Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Bitte«, sagte sie, als Jessalyn abnahm.
»Erst lässt du deine Familie sitzen, und jetzt soll ich dir einen Gefallen tun? Du bist wirklich ganz dein Vater.«
Das war harsch. Aber vielleicht verdient. Jetzt gerade hatte Caitlyn allerdings keine Zeit, über ihre dysfunktionale Mutter-Tochter-Beziehung nachzudenken »Können Paul und ein paar Freunde von mir bei dir unterkommen? Nur für eine Weile?«
»Warum nehmen sie sich nicht ein Zimmer im Hotel? Ich bin mir sicher, dass Jimmy …«
»Darum geht es ja. Niemand darf wissen, dass sie dort sind. Nicht einmal Jimmy.«
Eine längere Stille entspann sich. Was sich umso befremdlicher ausnahm, da sie genau in diesem Moment am
VistaView
vorbeifuhren. Caitlyn war versucht, Paul einfach abzusetzen, hatte Goose jedoch schon viel zu lange aufgehalten, außerdem musste sie Lena und Bernie in Sicherheit bringen.
»Worum geht es hier, Caitlyn?«
»Um ein paar Menschen, die einen sicheren Ort brauchen, an dem sie bleiben können. Nur für eine Stunde oder so.« Bis sie sicher war, dass Goose keine Hilfe von ihr benötigte. »Dann bist du sie wieder los.« Wenn sie der Polizei hier vor Ort trauen könnten oder es ein FBI -Büro in der Nähe und nicht erst in Asheville gäbe, wäre alles viel einfacher. Aber so, wie die Dinge standen, konnte die Tarnung von Goose jederzeit auffliegen, was ihn das Leben kosten würde.
Der Subaru wurde von einem starken Windstoß durchgerüttelt. Trotzdem konnte sie Jessalyn seufzen hören. »Einverstanden.«
»Danke. Wir werden bald bei dir sein.« Als sie auflegte, waren sie gerade an der Abzweigung angekommen, die zur Teddy-Roosevelt-Lodge führte.
»Wo fahren wir hin?«, wollte Paul wissen, während sie die schmale, gewundene Straße hinaufschoss. »Worum geht es hier überhaupt? Ich werde auf gar keinen Fall bei deiner Mutter wohnen. Und wer sind diese Freunde?«
»Die eine ist Lena Hale.« Eine Tatsache, die sie ihrer Mutter wohlweislich verschwiegen hatte.
»Du hast sie gefunden? Caitlyn, das ist großartig!«
»Vielleicht. Es sind einige üble Typen hinter ihr her. Du müsstest auf sie aufpassen, während ich mich darum kümmere.«
»Nicht alleine. Du wirst doch die Polizei alarmieren, oder etwa nicht?«
Das hing davon ab, ob sie einen Weg fand, wie sie den Sheriff einbinden konnte, ohne Goose auffliegen zu lassen. Niemandem vertrauen, alles infrage stellen – nur so blieb ein verdeckter Ermittler am Leben. Goose hatte sie aus gutem Grund nicht gleich eingeweiht.
»Ja, natürlich«, sagte sie. »Sobald ich euch alle in Sicherheit gebracht habe.«
Diese Lüge stellte ihn bis zur Lodge ruhig. Nur in einer der Hütten brannte überhaupt Licht, deswegen hatten sie keinerlei Schwierigkeiten, die anderen zu finden. Als Caitlyn den Wagen neben dem Haus abstellte, kam Goose mit gezückter Neunmillimeter nach draußen. Er ließ sie erst wieder sinken, als er Caitlyn aussteigen sah.
»Planänderung«, sagte er ihr. »Wir haben da ein Problem.«
34
»Was ist los?«, fragte Caitlyn, während sie Paul schnell in die kleine Hütte befördert.
»Bernie geht es schlecht. Sehr schlecht. Er braucht einen Arzt.«
»Paul, siehst du bitte mal nach ihm, ja?« Paul starrte Goose an, dann schaute er an dem Rocker vorbei zu Bernie. Caitlyn folgte seinem Blick; der Junge sah wirklich nicht gut aus. Eher todkrank.
»Welche Symptome gibt es?«, fragte Paul und ging neben Bernies Bett auf ein Knie nieder, um ihm den Puls zu fühlen.
Lena kam aus dem hinteren Zimmer, sie hielt einen Schimpansen an der Hand. Caitlyn erkannte das Mädchen vom Foto her – der Schimpanse hingegen war ihr neu. »Was zum Teufel?«
»Die ganze Sache ist ein wenig komplizierter als wir dachten«, sagte Goose ironisch.
»Ach was.« Für Wiedersehensfreude blieb keine Zeit, selbst wenn es sich um die lang verschollene kleine Schwester der ehemals besten Freundin handelte. Sie winkte Goose nach draußen auf die Veranda. »Ich will alles hören.«
»Weil jemand seine Schulden nicht begleichen konnte, haben die Reaper ihm einen ganzen Haufen exotischer Tiere abgejagt und wollten sie für Schießübungen hernehmen. Bernie konnte das nicht ertragen, also hat er sie den Reapern geklaut und hier raufgeschafft. Es gibt noch drei weitere Schimpansen und einen ausgebüxten Leoparden, einen Löwen in der Hütte da drüben, ein Faultier und noch irgendetwas anderes Affenartiges in der Hütte daneben …«
»Moment. Ein
ausgebüxter
Leopard?«
Er zog eine Achsel hoch. »Hab doch
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