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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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vor Probleme stellte. Beispielsweise schalteten Pornoringe Banken in Nigeria zwischen sich und ihre Kunden. An diese war über EU-Unterstützung nicht heranzukommen. Auch die internationalen Abkommen schufen kaum eine Möglichkeit für die Polizei, sich mit entsprechenden Informationen über die Bankkunden zu versorgen. Es reichte so gut wie nie für den internationalen Haftbefehl, mit dem einem Kriminellen der Garaus gemacht werden konnte, und wenn, schossen an seiner statt 100 andere Medusenhäupter hervor und verbreiteten Dreck und Gewalt.
    »Machen wir weiter. Herrschaften!« Woncka hatte sich abgewandt und klatschte in die Hände. Kippen wurden ausgedrückt, Stühle geschoben, die Unterhaltungen verebbten. Man sah aufmerksam zu Woncka und musterte Nero Keller mit kaum verhohlener Neugier und unterschwelliger Skepsis.
    »Ich möchte die folgende Diskussion ausschließlich moderieren, meine Herren, meine Dame«, sagte Woncka und warf einen Blick auf die einzige Kollegin im Raum. »Der Kollege Keller ist so freundlich, auf Ihre Fragen und Beiträge einzugehen.«
    Nero räusperte sich und suchte Blickkontakt zu jenen Zuhörern, die ihn aufmunternd ansahen, während er die kritischen Gesichter und entschlossen verschränkten Arme geflissentlich übersah.

23.
    »Kaffee?« Die einzige Kollegin, die an der Diskussion teilgenommen hatte, lächelte ihn an. »Ein Stock tiefer ist ein Automat.«
    »Gute Idee!« Nero fühlte sich ausgelaugt. Diskussionen in großen Runden kosteten ihn mehr Kraft als ein ganzer Arbeitstag.
    »Ich bin Sigrun West.« Er drückte ihre feste, zupackende Hand. Sie gehörte zu den Leuten, die ihre Ziele definierten, zielgerichtet handelten und schnell zu Potte kamen. Das rotbraune Haar trug sie hochgesteckt. Silberne Ohrhänger baumelten fröhlich um ihren Kopf. »Freut mich, dass Sie zu uns stoßen. Toller Vortrag.«
    Sigrun West hatte vorhin nur eine Frage gestellt, sich anschließend Notizen gemacht und den Rest der Diskussion abwesend gewirkt, als braue sich in ihrem Kopf etwas zusammen. Nero folgte ihr die Treppe hinunter zum Kaffeeautomaten.
    »Der Kaffee geht auf mich«, sagte er und tastete nach seinem Portemonnaie.
    Sie lächelte, kramte Münzen aus der Jeanstasche und warf sie in den Schlitz.
    »Sorry, aber ich war schneller. Noch sind Sie Gast.«
    Es war Nero peinlich, dass eine zukünftige Kollegin ihm den Kaffee spendierte. Doch zum Ablehnen war es zu spät. Er konnte ihr schlecht zwei Euro in die Tasche stecken wie seiner Friseuse.
    »Wir basteln seit Monaten an einer Sache«, begann Sigrun und blies in ihren Becher. »Kennen Sie das? Diese Mengen an Puzzleteilen, die alle gleich aussehen?«
    Nero schwieg. Er spürte, dass Sigrun keine echte Frage an ihn gerichtet hatte.
    »Ich habe bis vor drei Monaten in einer anderen Sache gearbeitet. Softwarepiraterie. Ziemlich großes Ding. Schließlich hat Woncka mir diesen Posten hier vorgeschlagen. Er ist ein kleiner Chauvinist.« Sie sah sich rasch um. »Einzige Frau in einer Abteilung, die brutalste Pornos bearbeitet. Ich musste mitmachen. Sonst reibt er mir unter die Nase, dass ich zu zart besaitet bin.«
    Nero nippte an seinem Kaffee. Er schmeckt strohig.
    »Das größte Sicherheitsrisiko sitzt immer vor dem Bildschirm, nicht wahr?«, fuhr Sigrun fort. »Aber die Pornogucker sind auch cleverer geworden. Nutzen Remailer oder 10-Minuten-Mail zur Kommunikation. Manchmal kommt mir der Verdacht, die lassen sich schulen, um ihre Spuren schnell und effektiv zu verwischen, oder verwenden einfach die passenden Programme. Sie ändern Rechnernamen, weil sie kapiert haben, dass die IP-Adresse der Verräter ist, nutzen Plattformen, die die Daten nicht oder nur ganz kurz speichern. Bei den Ermittlungen kommen wir kaum über die erste Verwischensstufe hinaus.«
    Nero nickte. Nötigenfalls bekam die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss, der innerhalb der gesamten EU galt. Wer etwas zu verbergen hatte und sich halbwegs im Glasfaserkabeldschungel auskannte, nutzte jedoch Anonym-surfen-URLs von Ländern wie Nigeria oder Paraguay aus und umging so sämtliche Sperren wie Jugendschutz. Außerdem konnte er sicher sein, dass seine Daten unzugänglich blieben.
    Sigrun hob den Blick. »Wir haben den Verdacht, dass einige von den Brutalopornos hier in München gemacht werden.«
    Nero trank seinen Kaffee aus.
    »Zu Hause sitze ich halbe Nächte am PC, weil mir manche Sachen keine Ruhe lassen. Ich bin keine sehr abgebrühte Ermittlerin.«
    Für Nero machte sie den

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