Schweinehunde / Roman
vergessen versucht, das ist ein ziemlich normales Verhaltensmuster. Andererseits wissen wir nicht, was mit ihr in dem Jahr geschehen ist, in dem sie wieder in Dänemark war.«
Konrad Simonsen wurde erneut hektisch.
»Das müssen wir checken. Setz ein paar Leute dran. Sonst noch etwas, Arne?«
Eigentlich gab es noch einen Punkt. Zweimal hatten die schwedischen Kollegen ihn vertraulich gefragt, ob die dänische Polizei die sexuelle Orientierung der Opfer bewusst zurückhalte, was immer das auch heißen sollte. Er hatte diese Behauptung natürlich zurückgewiesen, seine schwedischen Kollegen damit aber ganz offensichtlich nicht überzeugt. Arne hätte diesen Punkt gerne noch angesprochen, aber Konrad Simonsens Zeitplan ließ keinen Platz für Nebensächlichkeiten, weshalb er wortlos den Kopf schüttelte. Seltsam war es aber trotzdem.
Auch Pauline Bergs Besuch in Roskilde war merkwürdig gewesen, hatte aber zu einigen Resultaten geführt. Der Junge, der am letzten Mittwoch mit seinem Vetter in der Langebæk-Schule gespielt hatte, erwies sich als ein aufgewecktes, süßes Kerlchen mit blonden, lockigen Haaren, Segelohren, Sommersprossen und einer überraschenden Offenheit gegenüber Erwachsenen. Mit Hilfe der Mutter war es ihr überraschend schnell gelungen, seine Erinnerung an den Tag in den Herbstferien wachzurufen, an dem er mit seinem Spielkameraden Dosenringe gesammelt hatte. Um das Gedächtnis des Jungen zu stimulieren, hatten sie das Spiel zu dritt im Wohnzimmer nachgespielt, und ihr Plan war aufgegangen, denn plötzlich erinnerte der Junge sich, dass ihn irgendwann jemand weggeschickt hatte, der aussah wie Bullers Vater. Buller war ein anderer Freund des Jungen. Pauline Berg und die Mutter wurden mit einem Schlag hellhörig. Beide waren sich vollkommen klar darüber, dass die Aussage des Jungen sehr wichtig sein konnte, und taten, was in ihrer Macht stand, damit der Junge seine Beschreibung konkretisierte. Schritt für Schritt ging sie die verschiedenen Charakteristika durch. Allerdings ohne Erfolg, denn obgleich Bullers Vater als Vergleichsperson von Kopf bis Fuß seziert wurde, gab es keine besonderen Kennzeichen, die auf den unbekannten Mann in der Schule zutrafen.
Als das Telefon klingelte und die Mutter sie kurz allein ließ, nutzte der Junge die Gelegenheit, Pauline im Vertrauen zu sagen, der Mann habe ihn an Bullers Vater erinnert, weil der auch Bus fahre. Sogar das Wort
Busfahrer
sei gefallen. Pauline wollte dann im Beisein der Mutter diese entscheidende Information durch weitere Fragen vertiefen. Doch nach dem Telefonat habe die Mutter kalt und reichlich unmotiviert gewirkt und sie auf einmal ohne Erklärung gebeten zu gehen.
Konrad Simonsen bemerkte: »Ein ziemlich seltsames Benehmen. Hast du eine Idee, wieso sie sich so verhalten hat?«
»Nein. Die hat mich einfach rausgeschmissen. Was sollte ich da machen?«
»Du hast alles richtig gemacht, es blieb dir ja nichts anderes übrig. So etwas kommt vor. Du kannst ja nicht jedes Mal Glück haben.«
Pauline Berg errötete, Arne Pedersen blickte zur Decke, und Konrad Simonsen redete unbeirrt weiter: »Was mich daran erinnert, dass Per Clausen sich mit einer Kaliumlösung das Leben genommen hat. Die Rechtsmedizin hat angerufen. Ich habe keine weiteren kriminaltechnischen Untersuchungen angeordnet, das wäre bloß Zeit- und Geldverschwendung. Außerdem waren Dutzende von Personen in diesem Raum …«
Die Comtesse fiel ihm ins Wort, und alle Aufmerksamkeit richtete sich sogleich auf sie. Niemand sonst unterbrach den Chef.
»Konrad, ich kann das mit dem Bus bestätigen. Passt das jetzt?«
»Natürlich, klar, ich war ohnehin fertig.«
Es war nämlich ein Wunder geschehen. Die leitende Schulpsychologin Ditte Lubert hatte unter dem zunehmenden Druck ihre Ausweichmanöver aufgegeben und arbeitete nun mit der Obrigkeit zusammen. Die Comtesse erläuterte: »Im Rathaus von Gladsaxe haben sie eigene Ermittlungen aufgenommen und sich noch einmal die Rechnungen der letzten beiden Jahre der Langebæk-Schule angeschaut. Ein Mitarbeiter ist dabei über drei Anrufe in Pretoria, Südafrika, gestolpert. Er hat daraufhin die Telefongesellschaft angerufen und sich erkundigt, ob es auch in den Herbstferien einen solchen Anruf gegeben hat, und das war tatsächlich der Fall. Darüber hat er mich dann in Kenntnis gesetzt.«
Poul Troulsen brauchte nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Begegnung mit der Psychologin steckte ihm noch immer in den Knochen.
»Dann war sie
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