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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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schnellen Schnitten, da sind seine Augen, seine Haare, seine Lippen. Ich muss damit aufhören.
    Schmeiße einen Euro in die Jukebox und hole den jungen Johnny Cash aus seinem Grab. I shot a man in Reno, just to watch him die.
    Und da steht auch schon Carla in der Tür. Sie sieht aus, als wäre nichts gewesen.
    Bis auf den kleinen traurigen Schatten auf ihrer Stirn. Sie kommt zu mir rüber an die Jukebox, umarmt mich, streicht sich ihre kurzen Locken hinter die Ohren und holt eine Flasche Champagner aus ihrer Manteltasche.
    »Wie kommste denn darauf?«, frage ich sie.
    »Der Laden hier hat doch Geburtstag, oder?«
    Sie lässt gekonnt den Korken ein ganz kleines bisschen knallen, nur für uns beide.
    »Mir war nach ein bisschen Glamour in diesen Tagen.«
    Dann zieht sie noch zwei geschliffene Gläser aus dem Mantel, schenkt die Kopfbrause ein und gibt mir ein Glas.
    »Auf unsere Jungs«, sagt sie und trinkt.
    Ich trinke auch, und dann frage ich sie: »Wie geht’s dir?«
    »Weiß ich nicht«, sagt sie. »Ich fühl mich alt.«
    Sie schaut durch den Raum, ihre Augen suchen Rocco. Die Haut über ihren Wangenknochen hat diesen ganz speziellen Glanz, den nur die Haut einer Frau mit Herz hat. Sie sieht doch nicht aus, als wäre nichts gewesen. Jetzt, im rötlich schimmernden Licht, kann ich ihre Verletzung sehen. Es ist nicht nur der Schatten auf der Stirn. Es ist mehr. Ihr ganzer Körper. Ihre Haltung, die Art, wie sie sich bewegt. Ja, sie ist gealtert in der letzten Woche. Da ist eine weitere Kerbe ins Holz geschlagen worden.
    »Für ihn tut’s mir leid«, sagt sie und kuckt Rocco an, der ein Tablett mit Bierflaschen durch die Bar balanciert.
    Mir tut’s für dich leid, denke ich, aber das sage ich nicht. Ich greife im Gedränge nach ihrer Hand und halte sie fest, bis Johnny Cash die Gitarre an Joao Gilberto übergibt.

IN DER MUTTERANSTALT
    E s ist kurz nach halb neun, als ich zum ersten Mal aufwache. Ich stehe auf und schleiche mit halboffenen Augen durch Klatsches Wohnung. Im Wohnzimmer schaue ich ein bisschen aus dem Fenster, aber nur ein ganz kleines bisschen, ich will ja eigentlich noch gar nichts sehen. In den Straßen liegt zäher Nebel. Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer stolpere ich im Flur über meine Jeans und Klatsches Stiefel. Im Bett stolpere ich über das zerwühlte Laken.
    Zumindest letzte Nacht war offensichtlich wieder alles in Ordnung zwischen uns.
    *
    Der Nebel hat sich den ganzen Tag über kein Stück von der Stelle bewegt. Ich kämpfe mich durch die Wallanlagen und die hartnäckige Suppe. Ich bin auf dem Weg zur Mutteranstalt. So nennen unsere Freunde aus der Halbwelt das Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis. Der Calabretta hat mich eben angerufen, da war er schon unterwegs. Die für Caltzo und Rubsch zuständigen Justizbeamten haben ihn informiert, dass die beiden Herren Gesprächsbereitschaft signalisieren. Ihre Auftraggeber haben offensichtlich noch nichts dafür getan, die Killer rauszuholen. Da wird man als Mordverdächtiger natürlich langsam unruhig.
    *
    Caltzo will nicht reden. Der hofft wohl doch noch. Aber Rubsch hat die Schnauze schon voll. Hätte ich jetzt gar nicht gedacht, dass die nicht mal eine Woche durchhalten.
    Wir sitzen in einer von den steinfarben gestrichenen Vernehmungszellen. Der Calabretta und ich auf der einen Seite des etwas zu hohen Tischs, Rubsch auf der anderen. Die Männer haben Kaffee vor sich, ich einen Aschenbecher. Ich biete Rubsch eine Zigarette an.
    »Danke, Lady«, sagt er.
    Ich gebe ihm Feuer, er zieht, inhaliert, bläst den Rauch an die Decke und sagt:
    »Okay.«
    Der Calabretta und ich kucken ihn an.
    »Es gibt ein Hausboot«, sagt Rubsch. »Im Spreehafen.«
    »Wo genau?«, fragt der Calabretta.
    »Berliner Ufer. Eine umgebaute Barkasse. Blau lackiert.«
    »Was ist auf dem Hausboot?«, frage ich.
    Rubsch zieht kräftig an seiner Zigarette.
    »Was ist auf dem Hausboot?«, frage ich noch mal.
    »Ich an Ihrer Stelle würde reden«, sagt der Calabretta. »Vielleicht dreht sich ja der Mord dann doch noch in Totschlag.«
    »Ich hab niemanden umgebracht«, sagt Rubsch.
    »Dann hat Ihr Kollege geschossen?«, fragt der Calabretta.
    »Nein«, sagt Rubsch. »Keiner von uns hat geschossen. Der Waffenschrank war zu, als wir wieder raus sind.«
    »Sie geben also zu, dass Sie es waren, die die Tuckers halb totgeschlagen haben?«, frage ich.
    Er zieht noch mal kräftig an seiner Zigarette, dann drückt er sie in meinem Aschenbecher aus, steht auf und klopft an die

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