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Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Titel: Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Anjas Fahrer tat es ihm gleich. Eine Welle der Erleichterung durchlief sie. Alles war nur Einbildung. Ein Strafzettel war ihr sicher. Und sie hatte erst einmal keinen Wagen mehr. Aber das war alles. Sie richtete sich ein wenig auf, um ihre schmerzenden Handgelenke in eine angenehmere Position zu bringen. Von hier aus waren es nur noch fünf Kilometer bis Waldmünchen. Gleich wäre dieser Alptraum vorüber. Das erste Mal, seit sie in dieser Gegend war, sehnte sie sich nach ihrem Zimmer im Haus von Frau Anhuber. Und morgen. Was sollte sie morgen tun? Aber sie wollte jetzt nicht über morgen nachdenken. Nur raus aus diesem Polizeiauto. Weg von diesen widerlichen Beamten!
    Auf einmal setzte der Wagen vor ihr erneut den Blinker nach links und bog auf eine Nebenstraße ab. Anja erstarrte. Noch bevor sie recht begriff, was vor sich ging, passierten sie ein Richtungsschild, das sie im Vorbeifahren gerade noch entziffern konnte.
    Lisková 4 km stand darauf.
    Lisková.
    Das lag bereits in Tschechien.

55
    S ie hat was? «
    »Du hast richtig gehört. Eine Schachtel mit Zahngold oder so etwas. In ihrem Rucksack. Außerdem alte Zeitungsausschnitte und jede Menge Papiere mit Notizen. Namen. Zahlen. Alles Mögliche. Wahrscheinlich von ihrem Besuch bei Skrowka. Wenn das eine Forststudentin ist, fresse ich einen Besen. Eher Journalistin. Oder noch schlimmer.«
    Dallmann blickte erschlagen auf sein Armaturenbrett und wusste nicht mehr, was er tun sollte. Es war also genau so, wie er gedacht hatte. Nein. Es war schlimmer. Heinbichlers mahnende Bemerkung von ihrem ersten Treffen kam ihm in den Sinn. Die kann den Wald lesen wie keiner von uns. Die Meldung des Beamten, der sie im Haingries observiert hatte, war ja schon fast unheimlich gewesen. Verfügte diese Frau über einen sechsten Sinn? Oder hatte sie Informationen, von denen sie nichts wussten? Wie um alles in der Welt konnte sie sehen, wo das verfluchte Zeug hingekarrt worden war? Das war doch nicht normal! Arbeitete sie möglicherweise nicht alleine? War sie vielleicht sogar im Auftrag einer Organisation hier? Oder hatte Skrowka Informationen gehabt, die sie auf diese Spur gebracht hatten? Aber das war undenkbar. Skrowka hätte doch schon längst Steine im Greiner Bühl umgedreht, wenn er auch nur den leisesten Verdacht gehabt hätte, dass dort etwas liegt, das ihm und seiner Gedenkstätte nutzen konnte. Was jetzt? Und um die Katastrophe komplett zu machen, war Lukas Gollas auch noch im Haingries aufgetaucht. Immerhin hatten sie gestritten. Und dann war er offenbar wütend weggefahren. Aber half ihm das jetzt noch? Sie hatte ihm bestimmt erzählt, was sie wusste oder vermutete. Die Sache lief völlig aus dem Ruder.
    »Außerdem gab es gerade ein kleines Problem.«
    »So?«
    »Ein junger Mann ist vorbeigekommen und hat Ärger gemacht. Kannte die Frau offenbar und wollte sie mitnehmen. Die hat dann auch noch rumgezickt, und wir mussten sie fixieren.«
    Dallmann schüttelte resigniert den Kopf. »Habt ihr einen Namen? Oder ein Kennzeichen?«
    »Sie hat ihn Lukas genannt. Kennzeichen haben wir auch. Brauchst du’s?«
    »Nein. Ich weiß auch so, wer das ist. Erzähl mir genau, was passiert ist.«
    Während er lauschte, rasten seine Gedanken, sein Herz klopfte. Konrad Dallmann hatte das Gefühl, kurz vor einem gähnenden Abgrund zu stehen. »Wo genau seid ihr jetzt?«
    »Vor dem Abzweig nach Waldmünchen.«
    »Hör zu. Ich hole sie ab. Nehmt die kleine Straße Richtung Lisková und wartet dort auf mich.«
    »Okay. Wie du meinst.«
    Er drückte das Gespräch weg, startete den Wagen und fuhr los. Welche Optionen blieben ihm jetzt noch? Wegen Hausfriedensbruch konnte er sie nicht lange festhalten. Aber er konnte ihr drohen, ihr Angst einjagen. Er würde auf Grossreither Druck ausüben. Er brauchte ja nur zwei oder drei Tage Ruhe vor ihr, um alle Spuren zu beseitigen. Jetzt musste es wirklich schnell gehen.

56
    K aum waren die beiden Polizeiwagen vorüber, heftete sich Lukas an ihre Fersen. Er fuhr ohne Licht, die Rücklichter der Polizeiautos waren für die Orientierung ausreichend.
    »Wo bist du?«, sprach er in sein Handy.
    »Kurz hinter Rehberg«, antwortete Rupert. »Sag mir noch mal genau, wie das abgelaufen ist.«
    Lukas schilderte die Vorgänge der letzten Stunden. Ruperts Stimme war ruhig, als er antwortete, aber Lukas kannte seinen Bruder. Er kochte vor Wut.
    »Du bist ein Vollidiot, Lukas.«
    »Ich? Wieso?«
    »Die ganze letzte Nacht stand ein Wagen mit Bullen aus Weiden vor

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