Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
anderen Mitglieder eingefangen werden. Nikolaus kannte jetzt die Hauptverantwortlichen.
Er eilte den Gang entlang und die Treppe hinauf. Er musste zu Meuren und ihm beibringen, dass einige Familien aus den besseren Kreisen Triers heute ihre Söhne verlieren würden. Hoffentlich würde sich der Dompropst nicht wieder so bockig anstellen. Nikolaus schlug sich vor die Stirn. Na, klar! Jetzt wusste er auch, warum Rudolf Schauf Adam Grimbach den Tod des alten Zimmermannsmeisters unterschieben wollte! Die Ratsherrensöhne hatten tatsächlich Streit mit Herrmann Albrecht gehabt, und die verschwundenen drei Burschen waren die Mörder. Er konnte seine Freude kaum beherrschen. Am liebsten hätte er seine Entdeckung laut hinausgeschrien.
Im Laufschritt eilte er zum Haus der Domherren hinüber.
Festnahmen
Nikolaus fand den Dompropst erst nach längerem Suchen. Er brütete zusammen mit einem anderen Domherrn über endlosen Listen von Abgaben. Sie diskutierten gerade, wie man noch mehr Gelder aus der Bewirtschaftung einer Mühle herausholen konnte. Im letzten Jahr waren die Einnahmen gesunken. Das durfte sich in Zukunft nicht wiederholen. Der junge Jurist klopfte vorsichtig an die offen stehende Tür.
Sofort blickte Meuren auf. »Was wollt Ihr? Seht Ihr denn nicht, dass ich beschäftigt bin?«
»Bitte verzeiht die Störung, Euer Gnaden. Ich weiß jetzt, wer alles zu der Bande der Erpresser gehört.«
»Lasst mich mit solchen Kleinigkeiten in Ruhe. Das soll der Stadtrat selbst lösen. Ich bin doch nicht das Kindermädchen für diese Versager.«
»Rudolf Schauf hat mir verraten, wer seine Freunde sind.«
»Was?«, schrie Meuren laut, sodass der Geistliche neben ihm erschrocken zusammenzuckte. Wütend sprang er auf. »Wie könnt Ihr es wagen, ohne meine Erlaubnis mit dem Gefangenen des Kurfürsten zu reden?« Mit drohend erhobenem Zeigefinger kam er auf Nikolaus zu. »Das werde ich dem ...« Er hielt plötzlich inne, blinzelte ein paarmal und fragte dann viel leiser. »Was hat Euch der Kerl verraten?«
»Wer mit ihm die Händler erpresst hat.«
Der Dompropst war sichtlich überrascht. »Wieso hat er mir das nicht gesagt?«
Nikolaus lächelte. Es war ihm eine ungeheure Befriedigung, diesen aufgeblasenen Wichtigtuer vorzuführen. »Ich weiß seit gestern, mit wem Schauf befreundet ist. Und als ich heute den Namen des Gefangenen erfuhr, habe ich ihn damit konfrontiert. Seine Reaktion sagte mir, dass ich richtig lag.«
»Ja, und? Wer sind diese sogenannten Freunde?«
»Konstantin und Crispus Junk, die Söhne des Theodor Junk, dann Thomas und Heinrich von Buschfeld, die Söhne von Philipp von Buschfeld, sowie Peter Kirn, der Sohn von Walther Kirn.«
Simeon von Meuren war wie vom Schlag getroffen. Seine linke Hand lag auf seinem Mund, während er mit der rechten nach Halt suchte. Nachdem er ein, zwei Schritte rückwärts gewichen war, lehnte er sich gegen den Tisch mit den Listen. Nach einer schier endlosen Zeit murmelte er: »Also auch Junks Blagen.« Er verzog sein Gesicht zu einem gehässigen Lächeln. »Das gibt bestimmt Unruhe in der Stadt. Das sind alles Söhne von Schöffen und Zunftmeistern. Dem Stadtrat wird das nicht gefallen. Er wird bestimmt wieder behaupten, das fiele in seine Gerichtsbarkeit.«
»Vergesst bitte nicht, dass Sebastian Vierland offensichtlich von einem oder mehreren aus dieser Truppe ermordet wurde, weil er im Begriff stand, sie zu verraten.«
»Jaja, schon ...«
»Mord fällt bestimmt nicht in die Gerichtsbarkeit des Rates.«
Der Dompropst atmete tief durch. »Das stimmt. Aber mir wäre am liebsten, wenn der Kurfürst Otto jetzt hier wäre.«
Nikolaus verstand die Welt nicht mehr. Erst wollte Meuren unbedingt einen Schuldigen finden und jagte ihn durch die Stadt. Dann kniff er auf einmal, weil ihm die Sache zu heiß war. Oder suchte er nur ein Vergehen gegen Theodor Junk?
»Wenn es offenkundig um Mord, Erpressung und Diebstahl geht, wird sich auch ein Stadtrat tunlichst hüten, das Verfahren zu verhindern. Wie sähe das denn in der Bürgerschaft aus? Gegenüber denen, die darunter zu leiden hatten?«
Der Dompropst nickte. »Das stimmt schon.«
»Vielleicht könntet Ihr zu gegebener Zeit und bei einem passenden Anlass dann durchblicken lassen, dass die Schöffen und Zunftmeister gezögert haben, weil es um ihre eigenen Söhne ging. So etwas glaubt der einfache Mann auf der Straße bestimmt ganz schnell.«
Meuren reckte sich. »Möglicherweise haben die Ratsherren ja davon profitiert, dass
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