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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Vater von Felix?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Sie
wollen
es nicht sagen«, fuhr er sie an.
Bleib ruhig, Moritz!
    »Ich weiß es tatsächlich nicht.«
    Einen Moment standen sie sich gegenüber wie zwei Kobras, züngelnd, die Köpfe drohend zum Kampf erhoben.
    »Ich überlege mir bei einem Bier, ob ich das glauben soll«, sagte Ehrlinspiel. Oder bei einem Wein. Oder bei beidem!
    Er lief zur Treppe und dachte eben, dass die Hundestaffel und der Dreißig-Mann-Trupp noch immer nach Johannes suchten, als ein »Arroganter Fatzke!« hinter seinem Rücken erklang und Brocks Tür ins Schloss krachte.
     
    Dumme Kuh! Ehrlinspiel trank sein Pils in einem Zug halb aus und stellte das Glas hart auf den speckigen Tisch.
    Er saß am Fenster im vorderen Teil der Gaststube. Der verschrammte Stuhl mit dem runden Loch in der Lehne war in den letzten Tagen zu seinem Stammplatz geworden, von hier aus hatte er den gesamten Raum im Blick. Jetzt achtete er jedoch kaum auf die Gäste. Viel war ohnehin nicht los, die meisten hatten ihren Bierdurst beim Frühschoppen gestillt und waren inzwischen nach Hause gegangen. Ihm war’s recht. Die wenigen sollten ruhig die Köpfe zusammenstecken und tuscheln. Er wollte nur eins: in Ruhe nachdenken. Und sich vom Ärger über die Brock befreien. Fünfzehn Minuten Auszeit. Dann ginge er zum Suchtrupp zurück.
    Wenn es stimmte, was die Redakteurin ihm erzählt hatte, war Sina ihr Baby gestohlen worden. Acht Wochen danach war Elisabeth verschwunden. In dieser Zeit hatte sie sich – wie ihr Vater Joseph berichtet hatte – zurückgezogen und kaum noch gesprochen. Laut Sina waren sie keine Freundinnen mehr gewesen. Warum hatte Elisabeth ihre Freundin nach diesem furchtbaren Verlust im Stich gelassen? Joseph war überzeugt, der Tochter sei etwas zugestoßen, was sie zur Flucht veranlasst hatte. Viel eher aber war es doch Sina, der Schreckliches passiert war.
    In kleinen Schlucken trank Ehrlinspiel weiter.
    Im selben Jahr war außerdem Sinas Mutter gestorben. An »Dämonen«. Ehrlinspiel hörte die krächzende Stimme der alten Bertha.
Der Herr Stadtpolizist.
Er musste herausfinden, ob Hedwig Vogel krank gewesen war, vielleicht psychisch. Und das genaue Todesdatum in Erfahrung bringen. Monat und Tag.
    Er linste zu Anton Vogel hinüber. Der versoffene Witwer stierte zu ihm herüber, als habe er den Kommissar, den Fremden im Dorf, erst jetzt registriert. Sein Mund bewegte sich, als kaue er auf seiner obligatorischen Zigarette herum. Personifizierte Einsamkeit, dachte Ehrlinspiel.
    Jetzt, zehn Jahre nach diesen Ereignissen, wird Elisabeth ermordet. Ihr Baby – noch ungeboren – wird ebenfalls gestohlen. Bestand ein Zusammenhang?
    Ehrlinspiel schrieb
Sina
und
Johannes
auf seinen Notizblock und malte dicke Kreise darum. Zwei Hauptverdächtige. Dann notierte er mögliche Motive:
Eifersucht, unerwiderte Liebe
und
Jähzorn?
bei Johannes.
Geldgier
und
Rache Kind
bei Sina. Neben dem Geld sah er ein weiteres Mordmotiv Sinas in dem verlorenen Neugeborenen: Felix war verschwunden, und Elisabeth hatte ihre Freundin in den schwersten Stunden alleingelassen. Hatte Elisabeth Genaueres über Felix’ Verschwinden gewusst? War sie deshalb geflohen und hatte als Wiedergutmachung Sina ihr Geld vermacht? Später kehrt Elisabeth schwanger zurück, und Sina schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie ergreift die Chance auf das Geld, tötet ihre untreue Freundin und rächt sich außerdem – als Vergeltung für den eigenen Verlust –, indem sie ihr das Baby nimmt. Ähnlich, wie Johannes es symbolhaft getan haben könnte.
    Der Hauptkommissar lehnte sich zurück und rieb sich den Nacken. Und wenn doch der behinderte Bruno in der Sache drinhing?
    Er bestellte zwei Schinkenbrote.
    Vielleicht hatte Bruno ja Sina geholfen? Oder Johannes Beyer? Er musste noch einmal mit Bertha Weber reden. Bruno konnte einzig mit einem sicheren Alibi entlastet werden. Klassische Motivforschung würde sich im Nirwana verlieren. Brunos Denken und Handeln waren nicht nachvollziehbar. Tief in seinem Innern aber sträubte sich der Hauptkommissar dagegen, dass die kluge Vogelscheuche ein Mörder sein könnte. Er wollte es einfach nicht.
    Ein kühler Luftzug streifte Ehrlinspiel, als die Tür des Gasthauses aufging. Doktor Brandt kam herein, nickte ihm zu und setzte sich zu zwei Männern neben dem Ofen. Keiner griff ihn mehr offen an. Anton brabbelte unverständlich vor sich hin und gestikulierte mit einer Hand in der Luft, als wolle er einem

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