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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Basel zu telefonieren. Die Tragödie der Amadio hatte sich wie ein unüberwindbares Hindernis zwischen sie beide geschoben. Ein riesiger Felsbrocken, der die verbindende Bergstraße zwischen ihren beiden Weile r n versperrte. Ihr Geliebter versuchte zwar, ihr zwischen all seinen vielen Anrufen Verständnis und Zuneigung zu zeigen. Aber sie empfand diese Momente wie zu flüchtig und zu schludrig geschriebene Briefe, die zu selten über den verschneiten Ausweichpass zu ihrem Weiler getragen werden konnten.
    Andi war sich der Unhaltbarkeit der Situation durchaus bewusst. Doch was hätte er tun können? Einfach das Telefon ausschalten? Er wusste vom Mord an der Amadio. Also konnte er nicht ablassen. Er war Kriminalkommissär der Kantonspolizei Basel-Stadt – so seine offizielle Funktionsbezeichnung. Das Lösen von Mordfällen war sein Beruf, sein Sinn, sein Lebenselixier. Seit Majas Weggang umso mehr.
    Andreas Baumer telefonierte daher auch kurz mit dem Arzt, der am Tatort gewesen war. Dieser plapperte aufgeregt wie ein junger Doktorand, der eine wichtige Entdeckung gemacht hat. Da Baumer von Heinzmann vorgewarnt worden war, konnte er die Erregung des Arztes ertragen. Wäre er unvorbereitet mit dem Vergnügen konfrontiert gewesen, das der Arzt empfand, er hätte gleich noch einmal einen Ausbruch gehabt. Ein Ereignis, das selten bei ihm war. Zu abgeklärt war dieser Mann. Doch abgeklärt heißt nicht abgestumpft. Dieser Mord war etwas Persönliches. Baumer hatte die Frau gekannt. Er hatte zweimal ein längeres Gespräch mit ihr geführt. Das war eine große Anzahl für ihn, der nur sehr wenige Menschen überhaupt an sich heranließ.
    Der Kommissar verstand die Tat nicht. Welcher Irre hatte Lust verspürt, eine alte Dame umzubringen? Ging es vielleicht um Geld? Musste einer an ein Erbe kommen? Das würde man herausfinden müssen. Doch dieser Gedanke schlug keine Saite an in seinem Polizistenkörper. Baumer hatte die Wohnung der Frau gesehen. Er hatte sie zum Bürgertum gerechnet, eher gehobener denn unterer Mittelstand.
    Die ganze Erscheinung der Helen Amadio war gepflegt gewesen. Sie war höflich, offen, interessiert am Gegenüber. Müsste er diese Frau in einem Wort beschreiben, dann würde er sich für anständig entscheiden. Nicht weil sie die Anständigkeit nur gelernt hatte und die Psychologie einsetzte wie ein dummer Professor, der damit seine primitiven Machtspielchen parfümiert. Sie war keiner dieser Großbürger, die Respekt nur heuchelten – und gerade dadurch ihr Gegenüber doch nur erniedrigen. Nein. Ihre Anständigkeit kam aus dem Herzen. Baumer konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein verschlagener Sohn kalten Stahl in das Genick dieser Dame schob, nur um frühzeitig an ihre Ersparnisse zu kommen. »Könnte aber trotz allem sein«, zog er diese Möglichkeit dennoch in Betracht, musste sie in Betracht ziehen. Geld war sicherlich genug da. Baumer erinnerte sich an eine teure goldene Pendeluhr auf dem Buffet aus Kirschholz. Die Kleidung der Alten war ausgesucht, ihre Broschen waren aus purem Gold – und massiv. Vielleicht hatte das Begehrlichkeiten geweckt und die kriminelle Phantasie eines Familienmitglieds oder einer Bekannten angeregt.
    Andi Baumer stand im Hotelzimmer im kretischen Ierapetra und blickte ins Leere. Anna stand vor ihm, aber er nahm sie nicht wahr. Als sie ihn am Arm fasste, kam er nur zögerlich aus seinen Gedanken. »Was ist?«, fragte er.
    »Wie geht es weiter?«, schob sie ihren Kopf nach vorne und versuchte von unten her seinen Blick zu erhaschen. Sie meinte natürlich: Wie geht es weiter mit uns?
    Baumer konnte darauf keine Antwort geben. Er hatte keine. Er senkte den Blick, schaute wieder leer.
    Das war zu viel für Anna. Enttäuscht machte sie sich auf ins Bad.
    Kurz danach hörte Baumer, wie sie in die Dusche stieg, den Vorhang zog. Das Wasser rauschte.

    5 Minuten Zeit.

    Sofort telefonierte Baumer wieder mit Basel. Fragte Heinzmann, ob ihm irgendetwas aufgefallen sei, das auf einen Raub hindeute. Er fragte dies, obwohl er die Antwort bereits vermutete. Nein, nichts deute bisher auf einen Raub hin, antwortete sein Freund wie erwartet.
    Dann wollte der Kommissar wissen, ob die äußere Eingangstür am Haus auch aufgebrochen worden sei. Nein, die sei in Ordnung.
    »Wie kam der Täter ins Haus?«
    Stefan Heinzmann berichtete, dass ihn diese Frage auch schon beschäftigt habe. Er habe daher die Haustür überprüft. Die schließe nämlich mit einem Schnappschloss. Von außen

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