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Schweinsgalopp

Schweinsgalopp

Titel: Schweinsgalopp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Jahren ebenso hochnäsig«, sagte Albert, ein zynischer Beobachter der menschlichen Natur.
    FREUNDLICHKEIT UND EIN EHRLICHES WESEN? fragte Tod. ABER ES IST DOCH LEICHT, EHRLICH ZU SEIN, WENN MAN REICH IST.
    Albert wollte widersprechen. Er wollte erwidern: Tatsächlich? Wie kommt es dann, daß so viele Reiche gemeine Schufte sind? Und arme Leute müssen nicht unbedingt unehrlich sein. Meine Familie war damals recht arm, aber wir blieben ehrlich. Um ganz offen zu sein: Wir waren eher dumm als ehrlich. Es war so etwas wie prinzipielle Ehrlichkeit.
    Doch Albert blieb stumm. Derzeit legte Tod keinen Wert darauf, die Stimme der Vernunft zu hören. Er verhielt sich immer so, wie er es für richtig hielt.
    »Du hast gesagt, daß es uns in erster Linie darum geht, den Glauben der Leute…« Er unterbrach sich, als ihm etwas anderes einfiel. »Wenn du von Gerechtigkeit sprichst, Herr, so möchte ich dich daran erinnern, daß du…«
    OB ARM ODER REICH – ICH BEHANDLE ALLE LEUTE GLEICH, sagte Tod mit Nachdruck. ABER DIES SOLLTE KEINE TRAURIGE ZEIT SEIN. »MAN SCHMÜCKT DAS HAUS MIT MISTELN UND STECHPALMENZWEIGEN, UND MAN IST FRÖHLICH, UND MAN FEIERT, UND MAN ISST, BIS EINEM DER BAUCH PLATZT!« zitierte er und zog sich den roten Mantel enger um die knochigen Schultern. »MAN VERSPÜRT DEN WUNSCH, SEINE VERWANDTEN ZU SEHEN…«, fügte er hinzu.
     
    »Die Klinge fehlt«, sagte der o Gott. »Es ist nur das Heft eines Schwertes.«
    Susanne trat ins Licht und bewegte die Hand. Eine schimmernde blaue Linie offenbarte für ein oder zwei Sekunden eine Klinge, deren Kante so dünn war, daß man sie kaum sehen konnte.
    Gallig wich zurück.
    »Was ist das ?«
    »Das Leuchten stammt von winzigen Teilen der Luft, die zerschnitten werden. Die Klinge ist scharf genug, um die Seele vom Körper zu trennen. Du solltest besser sicheren Abstand wahren.«
    »Diesen Rat beherzige ich gern.«
    Susanne zog die schwarze Scheide aus dem Schirmständer.
    Ein Schirmständer! In dieser Sphäre regnete es nie, aber in Tods Haus gab es einen Schirmständer. Praktisch niemand sonst, den Susanne kannte, besaß so etwas. Auf der Liste nützlicher Möbel war für den Schirmständer die letzte Zeile reserviert.
    Tod wohnte in einer schwarzen Welt, in der nichts lebte und alles dunkel blieb. In der großen Bibliothek gab es nur deshalb Staub und Spinnweben, weil Tod glaubte, das gehöre einfach dazu. Nie leuchtete eine Sonne am schwarzen Himmel, und die Luft bewegte sich nicht, aber es gab einen Schirmständer im Haus. Außerdem lagen im Schlafzimmer zwei mit Silber geschmückte Haarbürsten auf dem Nachtschränkchen. Tod wollte mehr sein als nur eine knochige Erscheinung. Gelegentlich versuchte er, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, aber er verriet sich, indem er zuviel Mühe investierte – wie ein Jugendlicher, der das Aftershave »Zügellos« benutzt, bevor er ausgeht.
    Tod bekam es immer falsch hin. Er sah das Leben von außen, ohne es vollkommen zu verstehen.
    »Das sieht gefährlich aus«, meinte der o Gott.
    Susanne schob das Schwert in die Scheide.
    »Will ich auch hoffen«, erwiderte sie.
    »Äh… wohin wollen wir eigentlich? Was ist unser Ziel?«
    »Ein Ort, an dem es den Himmel nur oben gibt«, sagte Susanne. »Und… ich habe ihn schon einmal gesehen. Vor kurzer Zeit. Ich kenne ihn.«
    Sie gingen zum Stall. Binky wartete dort.
    »Du brauchst nicht mitzukommen«, betonte Susanne noch einmal. »Ich meine, du bist ein… unbeteiligter Zuschauer.«
    »Ich bin ein Gott des Katzenjammers, der von seinem ständigen Katzenjammer geheilt worden ist«, entgegnete Gallig. »Eigentlich habe ich jetzt überhaupt keine Aufgabe mehr.«
    Bei diesen Worten wirkte er so hilflos, daß Susanne nachgab.
    »Na schön. Steig auf.«
    Sie zog ihn hinter sich aufs Pferd.
    »Halt dich fest«, sagte sie. Kurze Zeit später fügte sie hinzu: »Bitte halt dich woanders fest.«
    »Tut mir leid, war das ein Problem?« erwiderte der o Gott und ließ die Hände sinken.
    »Ich fürchte, es würde zu lange dauern, dir alles zu erklären. Und vermutlich wären dir einige Wörter unbekannt. Du kannst dich an der Taille festhalten.«
    Susanne holte Violetts Lebensuhr hervor und betrachtete sie. Das Stundenglas enthielt noch recht viel Sand, aber sie wußte nicht, ob das ein gutes Zeichen war.
    Nur in einem Punkt gab es keinen Zweifel: Tods Pferd konnte jeden beliebigen Ort erreichen.
     
    Hex’ Stift kratzte über das Papier. Es hörte sich an wie eine ziemlich lebhafte

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