Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
Vom Netzwerk:
Hätte er das verstanden?«
    »Bruno ist klug!«
    »Eins noch: Wissen Sie, wo Bruno am Mittwoch ab etwa zwanzig Uhr war?«
    Frieda Sommer sah dem Hauptkommissar ins Gesicht. »Lassen Sie ihn in Ruhe!« Diesmal war es keine Bitte.
    Ehrlinspiel stand auf. »Ich möchte nur ausschließen, dass er in Verdacht gerät.«
    »Er war bei Bertha. Und jetzt verschwinden Sie!«
    Als Ehrlinspiel das Notizbuch mit Berthas Adresse in die Tasche schob und wieder in seine Stiefel schlüpfte, sah er aus dem Augenwinkel, wie Hermann Sommer sich von den dunklen Treppenstufen löste. Der Abend der heimlichen Lauscher, dachte er und zog die Haustür von außen zu. Sofort schlug ihm eine nasse Windbö ins Gesicht. Keiner traut dem anderen, die Ehefrau nicht dem Ehemann, der Sohn nicht der Mutter, die Mutter wahrscheinlich überhaupt niemandem. Lauter gespaltene Zungen. Ein Schlangennest.

[home]
9
    E hrlinspiel stemmte sich gegen den windgepeitschten Regen. Unter einem Stelzendach außer Hörweite des Sommerhofs suchte er Schutz. Zweiundzwanzig Uhr vorbei. Ob es schon Obduktionsergebnisse gab? Er wählte Freitags Privatnummer.
    »Er starb wie gewünscht im Westfalenstadion.«
    »Signal-Iduna-Park«, korrigierte Ehrlinspiel. »Das Stadion wurde schon lange umgetauft.« Geistesabwesend betastete er das Profil des mannshohen Traktorrads.
    »Das musst du der Witwe sagen.«
    Freitag war offenbar gerade mit seiner Sammlung merkwürdiger Todesanzeigen beschäftigt. Ehrlinspiel musste zugeben, dass sie ein wunderbares Spiegelbild menschlichen Lebens waren. Oft verbanden sich darin tiefste Tragik und höchste Komik.
    Er sah Freitag vor sich, wie er auf der Couch seines Bungalows saß, das Mobilteil zwischen Kinn und Schulter geklemmt, den typisch spitzbübischen Zug um den Mund, auf dem flachen Tisch ein zerfledderter Zeitungsstapel und der Schuhkarton mit den ausgeschnittenen Inseraten, die er später einscannen und elektronisch archivieren würde, sortiert in die Kategorien
Makabres, Lyrisches, Enigmatisches, Beruf & Hobby
,
Hass & Zwist, Tiere
und
Selbstanzeigen
.
    »Manche Leute haben einen ziemlich schrägen Humor«, sagte er.
    »Oder einen Herzinfarkt, wenn Dortmund ein Heimspiel verliert.«
    »Immerhin ein Abtritt vor achtzigtausend Zuschauern.«
    »Ein Fan bis zuletzt.«
    Moritz Ehrlinspiel schüttelte den Kopf. Seinen eigenen Tod stellte er sich anders vor. Im Kreis von Familie und Freunden, zu Hause und still. Und mit der Gelegenheit, sich bewusst verabschieden zu können. »Sind die Katzen in Ordnung?«
    »Eitle Herren. Ausschließlich am Dosenöffner interessiert. Meine Streicheleinheiten und Elisabeths genauere Todesumstände haben sie geflissentlich ignoriert.«
    »Hat Larsson etwas herausgefunden?«
    »Dass seine Durchlaucht wie immer als Einziger Überstunden macht, für seinen selbstlosen Einsatz natürlich viel zu schlecht bezahlt und noch weniger geschätzt wird.«
    »Gibt’s auch was Neues?«
    Freitag, der bei der inneren Leichenschau dabei gewesen war, berichtete. Der Todeszeitpunkt ließ sich auf neunzehn bis einundzwanzig Uhr eingrenzen. Elisabeth war an den Folgen der Kopfverletzung gestorben: Der Schlag hatte Blutungen im Gehirn verursacht und zur Bewusstlosigkeit geführt. Diese hatte, wie jede Bewusstlosigkeit, Erbrechen verursacht, das Opfer hatte den Mageninhalt eingeatmet und war daran erstickt. Der Stein, den der Suchtrupp entdeckt hatte, war tatsächlich die Tatwaffe. Weil die Bäume die Spuren vor dem Regen geschützt hatten, klebten noch Blutreste und Haare daran. Hinweise auf eine Vergewaltigung oder andere körperliche Misshandlungen vor ihrem Tod fehlten, Fundort und Tatort waren identisch. Von dem Sohlenprofil hatte sich kein brauchbarer Abdruck rekonstruieren lassen. Und die Fasern aus dem umliegenden Gestrüpp stimmten mit denen überein, die die Kriminaltechniker von der Kleidung Hanna Brocks zum Vergleich mitgenommen hatten. Nichts Überraschendes. Ihr Baby wurde Elisabeth – was letztendlich aber Spekulation blieb – frühestens eineinhalb Stunden nach Todeseintritt aus dem Leib geschnitten. »Und zwar«, schloss Freitag, »mit einer Schere, zweischneidig, gebogene Klingen, zwölf Zentimeter lang. Möglicherweise eine Bypass-Gartenschere. Danach wurde der Leichnam nicht mehr bewegt.«
    »Was sagst du da? Eine Gartenschere?«
    »Ja. Eine, bei der die Klingen beim Schließen aneinander vorbeischneiden und nicht, wie bei den Amboss-Scheren, eine obere, scharfe auf eine untere, stumpfe Gegenklinge

Weitere Kostenlose Bücher