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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Polizeiposten mit Frau Evers verabredet. Nach der Besprechung können wir noch ein paar Worte wechseln. Falls Sie nach dem Mittagessen noch da sind.«
    Hanna hätte am liebsten sofort ein erleichtertes Ja in das Telefon geschmettert. Aber sie wollte ja selbstbewusst wirken. Cool. »Ich denke schon.«
    »Gut. Ich halte nämlich nicht viel von einem Abschied im Streit.«
    Und ich halte gerade gar nichts von Abschied, dachte Hanna.

[home]
30
    B essere Hälfte! Ehrlinspiel blickte auf Hannas Po und Hüften, die in der Cargohose des ersten Abends steckten und vor ihm den Trampelpfad hinaufschwangen.
    Gut, es war anständig von ihr gewesen, sich zu entschuldigen. Und sie hatte, ohne zu zögern, eine Tonne Pflaster auf ihre Füße geklebt und in den Spaziergang zur Rabenschlucht eingewilligt. Bei den aufgeriebenen Füßen sicher keine einfache Entscheidung. Sich in der
Heugabel
auszusprechen wäre angesichts ihrer beider Verfassung zwar vernünftiger gewesen, doch die Nähe hatte sie beide befangen gemacht. Zudem hatte sein eigenes Misstrauen nicht nur seine Polizistenseele abermals in Fesseln gelegt, sondern auch seine ganz persönliche. Er hoffte, dass die kühle Luft ihre Gemüter befreite.
    Bessere Hälfte!
    »Also. Sie wollten mit mir reden«, rief er von hinten und war froh, dass er sie jetzt nicht anschauen musste. »Fangen wir damit an, was Sina Ihnen heute früh Neues anvertraut hat.«
    Sie drehte den Kopf und sah zu ihm hinunter. »Sina hat von Elisabeth berichtet. Davon, dass die zwei Mal bei ihr war.« Hanna schilderte das Gespräch zwischen den beiden früheren Freundinnen. Dass Elisabeth davon ausging, Felix sei tot. Sina zu überreden versucht hatte, das Dorf zu verlassen. Und ihr noch etwas erzählen wollte – wozu es aber nicht mehr gekommen war.
    Als der Trampelpfad auf einen breiteren Weg stieß, blieb sie stehen und wartete, bis Ehrlinspiel aufgeholt hatte. Zu dicht hatte er nicht hinter ihr gehen wollen. Sein Kopf dröhnte von Antons Schlag und dem Sturz. Zudem kroch die Erkältung Stunde um Stunde tiefer in seine Glieder, und auch seine Lungen brannten bei jedem Atemzug schmerzhaft.
    »Ich war heute bei den Sommers«, sagte sie.
    »Haben Sie noch mehr Geständnisse auf Lager?«
    »Das wird das letzte.«
    Wer’s glaubt, dachte er und ging weiter, Hanna neben sich. Von den Bäumen troff Feuchtigkeit. »Beichten Sie nur«, sagte er auffordernd.
    »Ich wollte zu Renate. Sie hat sich von Sina abgewendet, seit Johannes tot ist. Ich wollte verstehen, warum. Und sie bitten, Sina nicht im Stich zu lassen.«
    »Wie edel.« Er versuchte, ein Keuchen zu unterdrücken.
    Hanna warf ihm einen Blick zu, den er nicht deuten konnte. »Nur menschlich. Sie sehen doch, dass Frau Vogel am Rande eines Abgrunds steht.«
    »Fragt sich bloß, warum.«
    »Sie hat alle verloren, die ihr lieb waren. Sie hat keine Freunde mehr.«
    »Außer Ihnen«, stellte er fest. Er wollte die Diskussion nicht erneut lostreten. Brock war stur. Er war es auch.
    Hanna blieb stehen und sah ihn fest an. »Ich wollte, dass Renate weiterhin Sinas Freundin ist. Damit ich nicht ihre einzige Fürsprecherin bin … und Sie gegen mich aufbringe. Deswegen war ich beim Sommerhof.« Rasch ging sie weiter. »Dessen ungeachtet bin ich nach wie vor überzeugt, dass Sina mit den Morden nichts zu tun hat.«
    Perplex hielt Ehrlinspiel an. Hatte er richtig gehört? Sie wollte … Frieden mit ihm? War das ehrlich gemeint? Er eilte ihr hinterher, und für eine Zeit war nur das zähe Knirschen ihrer beider Schritte zu hören.
    Nach einigen Kehren mischte sich das gedämpfte Rauschen des Flusses darunter, und zwischen den dunklen Stämmen schimmerte im Tal das Wasser hindurch. Es hört sich kalt an, dachte Ehrlinspiel, obwohl ihm klar war, dass diese Assoziation alleine durch die diffuse Novemberstimmung hervorgerufen wurde, die metallgrünen Wolkenfetzen und die Luft, die feucht durch seine Kleidung drang.
    Die Windböen des Vormittags hatten sich gelegt, kein Rascheln war im Unterholz zu vernehmen, und Pflanzen und Tiere schienen sich zu einem langen Schlaf zurückgezogen zu haben. Es roch nach Rinde, Lehm und Verwandlung.
    Ich bin mit dieser Landschaft verbunden, dachte Ehrlinspiel. Ich liebe sie im klammen Nebel genauso wie im gleißenden Sonnenlicht. Beim Anblick eines Käfers, Sturm im Gesicht oder vom Duft einer prallen Sommerwiese kann mir das Herz aufgehen. Seiner Zwillingsschwester Finnja ging es ebenso, und wenn sie einmal wieder durch die Welt geradelt

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