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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Spur.«
    Schläfli nickte. »Das habe ich auch schon gemerkt.«
    Baumer sagte ihm, was jetzt wohl geschehen würde. »Wir werden von unwichtigen Informationen überschwemmt werden.« Eine ganze Batterie von Leuten würde diesen Hinweisen nachgehen. Das Fiasko war abzusehen.
    Schläfli erkannte sofort, dass es vor lauter Details mehr als ein Durcheinander, sondern regelrechtes »Gnusch« geben würde. So konnte er keinen Mörder stellen, um ihn vor den Wahlen seiner Klientel zu präsentieren. »Was denken Sie, sollten wir tun?«, fragte der Regierungsrat, der es gerne gehört hatte, das Baumer in der Wir-Form geredet hatte. Offenbar kam sein Kommissar endlich zur Vernunft, nachdem er in letzter Zeit so verändert gewirkt hatte.
    »Ich habe keine Ahnung, wo beginnen«, gab Baumer zu. »Aber mich plagt ein verdammt dummes Gefühl. Das Opfer wollte mich dringend sprechen. Ich spüre, dass ich schnell eine Spur hätte, wenn ich in Ruhe arbeiten könnte.«
    Heinzmann sprang seinem Freund zu Hilfe, ohne zu wissen, worum es eigentlich ging. »Wenn Baumer etwas spürt, dann ist was dran«, sagte er bestätigend zu Schläfli.
    »Das weiß ich selber«, entgegnete der Politiker leicht genervt. Dann atmete er tief durch. Schließlich sagte Markus Schläfli anerkennend zu dem ihm untergebenen Kommissar: »Baumer. Ich kenne Sie. Ich weiß, dass Sie kein Columbo sind. Aber Sie getrauen sich einiges. Ihre Eigenmächtigkeiten machen zwar den Betrieb kaputt, aber bringen vielleicht gerade die entscheidenden Hinweise. Sie sind bereit, ein Risiko auf sich zu nehmen. Ich halte viel von Ihnen.« Er blickte auf Baumers Oberschenkel.
    Baumer glaubte den Worten kaum. Er sah den Regierungsrat mit heruntergezogenen Mundwinkeln und zusammengepressten Lippen an. Der bekam sofort ein schlechtes Gewissen.
    »Ja. Baumer. Ich hab schon verstanden.« Er räusperte sich. »Und ich gebe es zu.« Er bewegte sich von einem Bein zum anderen. »Ich bin Ihnen etwas schuldig.«
    Baumer erwiderte immer noch nichts.
    Als Schläfli das sah, schnalzte er ermüdet und wirbelte die Hände herum. »Verdammt. Ja. Sie sind in diese üble Schießerei geraten, haben Ihr Leben eingesetzt und haben jetzt ein kaputtes Bein. Vielleicht hätte ich das verhindern können, wenn ich auf meinen Laden besser aufgepasst hätte. Scheiße! Mein Fehler.«
    Jetzt sagte niemand mehr etwas. Alle drei schauten betreten zu Boden. In dieser synchronen Bewegung waren sie leicht nach vorne gebeugt, hatten sich einander körperlich genähert. Vielleicht waren die drei alten Eidgenossen auf dem Rütli auch so zusammengestanden und hatten den ewigen Bund geschlossen. Keine Heroen. Nur Leute, die unter Druck von außen bekümmert zusammenstanden, weil sie zusammenstehen mussten, und entschieden hatten, dass es, trotz aller Differenzen, besser sei, zusammenzuhalten und sich gegenseitig zu unterstützen.
    Schläfli atmete tief ein. Er hatte sich wieder im Griff. Dann atmete er ruhig aus und fügte etwas an. Er sagte es so, dass klar war, dass er es ernst meinte. Er sagte ganz einfach: »Ich entschuldige mich bei Ihnen, Baumer.«
    »Schon okay«, sagte Baumer sofort.
    »Hören Sie, Baumer. Machen Sie, was Sie wollen. Machen Sie es, wie Sie wollen. Sie brauchen hier keine Routinesachen abzuspulen. Ich befreie Sie von dem Gerümpel. Gehen Sie Ihren Intuitionen nach.«
    Baumer hörte es gerne.
    »Nur eine Bedingung«, drehte sich Schläfli wieder zu Baumer und blickte ihn von oben herab an.
    »Welche?«, wollte Baumer wissen.
    »Ich will als Erster erfahren, was Sie herausgefunden haben, noch bevor irgendein anderer informiert wird. Und ich will es spätestens drei Tage vor der Wahl hören.«
    Baumer verstand. Schläfli wollte den Rahm abschöpfen, falls er denn etwas finden würde. Der Politiker wollte selbst die Presse informieren, und zwar als Allerallerallererster. Baumer hatte kein Problem damit. Sein Job war es, einen Mörder zu fangen – oder eine Mörderin. Auf der Agenda seines Chefs stand die eigene Wiederwahl. Das ging beides gut zusammen. Schläfli war alles in allem in Ordnung. Mit einem anderen Regierungsrat würde es nicht wirklich besser werden. Vielleicht nur um einiges schlimmer.
    Der um seine Wiederwahl Bangende sah in Baumers Gesicht Zustimmung. Sein Kommissar hatte zwar nicht geantwortet, doch der Politiker Schläfli war ein geschulter Menschenkenner und erkannte jede Stimmung in seinem Gegenüber rasch und sicher, wie ein alter Zöllner die Schmuggler an den Nasenflügeln

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