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Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Titel: Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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deinem Haus. Dallmann ist hinter ihr her.«
    »Und das sagst du mir jetzt?«
    »Du Arschloch gehst ja nicht ans Telefon, sonst wüsstest du es schon seit heute Mittag.«
    »Aber … was will er denn von ihr?«
    »Was er will? Das fragen wir ihn, wenn wir Anja vor ihm in Sicherheit gebracht haben.«
    »In Sicherheit? Er will ihr etwas antun?«
    Rupert schwieg einen Moment lang. »Ich sehe nur zwei Möglichkeiten, das herauszufinden. Warten oder handeln.«
    »Handeln! Aber wie?«
    »Sind sie noch vor dir?«
    »Ja. Sie halten gerade wieder.«
    Lukas bremste und fuhr an die Seite. Geschätzte zweihundert Meter vor ihm standen die beiden Polizeiwagen am Straßenrand. Der hintere Wagen hatte sein Warnblinklicht eingeschaltet.
    »Was tun sie?«, wollte Rupert wissen.
    »Woher soll ich das wissen, verdammt noch mal? Wo bist du jetzt?«
    »Ich stehe an der Abzweigung nach Waldmünchen.«
    Lukas starrte angsterfüllt die Straße hinab. Was geschah dort?
    »Rupert«, sagte er mit belegter Stimme.
    »Ja.«
    »Anja behauptet, im Haingries habe es ein Massengrab gegeben. Sie glaubt, dass ihr Vater das Grab entdeckt hat und er deshalb umgebracht wurde.«
    Rupert erwiderte nichts.
    »Rupert.«
    »Ja verdammt. Ich weiß.«
    Lukas glaubte, sich verhört zu haben. »Du weißt? WAS weißt du?«
    »Hier lügen doch alle wie gedruckt, Lukas. Mutter hat es mir heute gesagt. Heute Mittag. Das ganze Dorf hat damals mitgemacht.«
    Die Brüder schwiegen. Lukas spürte Panik in sich aufsteigen. »Sie … sie hat mir heute im Wald alles Mögliche gezeigt«, stammelte er. »Bodenstörungen und irgendwelche Pflanzen, die angeblich auf jede Menge Abraum vom Haingries hinweisen. Außerdem hat sie im Leybachhof Zahngold gefunden. Und sie behauptet, Anna wäre gar nicht Anna, sondern jemand anderes …«
    »Hör auf, Lukas. Diesen ganzen Schweinestall misten wir später aus. Was ist mit Anja? Was geschieht gerade?«
    »Sie stehen noch. Nein, jetzt fahren sie wieder los.«
    »Ja, ich sehe ihre Scheinwerfer. Ich parke meinen Wagen auf einem Feldweg und gehe zu Fuß zur Kreuzung. Wenn du vorbeikommst, sammelst du mich auf.«
    Lukas folgte den vier roten Rücklichtern. Nach einer kurzen Strecke bremsten die Wagen, blinkten nach links und bogen ab. Lukas beschleunigte, noch immer ohne Licht, und fuhr, so schnell er konnte, zu der Kreuzung vor. Kaum angekommen, erhob sich ein Schatten aus dem Graben rechts von ihm. Die Beifahrertür öffnete sich, und Rupert glitt in den Wagen. »Los, fahr. Sonst verlieren wir sie noch.«
    Lukas raste los und schloss bis auf etwa zweihundert Meter Abstand zu ihnen auf. Benzingeruch erfüllte den Wagen.
    »Wonach riechst du denn?«, fragte Lukas irritiert. »Schau. Sie fahren nach Waldmünchen. Sie bringen sie nach Hause.«
    »Das wäre für alle das Beste«, brummte Rupert drohend.
    »Ich habe dich gefragt, warum du so nach Benzin stinkst.«
    Rupert antwortete nicht, sondern deutete stumm auf die Polizeiwagen vor ihnen. Lukas vergaß seine Frage und beobachtete mit aufgerissenen Augen, was sich vor ihnen abspielte. Die Wagen bogen in den Wald ab.
    »Was … was soll das?«, entfuhr es Lukas. »Wo fahren sie denn jetzt hin?«
    »Sicher nicht nach Tschechien«, antwortete Rupert düster. »Schnell! Hinterher!«
    Lukas brachte kein Wort mehr heraus. Er beschleunigte, bremste scharf und bog auf die schmale Nebenstraße ein, die schon nach wenigen Metern auf beiden Seiten von dichtem Nadelwald umgeben war. Lukas kannte die Straße nicht. Rupert offenbar schon.
    »Kurz vor der Grenze gibt es noch eine kleine Abzweigung«, sagte er. »Eine schmale Straße führt von da wieder nach Waldmünchen zurück. Aber einen vernünftigen Grund, diesen Umweg zu fahren, wenn man nach Waldmünchen will, gibt es nicht.«
    Lukas’ Hände waren schweißnass. Er bemerkte, dass sein Bruder sich vorbeugte und mit irgendetwas zwischen seinen Beinen hantierte. Es klirrte.
    »Da. Sie halten. Fahr näher ran«, sagte Rupert.
    »Was hast du vor?«
    »Diese Gangster. Stopp!«, zischte Rupert.
    Etwa dreißig Meter vor ihnen standen die Polizeiwagen mit laufenden Motoren und hell erleuchteten Schweinwerfern auf der einsamen Straße.
    »Dreh den Wagen um und warte auf mich!«, zischte Rupert erneut.
    Lukas war wie gelähmt vor Angst. Aber er nickte. Rupert öffnete die Tür. In ihrer direkten Umgebung war es stockfinster. Nur die Rücklichter und Scheinwerfer der Polizeiwagen vor ihnen strahlten aus der Nachtschwärze hervor. Motorengeräusch erfüllte

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