Schwein Oder Nichtschwein
soll. Ich habe sie nicht persönlich gesehen, aber Beach, der eine längere Unterredung mit ihr hatte, beschreibt sie als einen Gorilla, der brüllt, sich auf die Brust klopft und im Begriff ist, braven Bürgern die Innereien herauszureißen.«
Lord Emsworth fel eine Parallele ein.
»Ich las gerade eine Geschichte über einen Gorilla, als du hereinkamst. Ein merkwürdiges Tier.«
»Was hat er getan?«
»Also, er scheint die meiste Zeit damit verbracht zu haben, Regenrinnen hinaufzuklettern und Mädchen aus den Betten zu zerren.«
Gally war nicht beeindruckt. Er grinste verächtlich. »Kinderkram. Offensichtlich bloß ein Amateur. Warte ab, bis du Connie gesehen hast.«
»Was ist denn los mit Connie?«
»Ja«, sagte Gally, »ich bin froh, daß du mich das fragst. Ich hätte es dir schon lange gesagt, nur hast du mich mit keiner Silbe zu Wort kommen lassen.«
Er setzte sich auf das Bett, brachte sein Monokel in die richtige Position und begann, eine Geschichte merkwürdiger Ereignisse zu berichten.
»Wir lassen einmal die Geburt beiseite, die frühe Erziehung und alles, was dazugehört, und beginnen mit der Connie-Story bei ihrer Rückkehr ins Haus nach dem Abschluß der wöchentlichen Sitzung der Literarischen Gesellschaft von Market Blandings. Die Versammlung war hochinteressant, und sie war bester Laune. Sie ging federnden Schrittes. Es würde mich nicht wundern, hätte sie auch noch ein Liedchen geträllert. Kurz gesagt, in diesem Moment hätte ein Kind mit ihr spielen können, und sie hätte ihm vermutlich noch einen Groschen geschenkt, damit es sich Süßigkeiten kaufen kann.«
Lord Emsworth war wie fast immer, wenn er einer Geschichte zuhörte, ein wenig benebelt.
»Ich dachte doch, du hast gesagt, sie wäre ganz schön wütend.«
»Das war sie auch . . . ein paar Minuten später, und ich sage dir, warum. Auf dem Tisch in der Halle lag nämlich ein Telegramm. Na ja, wenn ich Telegramm sage, es war in Wirklichkeit ein Kabel, losgelassen aus Long Island City in den Vereinigten Staaten von Amerika, und zwar von dem alten Donaldson, dem Hundekuchendespoten. Es handelte von Mrs. Bunbury.«
»Ich glaube, sie sind alte Freunde.«
»Donaldson glaubt das nicht. Denn der Kern seines Kabels war, daß er sein ganzes Leben lang noch nichts von ihr gehört hat.«
»Ach du meine Güte!«
»Genau das hat Connie auch gesagt, und sie machte sich auch gleich auf, um Mrs. Bunbury zu suchen und sie nach Einzelheiten zu fragen. Sie entdeckte sie schließlich auf dem kleinen Flur in der Nähe der Treppe, der zu Beachs Pantry führt. Sie lag in Beachs Armen, und dieser küßte sie liebevoll auf beide Wangen.«
Lord Emsworth nieste.
»Beach tat was?«
»Ich kann deine Verwunderung nachfühlen. Gegen jede Tradition, fndest du. Butler, sagst du dir, küssen keine Gäste. Chauffeure, vielleicht, Jagdhüter, möglicherweise. Aber keine Butler. Nie. Um sein merkwürdiges Verhalten abzumildern, sollte ich jedoch vielleicht erwähnen, daß er ihr Onkel ist.«
»Ihr Onkel?«
»Ja. Ihr Onkel Sebastian. Ich hätte es dir bereits sagen sollen, und es ist mir vollkommen schleierhaft, wie ich es habe vergessen können, aber Mrs. Bunbury ist nicht Mrs. Bunbury. Sie ist die Witwe Stubbs. Ihr Mädchenname war natürlich Beach, obwohl sie sich in jenen Tagen, in denen ich sie als Barfrau im alten Criterion kannte, Maudie Montrose nannte.«
Lord Emsworth wirkte, als wolle er jeden Moment in seine Bettdecke beißen.
»Sie ist Barfrau ?«
»Sie war Barfrau. Später heiratete sie den Inhaber eines Detektivbüros, der inzwischen bei den Morgensternen weilt, und es war Beachs Enthüllung der Tatsache, daß sie mit dem Gummisohlengewerbe zu tun hat, die mir die Idee eingab, sie hierher zu bringen, damit sie den jungen Parsloe überwachen und seine Manipulationen bezüglich der Kaiserin durchkreuzen könnte. Ich glaubte, sie wäre ein geschulter Geist. Das ist sie nun in Wirklichkeit zwar nicht, aber dafür kann sie natürlich nichts, das arme Mädchen, und es war einfach herrlich, sie hier zu haben und Geschichten aus alten Zeiten mit ihr auszutauschen. Eine faszinierende Gesprächspartnerin. Aber laß mich nicht vom Hauptpfad der Geschichte abwandern. Ich greife die bereits beschriebene Szenerie wieder auf und füge hinzu, daß Connie, die bereits durch jenes Kabel auf ihren zierlichen französischen Schuhen ins Wanken geraten war,
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