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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Rücken eincremte und ihm zusprach. Sie musste bescheuert gewesen sein.
    »Was haben Sie mit Ihrem Arm gemacht?«, fragte sie.
    »Mein Mannsein getestet«, antwortete er trocken und sah zur Zimmerdecke. Dann wandte er sich zu Hanna. »Sie sind clever.«
    »Frauen wollen nicht nur wegen ihres Scharfsinns bewundert werden.«
    »Können Sie eigentlich auch etwas ohne Hintergedanken hinnehmen? Einfach so? Clever sein bedeutet nicht, dass eine Frau unattraktiv ist.«
    Hanna klemmte ihre Hände zwischen die Oberschenkel. Sie wusste zu gut, dass sie dazu tendierte, stets alles haben zu wollen. Und das sofort. Lob für ihr Aussehen. Ihren hippen Freundeskreis. Anerkennung für ihre Reportagen. In den letzten Jahren hatte sie die auch bekommen. Aber jetzt …
    Sie sah zu Ehrlinspiel. Stumm beobachtete der sie. Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm. »Entschuldigung. Ich bin manchmal … ein bisschen … kompliziert.«
    Der Hauptkommissar richtete sich auf, und Hanna zog rasch die Hand weg. »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte er.
    »Erziehung? Einflüsse der Gesellschaft? Genetische Veranlagung?« Sie hob die Augenbrauen.
    Ehrlinspiel lachte. »Ich meinte das mit Sina. Wie haben Sie sie zum Reden gebracht? Wo wir doch gerade beim Thema Frauen sind.«
    »Ich habe sie nicht verdächtigt.«
    »Aha. Ist das alles?«
    »Ich habe mich neben sie gesetzt. Mich nicht über sie gestellt.«
    »Und prompt sind ihre Worte gesprudelt.« Er verzog den Mund. Ironie? Oder nur Humor?
    Er musste sie für ziemlich berechnend halten. »Wenn die Beute nicht freiwillig aus dem Bau kriecht, muss man sie locken.«
    »Und was war der Köder?«
    »Eine winzige Vertraulichkeit über mich. Dann habe ich sie reden lassen. In ihrem Tempo, mit ihren Gefühlen. Keine Fragen gestellt.«
    »Das perfekte Interview. Und natürlich völlig uneigennützig.«
    Hanna schlug ein Bein unter und sah den Hauptkommissar direkt an. »Können
Sie
eigentlich etwas glauben, ohne dem anderen Hintergedanken zu unterstellen?«
    »Wenn mein Gegenüber nicht bei der Presse ist.«
    Hanna spannte die Schultern an. Die Sache mit dem Walross saß wie ein Stachel in ihrer Brust. Aber sie würde es schon schaffen. Durchkommen. Sie hatte immer alles geschafft.
    Sie spürte Ehrlinspiels warme Hand auf ihrer.
    »Ich bin ein Idiot«, sagte er. »Ich dachte grade nicht an Ihren verlorenen Job.«
    »Ein arroganter Fatzke.«
    »Oh, danke, da geht’s mir doch gleich viel besser.«
    Plötzlich prusteten beide los.
    »Vielleicht sollten Sie mich bei der nächsten Vernehmung begleiten«, meinte er kurze Zeit später. »Als Herrin der menschlichen Psyche.«
    Hanna wiegte mit gespielter Skepsis den Kopf und kniff die Lippen zusammen. »Antons Schlag scheint doch sehr hart gewesen zu sein. Stellen Sie sich das mal vor: Eine Pressetusse quatscht vor Ihren Augen mit dem Beschuldigten …«
    »Ich habe schon Schmerzhafteres überlebt.«
    Sie wurde ernst. »Tut mir leid mit dem Fatzke.«
    Ehrlinspiel nickte. »Akzeptiert.«
    Eine Pause entstand.
    »Ein Unfall?«, fragte Hanna dann und deutete auf seinen Arm.
    Sofort nahm er seine Hand zurück, und die Züge um sein Kinn verhärteten sich. »Ich bin nicht Sina. Für mich brauchen Sie einen besseren Köder.«
    Eine verletzte Seele, dachte sie. »Schon gut. Ich werde nicht mehr fragen. Aber lassen Sie uns keine neuen Fronten aufbauen. Die gibt es hier im Dorf schon zur Genüge.«
    Ehrlinspiel starrte sie an. Kein Muskel regte sich in seinem Gesicht. Dann stand er auf, riss einen Pullover aus dem Spind und zog das fleckige T-Shirt aus. Er stand direkt vor dem Fenster, vor der schwarzen Nacht, durch die nicht einmal der kleinste Stern ein Funkeln zu schicken vermochte.
    Hannas Blick glitt über seine Schultern. Seine Brust. Den schlanken Oberkörper. Dann hatte er den frischen Pullover an. Sah zu ihr.
    Keiner sagte ein Wort. Hanna überlegte, ob sie die Stille durchbrechen sollte. Doch mit welchen Worten? Einer weiteren Entschuldigung? Sollte sie die Frage nach dem Unfall zurücknehmen? Aber wie hätte sie eine solche Reaktion auch ahnen können? Sie fühlte sich beengt in dem Zimmer, allein mit dem fremden Mann. Das Muster von Ehrlinspiels Pullover schien mit einem Mal zu wachsen, sie sah jede einzelne Masche wie durch eine Lupe.
    Seine Bewegung riss sie aus der Illusion. Ehrlinspiel fuhr sich durch die Haare, kam an die Kompresse und zuckte mit dem Mund.
    Gern hätte sie jetzt etwas Nettes gesagt, doch sein abweisendes Verhalten hatte sie

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