Schweinehunde / Roman
Tochter namentlich erwähnen, am liebsten wäre es mir, Sie würden sie komplett rauslassen.«
Die Journalistin nickte, beugte sich vor und schaltete das Aufnahmegerät aus.
»Das kann ich gut verstehen – vor allem jetzt. Also gut, ich schreibe nichts über sie.«
Er nahm einen Lakritz aus der Schale auf dem Tisch und ließ ihn rasch im Mund kreisen. Dann knurrte er: »Man weiß ja nicht, was für perverse Schweine da draußen rumlaufen.«
»Wie bitte, das habe ich jetzt nicht verstanden.«
Der Satz war ihm unbedacht herausgerutscht. Er räusperte sich und versuchte die Wogen zu glätten.
»Nichts, nichts, das war nicht so wichtig. Danke, dass Sie meine Tochter nicht erwähnen.«
»Gerne, aber dafür brauchen Sie mir nicht zu danken. Schließlich haben Sie die besseren Karten in der Hand.«
Er grinste selbstsicherer, als er sich wirklich fühlte.
»Ja, mag sein.«
»Wenden wir uns dem aktuellen Geschehen zu, also dem Mordfall, der in aller Munde ist. Ich stelle mir wie gesagt vor, dass wir das in einem normalen Interview besprechen, das heißt, Sie antworten auf meine Fragen, und ich kann direkt zitieren.«
»Mir soll das recht sein, das habe ich aber auch schon gesagt.«
»Wunderbar. Dann besteht da ja keine Uneinigkeit. Ich wechsle erst noch das Band.«
Sie holte eine neue Kassette aus ihrer Tasche und riss die Plastikhülle ab. Normalerweise nutzte sie ein digitales Diktaphon für ihre Interviews, aber ein Kassettenrekorder bot häufigere, natürliche Pausen, die sie zu nutzen gedachte. Säuberlich schrieb sie ein paar Zeilen auf die Innenhülle, bevor sie die Kassette in den Rekorder legte. Dann erklärte sie: »Tja, ich musste heute auf meinen guten alten Kassettenrekorder zurückgreifen. Mein digitales Wunder von Diktaphon knistert schlimmer als eine Schellackplatte, und keiner unserer IT-Spezialisten kann es reparieren.«
»Das kenne ich: Die meisten meiner Leute bevorzugen auch diese altmodischen Dinger.«
Konrad Simonsen betrieb wie sie Konversation, spürte innerlich aber, wie seine Anspannung stieg. Gespielt ruhig lehnte er sich auf dem Sofa zurück. Immer wieder hatte er sich vorgestellt, wie sie den Fall angehen würde. Natürlich vor allem in Bezug auf das neue Raubmordmotiv, das sie ihr untergeschoben hatten. Was sollte er tun, wenn sie es gar nicht erwähnte?
Vielleicht war es aber gerade die ständige Auseinandersetzung mit allen möglichen Hypothesen, die es ihm ermöglichte, ihre erste, anscheinend unschuldige Frage mit solcher Bravour zu beantworten. Sie brachte sie ganz beiläufig vor, noch bevor sie den Rekorder gestartet hatte, doch als er sich später noch einmal Gedanken über das Interview machte, zweifelte er keinen Augenblick daran, dass sie diese Frage mit voller Absicht gestellt hatte und seine Antwort alles andere als nebensächlich war.
»War es eigentlich Ihre Idee, diesem Interview mit mir zuzustimmen?«
Sie hatte ihren Finger in die größte, klaffende Wunde in Kasper Plancks Drehbuch gelegt. Wenn er wusste, dass das eigentliche Motiv der Morde Geld war, während alle anderen – darunter auch die von ihm so gehasste Boulevardpresse – in die falsche Richtung galoppierten, hatte er keine Veranlassung, sein Verhältnis zur Öffentlichkeit zu verbessern oder den Kontakt ausgerechnet zu ihr zu suchen. Im Gegenteil, es wäre in einer solchen Situation vernünftiger, auch das
Dagbladet
im Dunkeln tappen zu lassen, bis der Staatsanwalt die Haftbefehle wegen des Raubmordes ausgestellt hatte und die Täter gefasst waren.
Er biss die Zähne zusammen, als unterdrückte er eine gewisse Verbitterung.
»Nein, nicht ganz.«
»Helmer Hammer?«
Er zuckte mit den Schultern. Was blieb ihm anderes übrig? Er musste seine Befehle befolgen. Dann fügte er hinzu.
»Wenn Sie mich bei laufendem Band fragen, sage ich Ihnen, dass es meine Idee war. Unsere kleine Abmachung war hingegen zu hundert Prozent meine Idee, wenn ich sie auch im Nachhinein von meinem Chef habe absegnen lassen – im Übrigen ohne Probleme.«
Anni Staal lächelte verständnisvoll, auch sie hatte ihren Chefs Folge zu leisten.
Er stand auf, holte den Kaffee, schenkte ihnen beiden ein und setzte sich wieder. Sie dankte ihm und startete das Aufnahmegerät.
»Dann fangen wir an. Wenn Sie eine Frage nicht verstehen, sagen Sie Bescheid, dann klären wir das erst, bevor Sie antworten.«
Er nickte.
»Sehr gut.«
»Lassen Sie mich gleich mit dem Wesentlichen anfangen. Stimmt es, dass das Motiv der
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