Schweinehunde / Roman
zustimmend.
»Jemand hat auf jeden Fall keine Mühen gescheut, in die Köpfe der Leute unangenehme Bilder und fiese Sprüche einzuhämmern, leider mit gewaltigem Erfolg.«
Anita Dahlgren ergänzte: »Zum Beispiel in dem Interview mit dieser Hardlinerin aus dem parlamentarischen Rechtsausschuss, die ach so zufällig vor dem Plakat mit Thor Grans Gesicht stand.«
Sie sah in die Runde, neugierig auf die Reaktion der anderen, aber die schüttelten nur den Kopf, so dass sie erklärend fortfuhr: »Dieses Plakat besteht eigentlich nur aus der Nahaufnahme von Thor Gran im Kleinbus. Aufgenommen in dem Moment, in dem er sagt, dass er sich den kleinen Kerl Nummer soundso schnappen will. Unter seinem Bild steht lediglich:
Nein, das wirst du nicht!
– die Botschaft erklärt sich also von selbst. Wenn ich etwas aus der Propaganda herauspicken sollte, die in den Medien kursiert und uns Dänen wirklich erschüttert hat, dann die Szene, in der Thor Gran sich in diesem Kleinbus … ein Kind ausgesucht hat. Das Plakat wurde mindestens eine Minute gezeigt, vielleicht sogar länger, und ich denke, dass das ganze Interview eigentlich bloß ein Vorwand war, um es einzublenden. Das ist wie mit der Colaflasche, die in den fünfziger Jahren in die Filme geschnitten wurde, damit man in den Pausen mehr Coca-Cola verkaufte. Jemand appelliert an unser Unterbewusstsein, und niemand setzt sich dagegen zur Wehr.«
Konrad Simonsen schwächte ihre letzte Bemerkung ab: »Man nennt das subliminale Perzeption, aber im Grunde ist das ein Mythos. Die Wirkung konnte nie nachgewiesen werden, und kein einziger Film ist tatsächlich auf diese Weise manipuliert worden. Aber die Geschichte ist gut.«
Arne Pedersen fügte ironisch hinzu: »Im Gegensatz zu dem Thor-Gran-Plakat. Da ist das Gute der Geschichte wirklich überschaubar.«
Auf einmal erstarrte Konrad Simonsen. Er kniff ein oder zwei Sekunden lang die Augen zu, holte eine Tüte Lakritz hervor, nahm sich einen und bot den anderen etwas an. Alle schüttelten den Kopf, und Arne Pedersen fragte: »Ich dachte, du verabscheust diese Dinger. Was ist denn los?«
»Nichts.«
Er konnte Lakritz noch immer nicht ausstehen, aber er war ein glänzendes Gegenmittel gegen Sodbrennen. Was sollte er sagen? Dass ihm die Bilder von Anna Mia immer wieder sauer aufstießen? Wie sollten sie das verstehen, wenn nicht einmal er es verstand? Und ging das die anderen überhaupt etwas an? Es hatte keine Bedeutung, und überdies war alles unter Kontrolle. Genau so war es, und wenn er die Arschlöcher, die seine Tochter als Druckmittel benutzten, erst in die Finger bekam, würde er ihnen schon zeigen, wie sehr er alles unter Kontrolle hatte. Diese psychopathischen Bastarde.
Kasper Planck lenkte das Gespräch wieder auf das Wesentliche: »Jetzt hört mir mal zu und lasst euch nicht von Kleinkram ablenken. Wie wäre es, wenn wir eine alternative Wahrheit erzählen würden, wobei das euch dreien einiges abverlangen würde. Ihr müsstet jeder ein kleines Opfer bringen. Wollt ihr sie hören?«
Die Frage war theatralisch, und Anita Dahlgren sprach aus, was alle dachten: »Manchmal sind Sie ganz schön selbstverliebt! Natürlich wollen wir sie hören.«
Kasper Planck ging auf die Kritik nicht ein.
»Anita, du musst alles vergessen, was du über die Ethik der Presse gelernt hast, ganz zu schweigen von der Loyalität zu deiner Zeitung, außerdem kriegst du vorübergehend einen Lebensgefährten aufs Auge gedrückt. Arne, du musst dich darauf vorbereiten, deine Freundin beim
Dagbladet
so richtig an der Nase herumzuführen. Und wenn ich schon dabei bin, will ich dir gleich noch den guten Rat eines alten Mannes mit auf den Weg geben. Du solltest dir professionelle Hilfe für deine Spielsucht suchen, bevor du wirklich Probleme kriegst, und vielleicht auch ein bisschen in deinem Privatleben aufräumen.«
Arne Pedersen wurde knallrot, sagte aber nichts, sondern wischte sich seine Stirn mit dem Schlips ab, was niemand zuvor je gesehen hatte. Kasper Planck wandte sich Konrad Simonsen zu.
»Konrad, du kriegst den schwierigsten Part. Erstens darfst du die Regeln nicht zu eng auslegen. Einige der Dinge, die ich vorschlage, verstoßen gegen das Gesetz. Zweitens musst du Anni Staal ein Exklusivinterview geben, und drittens musst du Staatssekretär Helmer Hammer und alle anderen im HS aus unseren Plänen raushalten.«
Konrad Simonsen nickte zurückhaltend. Kasper Planck richtete sich nun an alle: »Vielleicht braucht ihr ein paar Minuten
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