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Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Schweig still, mein Kind / Kriminalroman

Titel: Schweig still, mein Kind / Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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nach elf Uhr verlassen. Falls die kluge Vogelscheuche Johannes getötet hatte, wäre ihr dazu eine knappe Stunde geblieben. Doch wo lag das Motiv? Und wäre Bruno dann auch der Mörder von Elisabeth? Trotz Alibi durch Bertha Weber?
    »Später«, sagte er.

[home]
22
    D er Herr Stadtpolizist.«
    »Darf ich hereinkommen?« Ehrlinspiels Blick blieb an Bertha Webers Blümchenschürze haften. Er hatte mehrmals geklingelt und beinahe fünf Minuten gewartet, bis sie zur Tür gekommen war.
    Berthas Häuschen lag direkt am Waldrand. Der nächste Hof war der von Johannes und Margarete Beyer, und wie bei diesem schlängelte sich ein kurzer Feldweg vom Schwarzengrund bis zum Grundstück. Traktorenspuren gab es hier schon lange nicht mehr. Nur noch Pfützen. Und an diesem Montagmorgen waren Ehrlinspiels Fußabdrücke die einzigen, die von einem Besucher zeugten. An dem abgebröckelten Putz des Hauses wucherte Efeu, daran lehnte das alte Herrenfahrrad.
    Die Schürze Berthas musste einmal tiefgrün gewesen sein. Jetzt war sie blass, und sogar die Blümchen schienen gealtert zu sein.
    Die Alte führte ihn in eine kleine Küche. Sie war tapeziert mit Fotos. Alle zeigten denselben Mann in verschiedenen Altersstufen. Egon. Berthas große Liebe und bis heute lebendiger Gesprächspartner. Die Tapete hinter den Fotos war vergilbt und die Schränke von einer speckigen Schicht überzogen. Ein fusseliger Lampenschirm drohte sich in seine Bestandteile aufzulösen. Auf dem Herd blubberte ein zerbeulter Teekessel vor sich hin.
    Ehrlinspiel setzte sich auf eine Eckbank. Sie knarrte. Auf dem Tisch lagen inmitten von Brotkrümeln und gelblichen Flecken ein Rätselheft und eine große Lupe. Ein Fest für Frieda, dachte der Hauptkommissar. Hier könnte sie schrubben, bis dass der Tod sie vom Putzeimer scheiden würde. Er versuchte, so wenig wie möglich zu berühren.
    Bertha Weber setzte sich zu ihm. Ihr schwerer, strenger Geruch mischte sich mit einem Hauch Bratfett, und Ehrlinspiel fühlte sich an einen Schrank voller ungewaschener Kleider erinnert. Alte Menschen änderten ihre Ausdünstung, das hatte ihm vor Jahren die Altenpflegerin seiner Großmutter erklärt. Sie produzierten weniger Talg- und Schweißdrüsen, und die Keime waren andere. Und weil oft auch die Nierenfunktion beeinträchtigt war – zumal, wenn die Alten zu wenig tranken –, entgiftete der Körper vieles über die Haut statt über den Harn. Und das roch. »Die Bakterien siedeln auf der Haut«, hatte die Pflegerin geschmunzelt, »und feiern dort eine Party mit dem Schweiß.« Ehrlinspiel war übel geworden. Das hatten auch ihre himmelblauen Augen nicht verhindern können.
    »Ich mache Ihnen einen Tee«, sagte Bertha.
    Viel trinken, dachte er. »Ich habe nur wenig Zeit.«
    »Papperlapapp. Sie sind krank, und Sie haben sich geprügelt. Und Sie sind nicht warm genug angezogen.« Das Auge glitt zur Wand. »Nicht wahr, Egon?«
    »Ich möchte noch einmal über Bruno mit Ihnen reden.«
    »Salbei mit Honig ist Balsam für die Bronchien. Ein bisschen überbrühten Ingwer dazu. Das bringt Sie hoppla hopp auf die Beine, junger Mann.«
    »Es ist nur eine kleine Erkältung.«
    »Gewiss«, sagte sie in krächzendem Tonfall, der verriet, dass sie ihm kein Wort glaubte.
    »Frau Weber, bitte versuchen Sie, sich genau zu erinnern. War Bruno am Mittwochabend tatsächlich von sechs bis zwölf bei Ihnen?«
    »Sicher.« Die knotigen Hände wischten ein paar Krümel vom Tisch auf den Boden. »Bruno ist jeden Mittwoch hier.« Sie blickte den Hauptkommissar misstrauisch an. »Was ist mit ihm?«
    »Und Sie waren pausenlos mit ihm zusammen? Sind nicht einmal in ein anderes Zimmer gegangen oder nach draußen?«
    »Ich bin zwar alt, aber nicht verkalkt.«
    Der Teekessel brodelte lauter.
    »Natürlich nicht. Aber selbst ich vergesse oft Dinge.«
    »Was ist mit Bruno?« Ihre Augen wurden klein.
    »Waren Sie heute schon im Dorf? Oder auf dem Friedhof?«
    »Der Herr Stadtpolizist.« Sie wackelte mit dem Kopf.
    Ehrlinspiel wusste nicht, was an der Frage so ungewöhnlich war. Wahrscheinlich fiel sie gerade wieder in ihren Dämmerzustand. Er musste unbedingt vorher herausfinden, ob Brunos Alibi nicht doch eine Lücke aufwies. Dann würde Bruno vermutlich auch mit Johannes Beyers Tod etwas zu tun haben.
    Bertha fuhr fort: »Immer mit einer Gegenfrage zur Hand. Gehört das zu Ihrem Beruf?«
    Ehrlinspiel war überrascht. Sie sprach aus, was bei den meisten Menschen zum gewünschten Ergebnis führte: dass er

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