Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
Waffe, nur um sicherzugehen, dass sie da ist.
»Ach, Franz, bevor ich’s vergess«, ruft der Papa rüber. »Ich hab dir ein paar Ohropax drüben auf den Nachttisch gelegt.«
Jetzt geht’s aber los.
»Jetzt geht’s aber los«, sag ich. »Bloß, weil ihr zwei Althippies euch dem Alkohol und dem Wahnsinn hingebt, muss ich mit Plastik in den Ohren schlafen?«
Ich taste erneut nach meiner Waffe. Sie ist immer noch da und fühlt sich gut an.
»Ja, und noch was, Franz«, sagt der Papa grinsend und zieht eine Pistole hervor.
Ich fass es nicht.
Dann schau ich den Moratschek an. Aber der präsentiert mir jetzt ein ebensolches Schießeisen.
Beide lachen.
»Wann müssen Sie eigentlich wieder zur Arbeit?«, frag ich den Richter.
»Sobald der Küstner hinter Gittern ist. Vorher tu ich keinen Schritt mehr hier weg. Gell, Eberhofer?«
Damit meint er den Papa. Der schüttelt den Kopf.
»Auf gar keinen Fall«, sagt er. »Das wär ja schwer fahrlässig.«
|60| Dann setzen sie sich einträchtig auf den Boden und versinken in der Antike.
Jetzt muss der Küstner aber wirklich gefunden werden. Und zwar umgehend. Weil: mit dem Papa kann man gut leben. Na ja, gut ist vielleicht auch übertrieben, aber man kann schon mit ihm leben. Was aber gar nicht geht, sind die beiden im Doppelpack. Da ist der kreisrunde Haarausfall ja quasi schon vorprogrammiert. Also muss ich was tun. Und zwar sofort. Oder sagen wir: vielleicht morgen. Weil: heut … heut bin ich schon stehend k. o. wegen letzter Nacht. Also quetsch ich mir die Stöpsel ins Ohr und ergeb mich meiner Trägheit.
Ich kann den Mick Jagger gut hören, es ist ›Angie‹, was er singt. Aber er singt es von Weitem. Praktisch wie aus dem Nachbardorf. Und so kann ich trotzdem einwandfrei schlafen.
Am nächsten Tag in der Früh geht’s mir fabelhaft, und trotz der ganzen nächtlichen Singerei bin ich direkt gut drauf. Was zum einen natürlich an der Entfernung liegt. Weil es bedeutend angenehmer ist, wenn im Nachbarort gegrölt wird, wie direkt vor der eigenen Haustür. Zum anderen liegt es aber natürlich auch an den Stones. Die sind nämlich für mich direkt eine Seelensalbung. Wenn man bedenkt, dass nach fast vierzig qualvollen Jahren jegliches Verständnis meinerseits ausgebeatelt ist. Und jetzt endlich mal etwas anderes ertragen zu dürfen. Wunderbar. Angie, geht es mir so durch den Kopf. Angie ist klasse.
Leider ist es mir dann aber nicht möglich, meine Ohrstöpsel wieder zu entfernen. Jedenfalls nicht eigenhändig. Ich hab sie nämlich aus lauter Panik vor der nächtlichen Ruhestörung so dermaßen tief hineingestopft, dass ich sie nur mit Hilfe von der Oma und ihrer Häkelnadel wieder |61| herausbekomme. Da ich aber wie gesagt heute gut drauf bin, reg ich mich darüber gar nicht erst auf, sondern freu mich des Lebens, auch mit entzündeten Ohrmuscheln.
Trotzdem muss ich jetzt möglichst schnell den Küstner finden. Schließlich kann der ehrenwerte Herr Richter nicht bis zu seiner Pensionierung hier rumdümpeln. Ganz zu schweigen, wenn erst sein Weib aus der Kur heimkommt.
Ich sitz also grad so in meinem Büro, mach mir meine Gedanken und lande schließlich beim Birkenberger Rudi. Der Birkenberger Rudi ist mein Freund seit den heißen Münchner Tagen. Damals war er mein Streifenkollege. Leider konnte er sich bei der Verhaftung eines Kinderfickers einfach nicht beherrschen und hat ihn kastriert. Mit seiner Dienstwaffe. Die musste er daraufhin abgeben. Und auch seinen Dienstausweis. Nach seiner Haftstrafe aber hat er schnell wieder Fuß gefasst und er ist mittlerweile Inhaber einer florierenden Privatdetektei. So ab und zu hat er mir schon hilfreiche Dienste geleistet in meinen spektakulären Aufklärungsfällen. Einmal sogar auf Mallorca. In einem Romantikhotel. Ja, ich war einmal zwei Wochen lang mit dem Rudi in einem Romantikhotel, frag nicht. Weil seine Urlaubspartnerin kurzfristig abgesprungen ist. Wen wundert’s? Nichtsdestotrotz haben wir da einen brutalen Vierfachmörder überführt. Astreine Sache. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Schauen wir lieber mal, was er grad so treibt, der Rudi. Dazu muss ich vielleicht sagen, er hat einen leichten Hang zum Weibischen. Nein, keinesfalls schwul, viel eher der Typ Hausfrauentröster. Aber halt zickig bis dorthinaus. Und vermutlich ist er momentan schwer beleidigt, weil ich mich seit Langem nicht mehr bei ihm gemeldet hab. Darauf bin ich vorbereitet.
|62| Kapitel 7
»Privatdetektei Birkenberger,
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