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Schweinehunde / Roman

Schweinehunde / Roman

Titel: Schweinehunde / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte & Søren HAMMER
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austauschbare Musik begann aus den versteckten Lautsprechern zu sickern.
    Die Comtesse und Pauline Berg äußerten sich sehr lobend über ihre Musik, als die Sängerin an ihrem Tisch Platz nahm. Ihr Dank hielt sich in Grenzen. Der Barkeeper brachte ihr ein Glas Saft, das sie trank, während die Comtesse ihr Anliegen vorbrachte.
    »Sie sind die Tochter von Frank Ditlevsen?«
    »Ja.«
    Die Stimme, die beim Singen so sinnlich geklungen hatte, wirkte jetzt rau und abgenutzt, hörte sich beinahe krächzend an.
    »Ich heiße Nathalie, und das hier ist Pauline. Wir sind von der Kriminalpolizei Kopenhagen, wollen Sie unsere Ausweise sehen?«
    »Nein, ist schon in Ordnung.«
    »Und Sie wissen, was geschehen ist?«
    »Dass mein Vater und mein Onkel tot sind? Ja, das weiß ich. Das weiß das ganze Land.«
    »Sie wurden ermordet.«
    »Ja, das hat man mir gesagt.«
    Die Frau versuchte, gleichgültig zu wirken, aber ihre Stimme bebte.
    »Ihre Mutter hat uns gesagt, Sie seien verreist, warum hat sie das getan?«, fragte Pauline Berg.
    »Keine Ahnung.«
    »Sie hat gelogen.«
    »Ich bin nicht für meine Mutter verantwortlich. Darüber müssen Sie mir ihr sprechen.«
    Da hat sie recht, dachte Pauline Berg, das Problem war nur, dass aus der Mutter kaum ein Wort herauszubringen war und dass sich die wenigen Worte, die sie ihr hatten entlocken können, als Lügen herausstellten. Wie die Behauptung, ihre Tochter sei in London oder Birmingham, oder war es Liverpool? Sie hatte nicht einmal versucht, glaubhaft zu lügen.
    Die Comtesse wechselte das Thema.
    »Sind Sie nicht traurig, dass Ihr Vater tot ist?«
    »Ich hatte keinen Kontakt zu ihm.«
    »Warum nicht?«
    »Das war einfach so.«
    »Wie alt waren Sie, als Ihre Eltern sich getrennt haben?«
    »Neun Jahre.«
    »Neun Jahre, das muss ein Schock für Sie gewesen sein.«
    Kleine Schweißperlen bildeten sich auf der Oberlippe und der Stirn der Frau. Von der Schönheit, die sie auf der Bühne ausgestrahlt hatte, war nicht mehr viel übrig, jetzt wirkte sie zerbrechlich und zart, fast hässlich. Ihre Selbstkontrolle bekam sichtlich Risse. Dabei waren die Fragen weder ungerechtfertigt noch sonderlich hart.
    »Ich weiß nicht. Können Sie mich nicht in Ruhe lassen? Ich weiß nichts, habe weder meinen Vater noch meinen Onkel gesehen, okay?«
    Pauline Berg war nicht ohne Mitgefühl: »Ihr Vater und Ihr Onkel wurden ermordet. Da können wir Sie nicht einfach in Ruhe lassen.«
    »Ich habe niemanden umgebracht.«
    Sie brachte die Worte kaum heraus.
    Die Comtesse schüttelte betroffen den Kopf und erwog für einen Moment, bis zum nächsten Tag zu warten. Der Ort war denkbar ungünstig für eine persönliche Befragung, aber sie schob den Gedanken von sich. Unmittelbar bevor sie in die Kneipe gekommen waren, hatten sie in Allerslev die zerstörte Imbissbude begutachtet, ein Anblick, der keinen Raum für zeitraubende Rücksicht ließ. Wer auch immer da draußen frei herumlief, konnte jederzeit wieder zuschlagen.
    »Es tut mir leid, aber ich muss Sie fragen, ob Ihr Vater Sie als Kind missbraucht hat.«
    Die Frage brachte das Fass zum Überlaufen, ihre Antwort war ein verzweifelter Aufschrei: »Warum tun Sie mir das an?«
    Die Menschen drehten sich zu ihnen um, und es gab keinen Zweifel daran, dass ihre Sympathie nicht aufseiten der Polizei war. Die Frau weinte leise.
    Ein durchtrainierter Türsteher erhob sich am Nachbartisch. Er legte seine Hand beschützend auf die Schulter der Sängerin und sagte leise: »Vielleicht sollten Sie jetzt besser gehen.«
    Die Comtesse zückte ihren Polizeiausweis und hielt ihn dem Mann unter die Nase.
    »Soll das eine Drohung sein?«
    Der Mann blieb ruhig.
    »Nein, keine Drohung. Ich bin nicht so dumm, der Polizei drohen zu wollen, aber vielleicht sollten Sie trotzdem gehen. Sie hat keine Lust, mit Ihnen zu reden, und wenn Sie sie unter Druck setzen, kann sie nicht mit Ihnen reden. Außerdem haben Sie Ihre Antwort bereits bekommen, sehen Sie sie doch an. Haben Sie denn keine Augen im Kopf?«
    Die Frauen sahen sich an. Dann standen sie auf. Die Comtesse holte eine Visitenkarte heraus, legte sie auf den Tisch und nickte der weinenden Sängerin zu.
    »Sollte sie ihre Meinung ändern oder sonst jemand helfen können.«
    Der Türsteher blieb noch immer ruhig.
    »Damit würde ich nicht rechnen. Hier bei uns mag man keine Kinderschänder.«
    Die Menschen klatschten, als die beiden sich ihren Weg nach draußen bahnten.

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    I n Kregme am Arresø beobachtete Stig Åge Thorsen

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