Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
sich überhaupt erst ausdenken musste. Ihr kam der große fensterlose begehbare Kleiderschrank in den Sinn, in dem Bernie seine Comics aufbewahrte. »Lena, räum den Schrank aus, so gut es geht. Und nimm auch die Kleiderstange raus.«
Nur wenige Minuten später lag Poppy an Händen und Füßen gefesselt auf dem Boden des Schranks, außerdem hatte Caitlyn ihm sämtliche Waffen oder alles, was er als Waffe gebrauchen könnte, abgenommen. Sie hockte sich mit der Glock in der Hand vor ihn hin und ging die Nummern in seinem Satellitentelefon durch. »Ich wette, da sind so einige Anrufe bei meinem Onkel Jimmy gespeichert.«
Er lächelte – ein Lächeln, das selbst eine Klapperschlange in die Flucht schlagen würde. »Selbstverständlich, er ist ein Freund. Wir plaudern sehr oft.«
Ihr Verdacht wurde so bestätigt. Sie war so traurig und enttäuscht von ihrem Onkel, dass sie mit einem Mal ganz ruhig wurde. Caitlyn schob alle Gefühle beiseite und konzentrierte sich wieder darauf, sie alle lebend von hier wegzubekommen.
»Ja, das wette ich. Ihr habt bestimmt viel zu besprechen. Den Mord an einem Stammesältesten zum Beispiel, um den Widerstand gegen das Kasino zu beseitigen. Und wie man dann das Ganze einem unschuldigen Mann anhängt, der dafür ins Gefängnis geht. Und sechsundzwanzig Jahre später muss man seine Hinrichtung anordnen, weil er auspacken will. Oder man plaudert über die beste Art, die eigene Nichte aus dem Weg zu räumen. Jede Menge Gesprächsstoff. Ach ja, nicht zu vergessen den Grund für all das: die Geldwäsche.«
Er verdrehte die Augen und lachte leise in sich hinein. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie sprechen.«
»Na sicher wissen Sie das. Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist der Teil mit Lena und dem alten Abkommen. Das ergibt alles einfach keinen Sinn. Sie hatten Hale doch bereits in der Hand – weshalb ihn jetzt ermorden und alles durcheinanderbringen?«
Er zuckte mit den Achseln. »Caitlyn, Sie leiden unter Wahnvorstellungen. Das ist krankhaft. Lassen Sie mich gehen, dann können wir Ihnen die offenbar dringend notwendige Hilfe besorgen. Eine FBI -Agentin, die sich gerade erst von einer Gehirnoperation erholt hat und unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, nachdem sie einen Menschen getötet hat – und jetzt auch noch eine Geiselnahme? Das sieht nicht gut aus.«
Aha … und mit einem Mal hatte sie auch das letzte Puzzleteilchen für ihren Plan. »Da haben Sie recht. Danke, Poppy.«
Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu und ging wieder in den Wohnbereich. Lena half Bernie gerade dabei, sich aufzurichten, damit er ein weiteres Glas Gatorade trinken konnte. Gott, wie ähnlich sie ihrer älteren Schwester Vonnie war. Und Caitlyn würde ihr erklären müssen, dass ihr Vater tot war. Manchmal war das Leben echt scheiße.
Bernies Gesichtsfarbe sah inzwischen etwas besser aus, aber das musste nicht viel heißen. Der Schimpanse war ebenfalls wieder aufgetaucht. »Wo kommt der eigentlich wieder her?«
»Dieser Mann, er hat mich gezwungen, sie im Bad einzuschließen«, sagte Lena und tätschelte den Affen mit der freien Hand. »Arme Smokey. Ja, bist ein gutes Mädchen.« Die Schimpansin blickte zu ihr auf. »Smokey hat beide gebissen, bevor die uns hier reingebracht haben. Sie hätten sie sehen sollen.«
»Vielleicht sollte ich Smokey zu Poppy in den Schrank stecken, damit sie ihn bewacht.«
Der Affe bleckte die Zähne, und Caitlyn fand die Idee mit einem Mal gar nicht mehr so gut – jedenfalls nicht, wenn Poppy weiterleben sollte. Und sie brauchte ihn lebendig, vorerst zumindest.
Paul lief vor dem Fenster auf und ab, blieb nur zwischendurch immer wieder stehen, um durch einen Spalt in den Vorhängen nach draußen zu spähen. Die Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Was sollen wir bloß tun? Die werden uns niemals lebend hier rauslassen. Nach dieser Sache schon gar nicht.«
Er klang nicht so, als wisse er Caitlyns Bemühungen zu schätzen.
»Entspann dich. Sie werden Poppy keinerlei Risiko aussetzen.«
»Wie kannst du da sicher sein? Das ist ein Haufen Wahnsinniger. Die achten weder das Gesetz noch einander.«
»Da täuschst du dich. Poppy respektieren sie. Er ist nicht nur ihr Anführer, er ist wie ihr Vater.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf.
»Vertrau mir einfach.«
»Ja, das hat dein Rockerfreund auch gesagt. Kurz bevor er davongerannt ist und uns zurückgelassen hat, um seine eigene Haut zu retten.«
Also war Goose wohlauf. Sie war unendlich
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