Schweinehunde / Roman
größer werden. Früher oder später werden sie selbst zu dieser Erkenntnis kommen.«
»Und was habe ich damit zu tun?«
»Ich will ein Exklusivinterview mit Konrad Simonsen.«
»Sie?«
»Ja, ich. Und zwar mit ihm persönlich, nicht mit einem der Leute, die er so gerne vorschickt, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit zu informieren. Wenn beide Seiten ihre persönlichen Antipathien beiseitelassen, könnte ein solches Arrangement zu unser beider Vorteil sein.«
Anni Staal unterstrich ihre Worte, indem sie mit dem Finger auf den Tisch klopfte. Sie erwähnte nicht, dass sie die Anregung durch die Mail eines Lesers bekommen hatte. Manchmal war es durchaus von Vorteil, sich mit geklauten Federn zu schmücken. Anita Dahlgren dachte nach und kam zu dem Schluss, dass ihre Chefin recht hatte.
»Und Sie wollen, dass ich das entsprechend weitergebe? Warum so umständlich? Warum rufen Sie nicht einfach an und machen selbst diesen Vorschlag?«
»Weil ich will, dass der Gedanke noch ein wenig reift, und dafür ist es wohl besser, ihn erst einmal indirekt zu präsentieren. Außerdem werde ich ihn kaum zum Reden bringen können.«
»Ich denke darüber nach.«
»Blödsinn, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Sagen Sie mir lieber, ob Sie es tun oder nicht!«
Die Antwort war gleichermaßen hochmütig wie abweisend.
»Vielleicht, vielleicht nicht, Sie werden es dann schon erfahren.« Anita Dahlgren stand auf. »Danke für das Bier.«
Anni Staal sah ihr nach.
»Gerne geschehen, du Miststück!«
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54
E goistische Ziege!«
Poul Troulsen war wütend auf Emilie Mosberg Floyd. Arne Pedersen und Pauline Berg sahen zu ihm hinüber und tauschten einen Blick aus. Seine Reaktion war atypisch, normalerweise war er ruhig und ausgeglichen – auf jeden Fall in Gesellschaft der Kollegen. Diese Frau musste ihm wirklich an die Nieren gegangen sein.
Alle drei saßen in der kleinen Kammer hinter dem Verhörraum 4 im Kopenhagener Polizeipräsidium. Das Fenster zu dem Raum, in dem das Verhör stattfand, nahm fast die ganze Wand ein. Von der anderen Seite sah dieses Fenster wie ein Spiegel aus. Theoretisch konnten sie so unbemerkt das Verhör vom Nebenraum aus mitverfolgen. Allerdings stammte der versteckte Lautsprecher noch aus absolutistischen Zeiten, so dass der Klang extrem schlecht war und die Stimmen ein metallisches, höchst störendes Echo bekamen, wenn man sie überhaupt hörte. Besonders die Stimme der Comtesse war verzerrt, sie klang wie eine Zeichentrickfigur, während Konrad Simonsens etwas tiefere Stimme besser übertragen wurde.
Poul Troulsen wandte den Kopf nicht ab, als er fragte: »Wolltet ihr nicht weg?«
Pauline Berg stand auf, als hätte sie einen Befehl erhalten. Arne Pedersen fragte: »Warum bist du so wütend auf sie?«
»Wenn ich das wüsste. Vermutlich weil ich keinen Pfifferling auf ihre Aussage gebe, dass sie sich selbst gemeldet hätte, wenn wir sie nicht gefunden hätten. Oder weil ich diese schleppende Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit einfach satthabe. Wenn man überhaupt von einer Zusammenarbeit reden kann. Ginge es nach mir, würden wir ganz einfach das dänische Volk durch ein neues, besseres ersetzen, wie es der Dichter so treffend den Machthabern vorgeschlagen hat. Meine Arbeit ist mir schon lange nicht mehr so unangenehm gewesen. Ähnlich übel war das nur 1967 bei den Vietnam-Demos, damals musste ich die amerikanische Botschaft bewachen. Vor ein paar Stunden habe ich zu allem Überfluss meine Wut an einem kleinen Beamten im Gentofter Rathaus ausgelassen, was mich inzwischen ärgert und uns vermutlich auch noch eine dumme Klage beschert.«
Arne Pedersen ließ sich von der schlechten Laune seines Kollegen anstecken, auch er hatte seine Probleme.
»Ich verstehe gut, was du meinst. Freitag wurde einer meiner Jungs von seinen Klassenkameraden wegen meines Jobs gemobbt, und jetzt müssen wir zu einem Gespräch in die Schule, weil er seinem Plagegeist eins auf die Nase gegeben hat. Normalerweise versuche ich, meinen Jungs beizubringen, dass sie ihre Probleme ohne Gewalt lösen, aber dieses Mal habe ich eine Ausnahme gemacht und ihm gesagt, dass ich stolz auf ihn bin. Ich wünschte, der Stolz beruhte ein klein wenig auf Gegenseitigkeit. Leider ist das im Augenblick aber ganz und gar nicht so, wenn er auch nichts direkt sagt.«
Er hätte hinzufügen können, dass es ihm auch gewaltig stank, jeden zweiten Tag das eine oder andere Ermittlungsergebnis an das
Dagbladet
weiterleiten zu müssen, nur
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