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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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mal zum Stehkaffee auf der Türschwelle.
    Neun Mal.
    Was hatte sie sich gestern vorgenommen? Kein Auf und Ab mehr. Keine Verletzungen. Richtig. Doch das Verwirklichen dieses Plans hatte sie sich anders vorgestellt.
Sie
wollte bremsen. Alles im Griff haben. Nicht von anderen ausgebremst werden.
    Und schon gar nicht von Ehrlinspiel, ausgerechnet von diesem … diesem …
    Tief ausatmen. Zehn Mal. Okay.
    Nieselregen setzte ein, und Hanna fingerte am Reißverschluss ihrer Jacke herum. Er klemmte.
Cool bleiben.
    Cool.
Sie dachte an Sinas leere Augen. An Ehrlinspiels spitzbübische Lachfältchen. Sie spürte Sinas Rücken, an dem sie jede Rippe hatte ertasten können. Fühlte Ehrlinspiels Gesicht in ihrem Haar. Sie steckte in einem verdammten Konflikt. Würde sie Sina zur Seite stehen und frei agieren wollen, konnte sie Ehrlinspiel auch gleich in die Liste
Männer, abgehakt
einreihen. Würde sie es nicht tun, hätte Sina keinen Fürsprecher mehr. Es sei denn …
    Hanna ging los.
    Eine Stunde später war sie zurück in der
Heugabel
. Ehrlinspiels Wagen war nicht da, und auch auf ihr Klopfen an seiner Zimmertür öffnete niemand.
    Sie wirken so selbstbewusst.
Hanna würde beweisen, dass in Sinas Worten ein Stückchen Wahrheit steckte. Dass sie Courage besaß. Gesundes Selbstbewusstsein war ein guter Ersatz für vermeintlichen Stolz.
    Sie ging in ihr Zimmer, setzte sich auf das zerwühlte Bett und rief Ehrlinspiel an. »Können wir reden?«
    »Worüber?« Er klang barsch. Im Hintergrund vernahm sie das leise Rauschen eines fahrenden Autos.
    »Ich möchte mich entschuldigen.« Und, ergänzte sie im Geist, ab sofort immer erzählen, was ich weiß, und nicht mehr heimlich zu Sina gehen.
    Ehrlinspiel sagte nichts.
    Hanna zupfte an einer Ecke des Kopfkissens. »Sind Sie noch dran?«
    »Ja.«
    Sie blickte auf ihre Koffer. »Wo sind Sie?«
    »Brauchen Sie die Information für Ihren Wanderführer?«
    »Es tut mir ehrlich leid.« In sechs oder sieben Stunden wäre sie weit weg. Fort von diesem Dorf. Dem unversöhnlichen Ehrlinspiel. Dem Mann, der nach Meer duftete.
    »Worüber wollen Sie reden?«
    »Nehmen Sie meine Entschuldigung an?«
    »Damit Sie dann weiterhin auf eigene Faust ermitteln? Das hatten wir bereits.«
    »Geben Sie mir eine Chance. Bitte.« So viel zum Thema Selbstbewusstsein.
    »Waren Sie zu Ihrem Chef auch so ehrlich? Kann es sein, dass er Sie deswegen rausgeschmissen hat?«
    »Das ist nicht fair.« Sie drehte an einem Knopf des Kissenüberzugs.
    »Nein?«
    »Nein! Er hat mich … Er wollte … mit mir ins Bett.«
    Außer dem gleichmäßigen Brummen des Automotors war am anderen Ende nichts zu hören.
    »Aber ich habe mich geweigert«, sagte Hanna. »Monatelang hat er mich … gequält. Und das war’s dann.«
    »Eine Frau mit Prinzipien.« Er klang ironisch.
    »Auch wenn Sie es nicht glauben: ja.«
Aus wirtschaftlichen Gründen sind wir gezwungen …
Ein schriftliches Ende, gemacht aus Lügen. Sie hatte ihn nicht verklagt. Um keinen Preis hätte sie die Redaktionsräume je wieder betreten wollen. Niemals mehr für das Walross arbeiten.
    Das Motorengeräusch verstummte. Hatte er angehalten?
    »Darüber wollten Sie aber sicher nicht mit mir sprechen.«
    Sein sachlicher Ton versetzte ihr einen Stich. Sie drehte fester am Kissenknopf. »Mein Leben geht gerade vor die Hunde. Mein Job ist weg, und meine bessere Hälfte hat … Ach, ist ja egal jetzt«, sagte sie und bereute im selben Moment, die Existenz eines Mannes in ihrem Leben überhaupt erwähnt zu haben. Heute hatte sie wirklich kein gutes Händchen für Taktik. »Mit geht’s nicht gut zurzeit, ich bin durcheinander, und ich habe einen Fehler gemacht.«
    Der Knopf riss ab.
    »Aber ich werde Sie nicht länger stören«, haspelte sie. »Meine Recherchen sind sowieso beendet.« Sie betrachtete den Knopf in ihrer Hand. Er war mit Stoff überzogen und an den Rändern ausgefranst. Sina wird auch so durchkommen, dachte sie.
    »Sie reisen ab?«
    Hanna nickte, wie sie es manchmal am Telefon tat, als könne ihr Gesprächspartner sie sehen. Das hatte sie schon als Kind gemacht, und ihr Vater hatte ihr stets den Hörer aus der Hand genommen und ihren Freundinnen am anderen Ende erklärt, dass seine Tochter noch nicht reif genug für die Errungenschaften der Welt sei. Danach hatte er sie geohrfeigt für ihre Dummheit.
    »Hallo?«, hörte sie den Hauptkommissar fragen.
    Ihre Wange fühlte sich an, als brenne sie. »Ja, ich reise ab.«
    »Hören Sie, ich bin auf dem

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