Schweinehunde / Roman
gesprochen, und die meinten, das wäre richtig so.«
»Und was ist mit der Bezahlung? Wie hat Ihr Mann das Geld von seinen Patienten bekommen?«
»Immer bar vor jeder Sitzung. Er hat eine große Nummer daraus gemacht, er meinte, die physische Handlung, also das Geldüberreichen, animiere seine Patienten, ihre Behandlung besser wertzuschätzen.«
»Sie scheinen nicht ganz dieser Meinung zu sein.«
»Das war sein Fachgebiet, seine Praxis, nicht meine. Persönlich glaube ich, dass es steuerliche Gründe für dieses Verfahren gab, er hat bestimmt nicht alle Einkünfte angegeben. Auf jeden Fall hatten wir immer eine Menge Bargeld im Haus. Manchmal hat Jeremy mir teuren Schmuck gekauft, dabei kann ich diesem Tingeltangel gar nichts abgewinnen. Als ich nach seinem Tod aufgeräumt habe, habe ich an die sechshunderttausend Kronen im Haus gefunden. Einen Teil davon im Safe, aber ich bin auch an anderen Orten im Haus auf dicke Geldbündel gestoßen. Erst vor kurzem habe ich noch ein Kuvert gefunden. Ich zögere nicht damit, dieses Verhalten pathologisch zu nennen, auch wenn er mein Mann war. Aber bevor Sie jetzt auf dumme Gedanken kommen, ich habe mich freiwillig ans Finanzamt gewandt und das Geld angegeben. Nach einer unverschämt langen Wartezeit kam man dort zu dem Schluss, dass ich es behalten dürfe.«
Die Comtesse und Konrad Simonsen nickten anerkennend, obwohl sie nicht im Entferntesten daran dachten, sie wegen Steuerhinterziehung anzuzeigen. Sie stellten noch ein paar weitere Fragen, ohne dass dabei etwas herauskam. Der Name Stig Åge Thorsen sagte ihr nichts, und auch ein Bild des Mannes weckte keine Assoziationen. Außerdem erfuhren sie, dass Jeremy Floyd seine Termine immer persönlich während seiner Arbeit im Rigshospital vereinbart hatte, so dass es schwierig sein würde, die Telefonverbindungen zu ermitteln.
Nach über zwei Stunden waren sie damit am Ende des Verhörs angelangt. Konrad Simonsen schaute auf seine Armbanduhr, nannte für das Band die Uhrzeit und beendete die Befragung. Die Polizisten erhoben sich, Emilie Mosberg Floyd blieb sitzen.
»Haben Sie das Aufnahmegerät ausgeschaltet?«
Die Frage war an Konrad Simonsen gerichtet, der ihr das bestätigte.
»Es gibt noch etwas, das ich Ihnen sagen möchte, das soll aber nicht aufs Band.«
Sie setzten sich wieder.
»Zuerst möchte ich mit allem Nachdruck festhalten, dass ich nicht zu denen gehöre, die es richtig finden, wenn Pädophile ermordet werden. Weder juristisch, moralisch noch sonst irgendwie. Ich fühle mich diesbezüglich von Per hintergangen, aber ich liebe ihn trotzdem noch. Es ist seltsam, es verwirrt mich, und ich verstehe nicht, warum, aber so ist es eben. Und das, obwohl ich ihn verdächtige, hinter dem Einbruch bei uns im März letzten Jahres zu stecken. Und vermutlich hat er auch Jeremy diesen Aconcagua eingeredet. Einen Berg, für den Jeremy weiß Gott noch nicht bereit war, wie ich im Nachhinein erfahren habe.«
Sie kämpfte mit ihren Gefühlen und sagte dann: »Zerebrales Ödem«, und fügte erklärend hinzu: »Akute Höhenkrankheit.«
»Ein Einbruch?«, fragte Konrad Simonsen.
»Ja, darauf komme ich jetzt zu sprechen. Während wir in Kanada bei Jeremys Bruder waren, hat jemand bei uns eingebrochen und sich Zugang zu den Krankenakten verschafft. Ein Kellerfenster und der Archivschrank waren aufgebrochen, es fehlte aber nichts, so dass wir den Einbruch nicht gemeldet haben, obwohl er Jeremy sehr zugesetzt hat. Er sprach davon, die Patientenunterlagen fortan im Krankenhaus aufzubewahren, kam aber vor seinem Tod nicht mehr dazu. Per wusste damals, dass wir nach Kanada wollten, und heute glaube ich, wie gesagt, dass er der Einbrecher war.«
»Was, meinen Sie, was wollte er mit diesen Informationen?«
»Tja, was glauben Sie? Diese Datei war sicher ein phantastischer Ausgangspunkt, um Anhänger zu suchen, wenn ich das so sagen darf, und vergessen Sie nicht, dass Jeremy ihn schon einigen dieser Leute vorgestellt hatte und er somit nicht als Fremder zu ihnen kam.«
Dieses Mal erhob sie sich als Erste. Poul Troulsen hinter der Glaswand tat es ihr nach. Er musste dringend pinkeln. Auf dem Weg nach draußen schlug er wütend mit der Faust gegen den Türrahmen, doch dieses Mal richtete sich sein Missmut nicht gegen die Frau, sondern gegen ihren verstorbenen Mann. Wirklich selten dämlich, solche vertraulichen Informationen leichtfertig im Haus aufzubewahren.
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W ie alle Mitarbeiter des Altersheimes war auch Helle Smidt
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