Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
entschuldigte sich für die Störung und bat darum, den Gesandten aus Rom sprechen zu dürfen.
Der Dompropst klang gereizt: »Was wollt Ihr denn von ihm?«
»Es handelt sich doch um Giuliano Cesarini. Nicht wahr?«
»Ich wüsste nicht, was Euch das anginge. Lasst mich in Ruhe. Ich suche hier Unterlagen des Erzbischofs, die der Heilige Vater dringend braucht.«
»Giuliano ist ein Freund, den ich aus Padua kenne.«
Meuren hielt inne. »Aha? Davon hat er mir nichts gesagt. Vielleicht weiß er ja gar nicht, dass Ihr in Diensten des Kurfürsten steht.«
Nikolaus wurde ein wenig unsicher. »Doch. Sicher. Ich habe ihm das geschrieben.«
Der Dompropst winkte herrisch ab. »Ist ja auch egal. Das müsst Ihr mit ihm ausmachen.«
Der junge Mann wollte sich schon umwenden und enttäuscht gehen, aber irgendetwas hielt ihn zurück. »Bitte verzeiht mir die Aufdringlichkeit. Was sucht Ihr denn? Möglicherweise kann ich Euch helfen. Ich habe in diesem Archiv auch schon gearbeitet.«
Der Geistliche schüttelte den Kopf. Schließlich gab er mit einem Seufzen nach. »Na schön. Cesarini hat ein etwas peinliches Anliegen. Er möchte eine neue Abschrift der Ernennungsurkunde, die unser Erzbischof Otto vom Heiligen Stuhl bekam. Er weiß nicht mehr, wo er die von ihm ursprünglich angefertigte Abschrift abgelegt hat. Deshalb bat Cesarini auch darum, dass sein Besuch hier geheim gehalten wird. Er würde sich erkenntlich zeigen.«
Nikolaus massierte nachdenklich seinen Hals. »Woher kennt Ihr denn Giuliano Cesarini?«
»Ich hatte schon zweimal Korrespondenz von ihm. Daher waren mir sein Name und seine Position bei der Kurie bekannt.«
»Und er sagte, dass die von ihm persönlich angefertigte Abschrift verloren gegangen ist?«
Meuren schaute verständnislos. »Genau das hat er gesagt. Er habe alle seine Aufzeichnungen durchsucht, aber nichts mehr gefunden. Und bevor er Probleme mit dem Papst bekommt, wollte er das ganz still und leise in Ordnung bringen.«
»Da stimmt etwas nicht.«
»Quatsch.« Der Dompropst schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich suche doch lieber allein.«
»Giuliano war 1419 bis 1423 Professor in Padua. Erst danach wurde er Kammerauditor der Kurie in Rom.«
»Dann stimmt doch alles!« Meuren wurde immer ärgerlicher. »1419 wurde unser geliebter Erzbischof ernannt. Da war Euer Freund noch in der Kurie, ging dann nach Padua und kehrte schließlich wieder nach Rom zurück.«
»Und wo ist Giuliano jetzt?«
»Er wollte uns hier im Domkapitel nicht zur Last fallen und hatte sich deshalb schon selbst eine Unterkunft in der Stadt gesucht. Er ist dann gleich wieder los und will zur Mittagszeit die Abschrift abholen.«
»Und Ihr fandet das nicht eigenartig?«
Meuren grübelte einen Moment. »Im ersten Augenblick schon. Aber so erspart er uns Umstände. Schließlich hat er sich den Ärger selbst eingebrockt. Aber warum habt Ihr Zweifel? Mir scheint, Ihr kennt Euren Freund nicht besonders.«
»Diesem Giuliano bin ich bestimmt noch nicht begegnet. Mein Freund Giuliano wurde erst 1398 geboren und hätte auf jeden Fall versucht, mich zu besuchen.«
Der Dompropst klappte seinen Mund auf, als wollte er einen ganzen Laib Brot in einem Stück verschlingen. Einige undefinierbare Töne entschlüpften seiner Kehle. Schließlich fand er seine Stimme wieder. »Der ... der ... der Kerl war doch bestimmt schon vierzig! Wenn nicht sogar noch älter! Der hat mich betrogen!« Und dann folgten einige derbe Flüche und Verwünschungen, bei denen so manch einer rot angelaufen wäre.
»Was sollte das? Warum?« Meuren trampelte wütend auf den Boden. »Dahinter steckt doch der verfluchte Junk! Irgendwann bringe ich den noch eigenhändig um! Schickt mir seinen Handlanger auf den Hals, um mich von meiner Arbeit abzuhalten. Als hätte ich nicht anderes zu tun, als alten Urkunden hinterherzusuchen!«
Nikolaus schlug sich plötzlich so fest vor die Stirn, dass es laut klatschte und der Dompropst innehielt. »Natürlich wollte er Euch von der Arbeit abhalten! Nämlich davon, mit den drei gefangenen Burschen zu reden! Kommt schnell mit!«
Der junge Mann raste wie von einer Tarantel gestochen los. Meuren blickte ihm noch einen Moment mit bösem Blick hinterher. Doch dann nahm auch er die Beine unter den Arm und folgte, so schnell er konnte.
Im Kerker
War seit gestern Nachmittag noch jemand bei den drei Gefangenen?«, erscholl es den Soldaten in der Wachstube laut und fordernd entgegen.
Gottfried war ärgerlich aufgesprungen und wollte
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