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Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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zahle ich jede Woche meine Schulden ab. Ansonsten droht der Kerker.«
    Der junge Mann war beeindruckt. »Könnt Ihr Eure Schulden denn nicht durch Arbeit schneller loswerden?«
    »Als Säufer und Bettler bekommt man bei ehrlichen Menschen keine Arbeit mehr. Bei unehrlichen will ich aber nicht arbeiten. Außerdem nehme ich durch Betteln mehr Geld ein als durch Arbeit. Trier ist eine reiche Stadt, und viele Leute haben Mitleid – auch wenn es meistens eher ihr schlechtes Gewissen ist, das sie dazu bringt, mir eine Münze zuzuwerfen.« Wenn der Ruf eines Menschen erst einmal ruiniert war, halfen ihm auch keine vollmundigen Versprechungen von vermeintlichen Wohltätern mehr, dachte Nikolaus.
    Der Bettler entblößte beim Lächeln seine Zahnruinen. »Ich habe jetzt genug von mir erzählt. Wie steht’s bei Euch? Seid Ihr schon weitergekommen? Wisst Ihr jetzt, wieso der alte Albrecht herunterpurzelte?«
    »Nein. Aber dafür haben wir die Kerle erwischt, die die kleinen Händler und Handwerker ausgeraubt haben.«
    »Hm. Aber noch nicht alle.«
    Nikolaus war überrascht. Was wusste diese zerlumpte Gestalt? »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Och. Man sieht mal hier was, dann mal da was. Und irgendwann kann man sich seinen Reim darauf machen. Die Jungs beobachte ich schon länger.«
    »Warum habt Ihr nie etwas gesagt?«
    »Wer würde schon einem armen Schlucker wie mir glauben? Nee, nee, da halt ich lieber meine Klappe. Ich mach mich nicht gerne unbeliebt. Weder bei denen da oben noch bei solchen, die ihre eigenen Gesetze haben. Ich möchte schließlich noch ein bisschen hier in Trier leben.«
    Nikolaus konnte sich natürlich kaum in die Lage eines Almosenempfängers oder Tagelöhners hineinversetzen – zum Glück war ihm ein solches Schicksal bisher erspart geblieben. Aber er konnte sich sehr gut vorstellen, dass jemand, der am Rande der Gesellschaft lebte, kaum einen Fürsprecher hatte und sich mit allen möglichen Leuten gutstellen musste.
    Aber der junge Mann wollte herausfinden, was der Bettler sonst noch wusste. »Wer von der Bande fehlt denn noch?«
    »Bis vor ‘nem halben Jahr waren es sieben. Dann war einer plötzlich nicht mehr dabei. Gestern ist er ermordet worden.«
    »Sebastian Vierland.«
    »Bleiben also noch sechs. Vier halten sich meist im Hintergrund. Der eine von denen wurde gestern Morgen von der Wache erwischt. Die zwei von heute Nachmittag waren für die Drecksarbeit zuständig. Die mussten los und das Geld einkassieren.«
    »Und wo sind die anderen drei?«
    Der Bettler zog die Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern. »Die haben sich seit letzter Woche rar gemacht.«
    »Passiert es öfter, dass die nicht auftauchen?«
    »Die dürfen doch auch mal ‘ne Reise machen. Oder?«
    »Ihr wisst, wer sie sind?«
    Der Bettler wurde plötzlich sehr ernst. »Ich weiß es lieber nicht. Man sollte nie versuchen, einem Schöffen oder Meister in die Suppe zu spucken. Daran halte ich mich. Ist meiner Gesundheit sicherlich förderlicher.«
    Nikolaus hatte dafür Verständnis und nickte. »Habt Ihr eigentlich gesehen, ob diese Truppe Streit mit dem zu Tode gestürzten Zimmermannsmeister hatte?«
    Der Bettler grinste. »Unterschiedlicher konnten die beiden Seiten nicht sein: Auf der einen die herrischen, skrupellosen und sich allen überlegen fühlenden Jünglinge, auf der anderen der etwas trottelig wirkende, aber äußerst verschlagene, alternde Meister. Man fragte sich ständig, wer gerade wen an der Nase herumführte.«
    Nikolaus erinnerte sich an die Bemerkungen von Konstantins Gespielin. Erst hatten sie miteinander getrunken und über die Zukunft ihrer Stadt philosophiert. Als dann Albrechts Hochzeit mit Helena bekannt wurde, war Schluss mit lustig. Da haben die drei Freunde dem Meister den Tod an den Hals gewünscht.
    »Und dann gab es Streit. Nicht wahr?«, fragte der junge Doktor.
    »Stimmt. Ich habe selbst miterlebt, wie die drei den Meister angepöbelt haben. Es ging wohl um ein Mädchen, das erst der eine der Burschen bekommen sollte, aber dann dem Alten gegeben wurde.«
    »Gab es Handgreiflichkeiten?«
    »Ihr meint, ob die den Meister vom Turm geschubst haben könnten?«
    Nikolaus nickte.
    »Das glaub ich weniger. Denn vor etwas mehr als ‘ner Woche waren die wieder ein Herz und eine Seele. Irgendwas haben die gemeinsam ausgeheckt. Aber ich weiß wirklich nicht was.« Er hob demonstrativ die Hände. »Am Samstagvormittag habe ich noch zufällig gehört, wie Albrecht die drei Jungs gebeten hat, am Abend zu

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