Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Seite zu falten. Aus Tods Perspektive betrafen Zeit und Raum nur andere Leute. Für ihn waren es nur optionale Aspekte der Wirklichkeit.
    Es mag helfen, sich das Universum in diesem Zusammenhang als eine Gummifläche vorzustellen – oder auch nicht.
    »Laß mich rein, Herr«, ertönte eine jammernde Stimme auf dem Dach. »Hier draußen ist es verdammt kalt.«
    Tod ging zur Tür. Schnee wehte darunter hinweg ins Zimmer. Er bedachte das Holz mit einem nervösen Blick und hörte, wie draußen jemand anklopfte.
    Alberts Stimme war jetzt viel näher.
    »Worauf wartest du noch, Herr?«
    Tod streckte den Kopf durch das Holz der Tür.
    HIER GIBT ES EINIGE OBJEKTE AUS METALL…
    »Es sind Riegel, Herr. Man schiebt sie zur Seite.« Albert schob die Hände unter die Achseln, um sie zu wärmen.
    AH.
    Tods Kopf verschwand. Albert stampfte mit den Füßen und beobachtete, wie sein Atem zu dichten weißen Wolken kondensierte, während es auf der anderen Seite der Tür immer wieder kratzte.
    Schließlich erschien erneut Tods Kopf.
    ÄH…
    »Die Klinke, Herr«, sagte Albert.
    JA, NATÜRLICH.
    »Man schließt die Hand darum und drückt.«
    IN ORDNUNG.
    Der Kopf verschwand. Albert sprang auf und ab und übte sich in Geduld.
    Der Kopf erschien erneut.
    ÄH… MAN SCHLIESST DIE HAND UM DIE KLINKE UND DRÜCKT…?
    Albert seufzte. »Man drückt sie nach unten und zieht, Herr.«
    OH. JA. DANKE.
    Der Kopf verschwand.
    Meine Güte, dachte Albert. Er kommt mit solchen Dingen einfach nicht zurecht…
    Die Tür öffnete sich. Tod stand dahinter und… Nun, er schien immer zu grinsen, aber diesmal lag auch so etwas wie Stolz darin.
    Albert wankte in den Schuppen, Schnee folgte ihm.
    »Es wird wirklich ein bißchen zu kühl für meinen Geschmack«, sagte er. »Gibt’s hier Sherry?« fügte er hoffnungsvoll hinzu.
    DAS SCHEINT NICHT DER FALL ZU SEIN.
    Tod sah zu der Socke an der einen Seite des Ofens. Sie hatte ein großes Loch.
    Daneben hing ein Brief in krakeliger Handschrift. Tod griff danach.
    DER JUNGE MÖCHTE EINE HOSE, DIE ER MIT NIEMANDEM TEILEN MUSS, EINE GROSSE FLEISCHPASTETE, EINE MARZIPAN-MAUS, »VIELE SPIELZEUGE« UND EINEN KLEINEN HUND NAMENS WUFFI.
    »Oh, wie süß«, kommentierte Albert. »Da kommen mir gleich die Tränen, weil er nämlich nur das hier bekommt: ein kleines Holzspielzeug und einen Apfel.« Er zeigte die beiden Objekte.
    ABER DER BRIEF WEIST DEUTLICH DARAUF HIN…
    »Tja, das sind die sozioökonomischen Faktoren«, erwiderte Albert. »Die Welt geriete aus den Fugen, wenn jeder bekäme, was er will.«
    IM KAUFHAUS HABE ICH DIE WÜNSCHE DER KINDER ERFÜLLT…
    »Ja, und daraus werden sich noch erhebliche Probleme ergeben. Ich denke da nur an die vielen ›Spielzeugschweine, die tatsächlich funktionieren‹. Ich habe keine Einwände erhoben, weil es in erster Linie darum ging, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, aber eins steht fest: So kannst du nicht weitermachen. Was nützt einem ein Gott, der einem alles gibt, was man will?«
    ICH FÜRCHTE, DAS VERSTEHE ICH NICHT GANZ…
    »Es kommt auf die Hoffnung an. Die Hoffnung spielt beim Glauben eine große Rolle. Gib den Leuten heute Marmelade – dann setzen sie sich hin und essen das Zeug. Aber wenn man ihnen für jeden nächsten Tag Marmelade verspricht… dann sind und bleiben sie motiviert.«
    DU HÄLTST ES ALSO FÜR RICHTIG, DASS DIE ARMEN NUR WENIG BEKOMMEN UND DIE REICHEN VIEL?
    »In diesem Prinzip kommt die wahre Bedeutung des Silvesterfestes zum Ausdruck«, sagte Albert.
    Tod gab ein Geräusch von sich, das sich fast wie Wehklagen anhörte.
    ABER ICH BIN DER SCHNEEVATER! Er wirkte verlegen. ICH MEINE, ICH VERTRETE IHN.
    »Und wenn schon.« Albert zuckte mit den Schultern. »Als ich ein Steppke war… Vor einem Silvesterfest vernarrte ich mich in ein großes Holzpferd, das ich im Schaufenster eines Ladens sah.« Neue Falten bildeten sich auf seinem Gesicht, als er melancholisch lächelte. »Einmal, während eines besonders kalten Wintertages, verbrachte ich Stunden vor dem Schaufenster, die Nase an die Scheibe gepreßt – es dauerte eine ganze Weile, bis die Leute meine Schreie hörten und meine festgefrorene Nase vom Glas lösten. Ich beobachtete, wie das große Pferd aus dem Fenster genommen wurde, wie es jemand kaufte, und einige Sekunden glaubte ich tatsächlich, es wäre für mich bestimmt. Oh, ich träumte von diesem Pferd. Es war rot und weiß, hatte einen richtigen Sattel und Kufen und so. Ich hätte alles dafür gegeben.« Erneut hob und senkte er die

Weitere Kostenlose Bücher