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Schweine zuechten in Nazareth

Titel: Schweine zuechten in Nazareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Sthers
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versuche mit Papa über dich zu reden, aber diese Mauer scheint unüberwindlich.
    Annabelle

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Nazareth, 26. Juni 2009
    Lieber Moshe,
    verzeih, dass ich dir nicht schon früher geantwortet habe. Ich habe wahnsinnig viel zu tun.
    Dein Vergleich mit der »betrogenen Ehefrau« gefällt mir. Aber die internationale Gemeinschaft gibt ihr so deutlich den Vorzug, dass es schon einer Lüge gleichkommt!
    Wenn man überlegt, dass Jassir Arafat den Nobelpreis bekommen hat! Er, der nichts als Terrorismus, Autokratie und Korruption kannte! Die Ehrung mit dem Nobelpreis ist wirklich ein Witz.
    Die ganze Welt wirft mit Steinen auf uns, den schändlichen Ehemann. Nicht nur Kinder, die anstelle von Steinen unseren jungen Soldaten am liebsten Querschläger vor die Füße werfen würden, sondern die gesamte Weltpresse.
    Oh ja, oh ja, es ist wahr, die Palästinenser haben den Friedensschluss verweigert. Was ist nun zu tun?
    Die Attentate über uns ergehen lassen, ohne zu reagieren?
    Es ist eine furchtbare Sackgasse. Und meine arabischen Freunde in Nazareth und ich gelangen, unsere dampfenden Kaffeetassen in den Händen, zu dem gleichen Schluss: Wir wollen alle dasselbe. Es müsste nur wie bei König Salomo, der vorgeschlagen hatte, das Baby entzweizuhauen, einer kommen, der dem Einhalt gebietet!
    Es wird Zeit, dass wir uns wie jüdische Mütter verhalten und gehen.
    Aber, selbst wenn wir es wollten, wohin sollten wir gehen?
    Harry

Pater Eusebius an Harry Rosenmerck
    Nazareth, 4. Juli 2009
    Sehr geehrter Herr Rosenmerck,
    Sie bringen Schande über Ihresgleichen, indem Sie auf heiligem Grund Schweine züchten.
    Wir, die Vertreter der Christenheit, des Papstes und unseres Herrn Jesus Christus, fordern Sie ein für allemal auf, von diesem Grundstück zu verschwinden, zusammen mit Ihren Schweinen.
    Dieser Ort, die Wiege der Welt, ist das Eigentum Gottes und der Kirche.
    Gehen Sie in Frieden,
    Pater Eusebius, Retter der Reinheit

David Rosenmerck an Harry Rosenmerck
    4. Juli 2009
    in der Nacht, irgendwo ohne dich
    Lieber Papa,
    erinnerst du dich an die Ferien, die wir in Botswana verbracht haben? Es war bevor du und Mama euch getrennt habt, einige Monate zuvor. Seltsame Ferien. Dort unten war Winter. Ihr wolltet, dass wir etwas Anderes zu sehen bekämen. Andere Gesichter. Ein anderes Leben. Bestimmt deshalb, weil sich das unsere bald für immer verändern würde. Wir wachten in den frühen Morgenstunden auf, um die Sonne über unbekannte Landstriche aufgehen zu sehen. Am vorletzten Tag haben wir den Fluss Okavango gesehen, der durch Namibia fließt und in Botswana endet. Du hattest mir erklärt, dass er sich wegen geologischer Besonderheiten in die Kalahari-Wüste ergoss statt in den Indischen Ozean, wie er es zweifellos hätte tun sollen. Die Menschen nennen ihn den »Fluss, der nie das Meer findet«.
    Ich wache mitten in der Nacht auf. Ich träumte von dir und diesem Fluss. Wir beiden standen an seinen Ufern. Du erklärtest mir den Fluss wie einem Kind und zugleich war ich es, über den du sprachst. Ich war der Fluss, der nie das Meer findet. Der mitten in der Wüste ausläuft. Natürlich, er scheint nützlich zu sein, er wird zu einer Art riesigem Meer, groß wie Irland! Aber er unterbricht den Wasserkreislauf, den Lebenskreislauf. Er kann bewässern, so viel er will. Dennoch stirbt er. Nicht wahr?
    Du musst verstehen, Papa, ich mag Frauen. So wie man Lichterketten auf den Weihnachtsbäumen mag. Sie missfallen mir nicht. Sie begeistern mich sogar. Aber sie sind nicht meine Geschenke. Meine Geschenke haben feste Hände, Männergesichter. Ja, Männergesichter. So bin ich. Und neben einem Körper, der so ist wie meiner, bin ich vorhin in Tränen aufgewacht. Ich leide darunter, wie der Fluss, aber ich erschaffe etwas anderes, auf meine Art. Und mein Ursprung bist du, nicht der Indische Ozean. Ich sollte nicht von dir abgeschnitten sein. Ich werde am ersten Tag des kommenden Monats in Israel sein. An der Quelle, Papa.
    David

Rabbi Moshe Cattan an Harry Rosenmerck
    Nazareth, 6. Juli 2009
    Harry,
    wir sind im Hochzeitsmonat. Ich kann nicht mehr. Diese vielen Freudentränen und diese vielen Hochzeitstorten. Ich werde zusehends dicker.
    Siehst du, lieber Harry, auch du gefällst dir in deiner Opferrolle.
    Wir haben so oft mit Gewissheit behauptet, dass die Palästinenser keinen Frieden

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