmäßig in die Kirche«, sagt er. »Einmal im Jahr, wenn ich in Neapel bin. Chef?«
    Er sieht mich an und erteilt mir damit das Wort.
    »Keine Kirche«, sage ich. »Ist nichts für mich.«
    Die Frau sieht mich lange an, bestimmt zehn Sekunden. Ich glaube, sie versucht, herauszufinden, ob ich zu missionieren bin. Am Ende lässt ihr Blick mich fallen, ich kippe aus ihrer Welt und bin ab sofort unsichtbar. Alles in allem eigentlich kein schlechtes Gefühl.
    »Wie ist unsere liebe Schwester Lorraine gestorben?«, fragt sie den Calabretta.
    Ihr laufen immer noch Tränen übers Gesicht. Es scheint sie nicht zu stören. Weder dass die Tränen da sind, noch dass wir sie sehen.
    »Sie wurde erschlagen, zusammen mit ihrem Mann«, sagt der Calabretta.
    »Wer tut denn so was?«
    Sie beginnt an ihrem Ausschnitt zu nesteln. Sie hat da so eine Perlenkette mit einem Kreuz dran, einen Rosenkranz? Dann bekreuzigt sie sich wieder und fängt an, etwas zu murmeln, das ich nicht verstehen kann. Ich glaube, es ist ein Gebet.
    »Wann haben Sie Lorraine Tucker zum letzten Mal gesehen?«, frage ich.
    Statt mir zu antworten, sieht sie den Calabretta mit Kuhaugen an, murmelt zu Ende, sagt dann: »Gott schütze Sie, guter Mann«, dreht sich auf dem Absatz um und verschwindet im Flur des Gemeindehauses.
    So langsam fängt sie an, mir auf den Wecker zu gehen. Wir laufen ihr nach, der Calabretta vorweg, ich hinterher. Das Haus ist ein dunkler Funktionsbau aus den siebziger Jahren. Mit einem langen Flur ohne Fenster, nur von ein paar gräulichen Neonröhren beleuchtet, die für Neonröhren ungewöhnlich schwach sind. Manchmal flackert das Licht sogar ein bisschen, aber das bilde ich mir vielleicht auch nur ein.
    Die unförmige Frau mit den dicken Füßen ist schneller, als ich ihr zugetraut

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