Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
Gericht gestellt wurden. Dies war eine besondere Art von Folter.
Die beiden standen vor zwei niedrigen Türen, die mit Eisen beschlagen waren und jeweils am unteren Rand eine kleine Luke für die Versorgung mit Nahrung und Wasser hatten.
»Wo ist Adam Grimbach?«, fragte Nikolaus.
»Der ist ins Gefängnis im Rathaus gebracht worden«, brummte die Wache missmutig. »Hier sind nur die, die der Dompropst unter seiner Kontrolle behalten will. Wir haben ja nur die beiden Löcher hier.«
Vielleicht konnte Nikolaus nachher noch einmal mit dem Zimmermannsmeister sprechen.
Der Soldat schob den Riegel der rechten Tür krachend zur Seite und öffnete das Verließ. Nikolaus schaute hinein. Durch ein kleines Loch in der Decke fiel etwas Licht auf eine Gestalt, die in der Ecke saß. An den Hand- und Fußgelenken waren Ketten angebracht, deren anderes Ende an schweren Eisenringen im Mauerwerk befestigt war. Nach der Länge der Fesseln zu urteilen, kam er gerade bis zur Tür, um sich seine Essensration abzuholen. Nikolaus war ein wenig mulmig zumute. Der Gefangene hatte noch genug Bewegungsfreiheit, um ihn anzugreifen, auch wenn dies natürlich äußerst riskant wäre. Dennoch – hoffentlich blieb die Wache in der Nähe.
Kaum hatte der Angekettete seinen Besucher erkannt, grinste er siegesgewiss und rief aus: »Ach, nee! Der große Held, der Unschuldige zu Verbrechern macht.«
»Ihr seid nicht unschuldig. Ihr und Eure Kumpanen rauben Leute aus.«
Der Bursche lachte laut auf. »Da müsst Ihr mich mit jemandem verwechseln. Ich soll Leute ausrauben? Niemals!« Er schüttelte sich so heftig, dass die Ketten rasselten.
»Warum habt Ihr mich dann verfolgt?«
»Oh! Entschuldigt bitte. Ich habe Euch mit einem Dieb verwechselt.«
Nikolaus zog die Augenbrauen hoch. »Mit einem Dieb?«
»Tja, mein Lieber, ich kann halt zugeben, wenn ich mich geirrt habe. Aber bei Euch ist da ja so eine Sache ...«
»Wieso dachtet Ihr, ich wäre ein Dieb?«
»Gerade war ich angerempelt worden und hatte bemerkt, dass man mir meinen Geldbeutel gestohlen hatte. Unglücklicherweise sah ich Euch weglaufen. Was sollte ich da bloß denken? Natürlich musstet Ihr es gewesen sein! Wer sonst?« Der freche Kerl grinste breit.
»Denkt Ihr das noch immer?«
Der Gefangene hob die Arme. »Das ist ja das Problem. Da steht Aussage gegen Aussage. Und solange Euch kein anderer beim Stibitzen beobachtet hat, kann ich gar nichts tun. Andererseits: Wenn sich keine weiteren Zeugen melden, die mich bei all den bösen und unanständigen Taten, die Ihr mir so gehässigerweise vorwerft, gesehen haben, warum bin ich dann noch immer hier angekettet?«
Nikolaus musste zugeben, dass der Bursche nicht ganz unrecht hatte. Wenn es nicht gelänge, die geschädigten Händler und Handwerker zu einer Aussage zu bewegen, standen die Chancen schlecht für eine Verurteilung. Da die anderen Bandenmitglieder noch auf freiem Fuß waren, hatten die Leute natürlich Angst vor Vergeltung. Oder man musste die Kumpane auf frischer Tat erwischen. Aber die wären ziemlich dumm, gerade jetzt, wo alle Wachen besonders aufpassten, abkassieren zu wollen. Höchstwahrscheinlich würden sie sich in ihre Löcher zurückziehen und warten, bis es in Trier wieder etwas ruhiger und ungefährlicher für sie wäre.
»Ihr wollt mir also nicht sagen, wer Eure beiden Freunde waren?«
»Welche meint Ihr denn? Ich habe ein paar.«
»Die mich verfolgt haben.«
»Oh, das tut mir unendlich leid. Aber ich habe niemanden gesehen, der Euch verfolgt hat. Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch das nicht eingebildet habt?« Wieder hatte der Kerl sein frechstes Grinsen aufgesetzt.
Nikolaus wusste genau, dass sich dieser Gefangene nicht so schnell einschüchtern oder ins Bockshorn jagen ließ. Der wusste ganz genau, dass er im Moment nicht schlecht dastand. »Und Ihr habt den Streit zwischen Adam Grimbach und Herrmann Albrecht gesehen?«
Der Bursche verzog das Gesicht, als hätte er nichts verstanden, und beugte sich vor. »Wen meint Ihr bitte?«
»Ich denke, Ihr wisst ganz genau, dass ich die beiden Zimmermannsmeister meine.«
»Ach, Ihr meint die zwei, die sich im Turm von St. Gangolf gestritten haben?«
Nikolaus nickte nur kurz.
»Sagt das doch gleich! Natürlich habe ich das beobachtet. Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber den Armbewegungen nach zu urteilen, hatten die einen handfesten Streit. Tja, und dann flog der Ältere plötzlich herunter.«
»Habt Ihr denn gesehen, dass Herrmann Albrecht von Adam Grimbach
Weitere Kostenlose Bücher