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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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was?«, stammelte der perplex.
    »Jetzt heult sie sicher.«
    Der Schleimer neben dem Regierungsrat hatte den Mund offen, dann wollte er auf Baumer losgehen, aber er kam nicht dazu, Baumer zusammenzustauchen, weil Schläfli ihm seinen Unterarm vor den Bauch hielt. Der Unterhund scheute davor wie ein Pferd vor einem Hindernis. Das hier war Sache zwischen einem Regierungsrat und einem Kommissar.
    Markus Schläfli lächelte, ohne seine Zähne zu zeigen. Seine Hände stützte er in die Hüfte. Die Beine hatte er ganz leicht auseinandergestellt. Er sah aus wie ein junger Leutnant, der auf einen bockigen Rekruten hinuntersieht.
    Baumer saß vor ihm auf seinem Stuhl und sprach einfach weiter drauflos, so als ob es gar keine anderen Leute im Raum gäbe. »Ich hätte sie schon längstens anrufen sollen. Einfach stehen gelassen. Das mag niemand.«
    Schläfli nickte überdeutlich. Das hieß: »Ja, Rekrut Baumer, das versteh ich schon.«
    »Und jetzt heult sie sicher, und ich kann nichts tun. Muss hier vorwärts machen. Muss einen Mörder suchen.«
    »Das wollen wir ja alle«, sagte der Regierungsrat und zeigte sich scheinbar verständnisvoll, so wie ein guter Leutnant mit einem jungen verzweifelten Rekruten spricht, der ein geladenes und entsichertes Gewehr in der Hand hat und mit dem Finger den Abzug streichelt.
    Baumer ließ sich nicht darauf ein. Er spulte wie geistesabwesend seinen Monolog herunter. »Drei Stunden könnte das hier gehen. Aber rauskommen wird nichts.«
    »Was fällt Ihnen …«, zischte der Unterhund des Regierungsrates, wurde aber sofort von diesem zum Schweigen ermahnt.
    »Lassen Sie den Mann reden!«, befahl Schläfli, ohne den glatzköpfigen Schleimer anzusehen. Er nickte Baumer zu, er solle ruhig weiterreden.
    Baumer fuhr denn auch ungerührt fort. »Alle sind hier. Alle werden sich wichtig machen wollen«, machte er sich bei den Anwesenden unbeliebt. »Dabei ist klar, dass uns das nicht weiterbringen wird.«
    »So. Sie wissen das?«, tat Schläfli mehr interessiert als zynisch. Hauptsache, der Rekrut zuckt nicht mit dem Finger am Abzugsbügel.
    Baumer antwortete nicht direkt auf diese rhetorische Frage, sondern führte sein Selbstgespräch, das in Wirklichkeit an Schläfli gerichtet war, weiter. »Ich war in Kreta. Ich habe eine Freundin.«
    Schläfli nickte.
    »Ich bin sofort zurückgekommen, aber es sind schon deutlich mehr als 24 Stunden seit dem Mord vergangen. Wenn wir eine konkrete Spur gehabt hätten, dann wäre der Täter jetzt dingfest. Aber wir haben keine. Also ist der Mörder schon in Sicherheit.«
    Der Regierungsrat ließ einen Arm fallen, den anderen hielt er weiter abgewinkelt und in die Hüfte gestützt.
    Baumer brabbelte weiter vor sich hin. »Warum darüber noch lange quatschen? Wir können uns die Berichte sparen.«
    Markus Schläfli kannte seinen Untergebenen, den er in seinen sieben Jahren Regierungszeit immer wieder getroffen hatte. Er schätzte dessen Arbeit, weniger seine Eskapaden. Einen Blumenstrauß hatte er ihm nicht ins Spital geschickt.
    »Haben Sie etwa eine Spur, Baumer?«, fragte Schläfli.
    »Nein, Gottverdammt«, explodierte Baumer in einer Lautstärke, die ihn selbst verwunderte. Auch dass ein Fluch hervorgebrochen war, erschreckte ihn ebenso wie den Regierungsrat.
    Es kostete Baumer einige Überwindung zu sagen, was jetzt notwendig war, weil er dieses Wort nicht gerne aus seinem Wortschatz hervorzog. »Entschuldigung«, brachte er schließlich heraus. Dann fügte er rasch an: »Ich habe keine Spur«, und er blickte jetzt tatsächlich dem Regierungsrat ins Gesicht. »Aber ich weiß, dass hier etwas ganz faul ist. Ich muss allen Vermutungen nachgehen, aber das alles braucht Zeit und Geduld. Und was ist dann mit meiner Freundin?« Baumer machte eine Faust. »Mit dieser Sitzung verliere ich nur Zeit und Geduld.« Gottverdammt fügte er dieses Mal nicht an.
    »Der Kommissar Baumer weiß mal wieder alles besser«, plärrte Rötheli aus der zweiten Reihe hervor. »Fährst deinen kleinen Extrazug, was?«, zischte er aus gehässig verzogenem Mund. Hämisches Gelächter wollte aufbrechen, aber Schläfli stoppte dieses im Keim. »Ruhe!«, sagte er scharf und schnitt mit der ausgestreckten Hand eine Linie durch die Luft.
    Baumer ignorierte den Chef der Zivilen und blickte weiter den Regierungsrat an. Sein Blick kam von unten, war aber weder bittend oder flehend, auch nicht fordernd. Baumer schaute ihn einfach auf gleicher Höhe an, obwohl er saß. Sein Blick sagte: »Du bist

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