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Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einmal ein Bild davon gesehen. Trotz seines Namens war es dem Holzschnittillustrator gelungen, der Darstellung etwas Heiteres und Fröhliches zu geben.
    Vor Ort fehlte diese Atmosphäre. Die Säulen am Eingang waren Dutzende von Metern hoch, und die Höhe jeder Treppenstufe ging über die Größe eines durchschnittlichen Menschen hinaus. Sie glänzten im gräulichen Grün von altem Eis.
    Eis. Keine Knochen. Die Säulen weckten Vorstellungen von Gebeinen oder Schädeln, aber sie bestanden aus Eis.
    Die hohen Stufen stellten kein Problem für Binky dar. Er flog nicht in dem Sinne, sondern ging auf einem Boden, den er sich selbst ausdachte.
    Der Wind hatte Schnee übers Eis geweht, und Susanne blickte darauf hinab. Tod hinterließ keine Spuren, aber hier und dort sah sie die vagen Umrisse von Stiefelabdrücken. Vermutlich stammten sie von Albert. Trotz der Schneewehen deutete einiges darauf hin, daß ein Schlitten an diesem Ort gestanden hatte. Tiere schienen hin und her gelaufen zu sein.
    Schnee bedeckte alles.
    Susanne stieg ab. Es schien der richtige Ort zu sein – und er war doch nicht richtig. Es sollte hier jede Menge Licht und Aktivität geben; statt dessen wirkte das »Knochenschloß« wie ein riesiges Mausoleum.
    Hinter den Säulen lag eine ziemlich große, geborstene Eisplatte. Weit oben konnte sie durch ein Loch in der Decke glitzernde Sterne sehen. Während Susanne noch in die Höhe blickte, lösten sich einige weitere Eisbrocken und fielen in eine Schneewehe.
    Der Rabe materialisierte und ließ sich müde auf einem Stück Eis neben ihr nieder.
    »Hier ist alles tot«, murmelte Susanne.
    »Das gilt auch für mich… wenn ich heute nacht noch… weiterfliegen muß«, keuchte der Rabe, als der Rattentod von seinem Rücken kletterte. »Hab mich nicht zu Fernreisen und dem Schneller-als-die-Zeit-Zeug verpflichtet. Ich sollte jetzt irgendwo in einem Wald sitzen und aufregend dekorierte Nester bauen, um Weibchen anzulocken.«
    »Du sprichst von Laubvögeln«, erwiderte Susanne. »Raben ist ein solches Verhalten fremd.«
    »Ach, willst du mich vielleicht auf eine bestimmte Rolle festlegen?« fragte der Rabe. »Ist dir eigentlich klar, daß ich Mahlzeiten verpasse?«
    Er drehte die Augen, jedes in eine andere Richtung.
    »Wo sind all die Lichter?« fragte er. »Und die Geräusche? Wo haben sich all die kleinen Burschen mit den spitzen Hüten und den roten und grünen Anzügen versteckt? Ich meine die kleinen Kerle, die Holzspielzeuge rhythmisch und nicht besonders überzeugend mit Hämmern bearbeiten?«
    »Dies sieht mehr nach einem Tempel eines Donnergottes aus«, sagte Susanne.
    QUIEK.
    »Nein, ich habe die Karte nicht falsch gelesen. Wie dem auch sei: Albert ist hiergewesen. Überall liegt Zigarettenasche.«
    Die Ratte sprang zu Boden und lief umher, die Schnauze dicht überm Schnee. Nach einigen Sekunden des Schnüffelns quiekte sie und eilte durch die Düsternis.
    Susanne folgte ihr. Als sich ihre Augen an das matte blaugrüne Licht gewöhnt hatten, bemerkte sie eine Pyramide aus Stufen, und darauf einen großen Stuhl.
    Hinter ihr knirschte eine Säule und neigte sich ein wenig zur Seite.
    QUIEK.
    »Die Ratte meint, dieser Ort erinnert sie an ein altes Bergwerk«, übersetzte der Rabe. »Du weißt schon. Nachdem es aufgegeben worden ist, kümmert sich niemand mehr darum, die Deckenstützen zu erneuern. Der Rattentod besucht oft solche Orte.«
    Susanne achtete nicht auf das Gerede des Raben. Diese Stufen sind wenigstens für menschliche Füße bestimmt, dachte sie. Schnee war durch ein weiteres Loch in der Decke gefallen, und es zeigten sich noch mehr Fußabdrücke von Albert.
    »Vielleicht ist der alte Schneevater mit seinem Schlitten abgestürzt«, spekulierte der Rabe.
    QUIEK?
    »Nun, so was könnte passieren, oder? Schweine sind nicht besonders aerodynamisch. Und mit all dem Schnee… schlechte Sicht, die große Wolke weiter vorn entpuppt sich zu spät als Berg, irgendwelche Burschen in safrangelben Kutten starren auf einen herab, der arme Kerl fragt sich, ob es jetzt noch Sinn hat, den Sicherheitsgurt anzulegen, und dann… WAMM. Anschließend können einige glückliche Bergsteiger, die nach dem Flugschreiber suchen, ziemlich viele Würstchen herstellen.«
    QUIEK!
    »Ja, aber er ist alt. Vermutlich alt genug, um fluguntauglich zu sein.«
    Susanne zog etwas aus dem Schnee.
    Es war eine rot-weiß gestreifte Zuckerstange.
    Sie scharrte mit dem Fuß im kalten Weiß und entdeckte einen Holzsoldaten. Er trug

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