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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Mucks von sich«, sagt der Calabretta. »Die sagen nicht mal guten Tag.«
    Er sitzt auf einem der durchgerockten schwarzen Schwingstühle auf der anderen Seite meines Schreibtischs. Er hat sich zurückgelehnt und die Arme überm Kopf verschränkt und grummelt aus dem Fenster. Mir fällt auf, dass sein Hemd gar nicht mehr überm Bauch spannt.
    »Haben Sie abgenommen?«
    »Was?«
    »Nichts, schon gut.«
    »Ich hab unsere Prügelfreunde gestern den ganzen Nachmittag in die Mangel genommen«, sagt er. »Die tun so, als hätte ihnen jemand die Zunge rausgeschnitten.«
    »War doch klar«, sage ich.
    »Trotzdem frustrierend«, sagt er. »Ich bin echt gut in Verhören. Und wenn dann da so gar nichts passiert, kratzt mich das. Ich meine, die schauen nicht mal weg. Die sitzen da, kucken mich an und schweigen.«
    »Ganovenehre«, sage ich.
    »Am Arsch Ganovenehre«, sagt er. »Die haben einfach Nerven wie Drahtseile. Robuste Typen. Russenmafiabescheißer. Da müssen wir den Schmorkessel verdammt lange auf dem Herd lassen, bis die weichwerden.«
    Er kuckt wieder aus dem Fenster und stöhnt. Eisregen.
    »Oder schnell an die Auftraggeber ran«, sage ich.
    »ToftingInvest?«
    »Ich glaube schon«, sage ich. »Passt doch alles. Arbeiten angeblich öfter mal mit Schlägertrupps, wenn nervige Mieter nicht ausziehen wollen. Scheren sich einen Dreck um die Leute in den Vierteln, die sie umpflügen. Und schmieren offensichtlich ein großes Tier in der Baubehörde.«
    »Oder ein paar große Tiere.«
    »Exakt«, sage ich. »Das spricht jetzt nicht automatisch für brutalen Mord, und aus Versehen kann das Massaker an den Tuckers ja auch nicht passiert sein. Aber ich finde, es reicht, um erst mal aus allen Rohren zu feuern.«
    »Auch in Richtung Behörde?«
    »Ja, aber unauffällig«, sage ich.
    »Der Inceman soll einfach mal weiter rumbohren«, sagt Calabretta, »und dann kucken wir, was passiert.«
    Da werde ich doch tatsächlich ein bisschen rot.
    Ähem.
    *
    Am Nachmittag, so gegen sechzehn Uhr, wird es ekelhaft.
    Erstens hat der Eisregen Fahrt aufgenommen.
    Zweitens gibt es wohl tatsächlich einen direkten Zusammenhang zwischen meinem Zigarettenkonsum und der Heftigkeit meiner Hustenanfälle. Und ich hab seit vorgestern Abend eine Menge geraucht. Ich habe das Gefühl, dass ich vielleicht wirklich mal aufhören sollte damit, wenn ich den Winter überleben will.
    Drittens verweigern uns die dänischen Kollegen die Amtshilfe. Ohne Angabe von Gründen. Der Calabretta hatte nur mal eine Standardanfrage gestellt und war natürlich davon ausgegangen, dass das abgenickt wird. Wurde aber nicht.
    Der dänische Kripomann, der ihm das mitteilen durfte, war auch einigermaßen verdattert. Und hat durchblicken lassen, dass die Anweisung von ganz oben kam, und zwar sehr, sehr schnell. ToftingInvest arbeitet mit Schmiergeldern, das lässt sich nicht mehr wegreden.
    »Was machen wir jetzt?«
    Ich kann hören, wie der Calabretta am anderen Ende der Leitung an seiner Zigarette zieht. Aha. Von wegen aufhören. Schlechte Nachrichten aus Dänemark, und ruck, zuck ist der Glimmstengel wieder an.
    »Wir schicken den Faller«, sage ich.
    »Nach Kopenhagen?«
    »Genau«, sage ich. »Wenn unsere Polizisten nicht fahren dürfen, dann fährt eben unser Privatdetektiv.«
    »Perfekt«, sagt der Calabretta. »Ein Rentner in Dänemark. Unauffälliger geht’s ja kaum.«
    Der Faller ist eine verdammte Geheimwaffe.
    *
    Die Geheimwaffe sitzt neben mir auf der Sankt Pauli Erholung und raucht. Wir sitzen gerne auf der kleinen Promenade oberhalb der Landungsbrücken. Da ist Hamburg so Hamburg, Sankt Pauli nur Sankt Pauli. Und keiner geht hin. Total exklusive Ecke hier. Weil es nichts gibt außer einem Kiesweg, ein paar Bänken, ein paar Bäumen und dem Blick. Wir saßen hier mal an einem schönen Sonntag im Sommer und kuckten die Elbe entlang, und da hat der Faller gesagt:
    »Die Reichen fahren an so einem Tag nach Sylt. Wir beide sitzen auf der Sankt Pauli Erholung.«
    Daran muss ich immer denken, wenn ich auch nur im Entferntesten hier vorbeikomme: Wir beide sitzen auf der Sankt Pauli Erholung.
    Ich hab meine Mütze auf und meinen Mantelkragen hochgeschlagen, so hoch, wie’s nur geht. Der Faller hat seinen Hut tief ins Gesicht gezogen. Unsere Zigarettenspitzen sehen aus wie winterliche Glühwürmchen. Es weht kein Wind. Aber es ist nasskalt, feucht und klamm von unten, als hätte die Elbe einen Pegel von zwanzig Metern über normal.
    »Wo steht Ihr Auto?«, frage

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