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Schweine zuechten in Nazareth

Titel: Schweine zuechten in Nazareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Sthers
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Eusebius Martin, Belgier und rothaarig, hat mir gesagt, dass ich vom Papst Post bekommen würde! Aber sonst geht’s gut? … Und ein Preisangebot, um mir das Grundstück abzukaufen.
    Das alles ist ein Witz. Dieses Land ist einer. Der jüdische Humor hat sich seine Heimat unter den Seinen und trotz der Seinen erwählt.
    Ich hoffe, es geht dir gut.
    Lieber Gruß,
    Harry

Rabbi Moshe Cattan an Harry Rosenmerck
    Nazareth, 4. Juni 2009
    Lieber Harry,
    der Nazarener Jesus war ein Prediger, der mit Hilfe von Zaubertränken und auch Exorzismen Menschen heilte.
    Er war ein jüdischer Guru, wenn Sie so wollen …
    Und seine Sekte hat uns vollends der Lächerlichkeit preisgegeben!
    Kurzum, »Nazarener« war die Bezeichnung für Menschen, die diese Abspaltung des Judentums praktizierten. Später hat man die Dinge vereinfacht, indem man ihn Jesus »von Nazareth« nannte, aber die Wahrheit ist, dass Nazareth zu jener Zeit eine verlassene Stadt war. Jesus wurde in Bethlehem geboren. Alle sind sich darüber einig. Um dies auszubügeln, erklärt Matthäus in seinem Evangelium, dass ein König alle Neugeborenen töten lassen wollte und dass sie deshalb Bethlehem verlassen mussten, um nach Nazareth zu gehen.
    Es gibt tausend Interpretationsmöglichkeiten. Sicher ist, dass man zu jener Zeit der Meinung war, dass Jesus ein Nachkomme, ja, sogar eine Reinkarnation des Königs David war …
    Folgerichtig musste er aus Bethlehem kommen, der Stadt unseres Königs.
    Ein großes Problem ist hierbei, dass die Historiker wissen, dass Nazareth erst Mitte des 1. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung wieder besiedelt wurde. Also lange nach Jesus, (der übrigens streng genommen weit vor dem Jahr null geboren ist; nicht einmal die Kirche widerspricht dieser historischen Realität). Ich erzähle Ihnen dies alles, um Ihnen zu sagen, dass wir auch so schon genug Ärger haben und uns nicht auch noch die Hirngespinste eines durchgeknallten belgischen Priesters antun müssen. Sie haben alles kaputt gemacht? Diese Mistkerle! Sie haben keinen Respekt, keine Würde. Ich werde versuchen, die Wogen zu glätten, aber Sie sind in keiner guten Position. Haben Sie Anzeige erstattet? Warum züchten Sie keine Rinder? Oder eröffnen eine Arztpraxis? Oder auch ein Restaurant für Bkeilas?
    Nur Mut!
    Ja, ich weiß, wir wollten uns eigentlich duzen, aber ich wage es nicht.
    Dein Freund,
    Moshe

David Rosenmerck an Harry Rosenmerck
    Paris, 7. Juni 2009
    Papa,
    gestern habe ich Lemon Tree gesehen, einen israelischen Film.
    Im Verlauf der Geschichte hört die palästinensische Protagonistin Wölfe im Tal. Ich denke, es ist eine etwas grobe Metapher für Israelis. Aber, ist das wahr, Papa? Gibt es echte Wölfe im Tal?
    Oh Himmel! Ich habe Angst um deine kleinen Schweinchen. Haben sie ein fest gemauertes Haus?
    David

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Nazareth, 15. Juni 2009
    Moshe,
    ich hoffe, Ihrer Tochter geht es besser. Die Windpocken sind keine Kleinigkeit! Ich habe sie erst spät bekommen und deshalb ist es besser, glauben Sie mir, wenn sie sie jetzt bekommt. (Eine dämliche Bemerkung, besser wäre es natürlich, wenn sie sie nie bekommen hätte!) Komisch, wie sich die Geschichte wiederholt. Meine Tochter Annabelle bekam ihre Windpocken hier in Netanya. Es war das erste Mal, dass ich meine Kinder nach Israel mitgenommen hatte. Ich erinnere mich mit Grauen daran. Die Zeitungen berichteten auf den Titelseiten über das erste pädophile Verbrechen des Landes. Das hat mir einen Schlag versetzt. Jetzt war es so weit, anstelle einer großen Familie waren wir nun Bürger eines Landes wie jedes anderen auch. Ich sage »wir«, weil ich Israel selbst aus der Ferne immer als mein Land empfunden habe. Während des Sechs-Tage-Krieges hatte ich mich zum freiwilligen Pflegedienst gemeldet. Er dauerte nicht lange genug, um mich für Israel nützlich machen zu können! Für den Golfkrieg habe ich ein Flugzeug genommen. Ich wollte lieber mit einer Gasmaske im Bombenhagel als vor dem Fernseher

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