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Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Haus ziehen, um darüber zu singen? Mit viel Heißa-Trallala und so. Sehr folkloristisch und mythisch, die ganze Sache.«
    »Warum ausgerechnet einen Zaunkönig ?«
    »Was weiß ich. Vielleicht hat irgendwann jemand gesagt: ›Möchtet ihr einen verdammten Adler jagen, obwohl er einen großen scharfen Schnabel und noch größere spitze Klauen hat, oder wäre euch ein Zaunkönig lieber, der kaum größer ist als eine Erbse und nur leise Piep macht? Ihr könnt frei wählen.‹ Wie dem auch sei: Später sinkt die Angelegenheit auf das Niveau der Religion, und dann beginnt die Sache mit dem armen Burschen, der eine besondere Bohne in seinen Fressalien findet. Oho, sagen alle, jetzt bist du König, Kumpel, und er denkt: ›He, das ist ja echt toll!‹ Allerdings weist ihn niemand darauf hin, daß er besser nicht beginnen sollte, ein langes Buch zu lesen, tja, und dann dauert’s nicht lange, bis er durch den Schnee rennt, verfolgt von einigen ziemlich entschlossenen Burschen mit heiligen Sicheln und so. Sie wollen sein Blut vergießen, damit die Erde wieder fruchtbar wird und der ganze Schnee verschwindet. Alles sehr… nun, ethnisch. Und dann denkt ein heller Kopf: He, Junge, die verdammte Sonne geht in jedem Fall auf, warum sollen wir die Druiden kostenlos durchfüttern? Und plötzlich gibt’s einige freie Stellen. So ist das mit Göttern. Sie finden immer eine Möglichkeit, von der Gegenwart in die Zukunft zu gelangen, ohne jemals in der Vergangenheit steckenzubleiben.«
    »Die verdammte Sonne geht in jedem Fall auf…«, wiederholte Susanne. »Woher weißt du das?«
    »Durch Beobachtung. Es passiert jeden Morgen. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen.«
    »Ich meine all die Sachen über heilige Sicheln und so.«
    Der Rabe brachte es fertig, selbstgefällig zu wirken.
    »Wir Raben sind sehr okkulte Vögel«, sagte er. »Der Blinde Io, Gott des Donners, hatte früher mystische Raben, die dauernd herumflogen und ihm berichteten, was vor sich ging.«
    »Er hatte sie früher ? Und heute?«
    »Nuuun… Sicher weißt du auch, daß er keine Augen im Kopf hatte. Seine sausten hin und her, wollten soviel wie möglich sehen…« Der Rabe hüstelte verlegen. »Tja, unter diesen Voraussetzungen mußte es früher oder später zu einem Zwischenfall kommen.«
    »Denkst du jemals an etwas anderes als an Augen?«
    »Oh, ich denke auch an leckere Eingeweide.«
    QUIEK.
    »Aber er hat recht«, sagte Susanne. »Götter sterben nicht. Zumindest nicht ganz…«
    Sie schaffen es immer, irgendwo zu überleben, dachte sie. Vielleicht im Innern eines Steins oder in den Worten eines Lieds oder in der primitiven Seele eines Tiers, möglicherweise auch im Flüstern des Winds. Sie verschwinden nie ganz. Wenn’s sein muß, krallen sie sich mit dem letzten Fingernagel an der Welt fest und suchen ständig nach einem Weg zurück. Einmal ein Gott, immer ein Gott. Für sie ist der Tod höchstens wie für uns der Winter…
    »Na schön«, sagte sie. »Mal sehen, was mit ihm passiert ist…«
    Susanne griff nach dem letzten Buch und versuchte, es an einer beliebigen Stelle zu öffnen…
    Gefühle schnellten ihr Peitschenhieben gleich entgegen…
    … Hufe, Angst, Blut, Schnee, Kälte, Nacht…
    Sie ließ das Buch fallen, und mit einem dumpfen Knall klappte es zu.
    QUIEK?
    »Es… ist alles in Ordnung mit mir.«
    Susanne blickte auf das Buch hinunter und wußte, daß sie eine freundliche Warnung erhalten hatte. Auf ähnliche Weise verhielt sich ein Haustier, das gräßliche Schmerzen litt, aber immer noch zahm genug war, nicht in die fütternde Hand zu beißen – diesmal. Wo auch immer sich der Schneevater jetzt befand, ob er noch lebte oder nicht – er wollte in Ruhe gelassen werden…
    Sie sah zum Rattentod. Seine leeren Augenhöhlen glühten blau, auf eine beunruhigend vertraute Weise.
    QUIEK. IEK?
    »Die Ratte meint, wenn sie mehr über den Schneevater herausfinden wollte, würde sie dem Knochenschloß einen Besuch abstatten.«
    »Oh, das ist doch nur eine Geschichte für Kinder«, erwiderte Susanne. »Angeblich treffen dort die Briefe ein, die an den Schneevater adressiert und in Kamine gelegt worden sind. Es ist nur ein Märchen.«
    Sie drehte sich um. Ratte und Rabe starrten sie an. Plötzlich wurde ihr klar, daß sie zu normal gewesen war.
    QUIEK?
    »Die Ratte fragt, was du mit ›nur‹ meinst?« erkundigte sich der Rabe.
     
    Hühnerdraht schob sich im Garten an den Mittleren Dave heran. Wenn man in diesem Fall überhaupt von einem Garten

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