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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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positiven Nachrichten in den Medien erschien, würde er noch eine Chance auf Wiederwahl haben. Die Aufklärung des Mords an einer alten Frau würde ihm wichtige Sympathien und Anerkennung und netto bestimmt ein paar Tausend Stimmen mehr bringen.
    Die Gespräche verstummten plötzlich, als Schläfli den Raum betrat. Ein eleganter Mann im Businessanzug mit weißem Hemd und schmaler Seidenkrawatte mit dezentem Muster. Schläfli war ungefähr genauso groß wie Baumer. Die Haare sehr dunkel, fast schwarz und dicht, die Schläfen nur wenig ergraut. Der Haarschnitt wie üblich bei der Polizei ziemlich kurz geraten, nur eine mächtige Tolle war geblieben, die Schläfli bei einem amerikanischen Senator abgeschaut hatte. Der Scheitel war akkurat gekämmt. Die Statur? Eher schlank und drahtig vom vielen Stress, fast schon kränklich mager. Das Gesicht fein geschnitten, das Kinn zugleich fast ungehörig breit und hervorstechend. Die Augen waren wach und erstaunlich warmherzig. Irgendwie ein Beau, dem man aber auch zutraut, hart zu sein, wenn es nötig war.
    Schläfli voraus ging ein jüngerer, bereits glatzköpfiger Beamter. Baumer kannte ihn, weil dieser Mann immer da war, wo Schläfli war. Der Basler Kommissar hatte für diesen Kerl nichts übrig. Auch jetzt stellte sich der Opportunist pompös vor die Versammlung, während Schläfli abwartend dahinter stand, und begann zu reden. »Sie wissen, dass die Stelle des Kommandanten der Kriminalpolizei gegenwärtig nicht besetzt ist.«
    Ein Raunen ging durch den Raum. Baumer fasste sich sofort an seinen rechten Oberschenkel, strich über die Wunde.
    Der Schleimer fuhr fort. »Herr Regierungsrat Schläfli übernimmt daher jetzt in personam die Leitung der Fahndung. Jetzt kommt Schwung in die Untersuchung.« Er drehte sich grazil zu Schläfli hin und lächelte ihn devot an.
    Baumer konnte sich kaum beherrschen. Dieses ganze Tamtam. Es war offensichtlich, dass hier keine Neuigkeiten zu verkünden waren. Mit all diesen Leuten gäbe das nur eine Show, war sich Baumer sicher. Der Auftritt dieses Schleimers bewies ihm, dass er hier nur seine Zeit verschwendete. Am liebsten hätte er diesen Arschkriecher angeschissen, aber er konnte sich gerade noch beherrschen. Stattdessen strafte er ihn mit einem giftigen Blick voll ätzender Verachtung. Der so Geehrte nahm das nicht einmal wahr. Es wäre ihm wohl auch völlig egal gewesen.
    Schläfli nickte die Einführung durch seinen Adjutanten gelangweilt, aber höflich ab. Er nahm die Aufforderung, an die Versammlung zu sprechen, gerne an und trat nach vorne. Er bemühte sich dabei, bescheiden zu wirken. So stand er vor die Belegschaft hin, sammelte sich, lächelte, den Kopf einen zarten Hauch zur Seite geneigt, und wollte grad losreden, als Baumers Handy zu plärren begann.
    Alle im Raum erschraken.
    Baumer schüttelte sich, als er sich erschreckt aufrichtete und versuchte, sein Handy zu lokalisieren. Wo war es bloß? Links? Rechts? Das Geläut schwoll immer mehr an. Der Regierungsrat stand konsterniert vor Baumer, schaute auf diesen Störenfried hinunter. Der Schleimpilz erschoss Baumer mit tödlichen Blicken. Die Beamten in den vorderen Sitzreihen blieben erstaunlich kühl. Sie hatten Angst, dass ein Teil der Vorwürfe, die der Regierungsrat nun unweigerlich äußern würde, auch sie treffen könnte, und wollten daher möglichst nicht auffallen. Je weiter hinten die Leute saßen, desto lustiger fanden sie die Situation. Ganz hinten lachte einer laut und brummend auf, angesteckt vom eher heimlichen Gewieher direkt vor ihm.
    Endlich fand Baumer das Handy und zog es aus der linken Jackentasche. Er schaute aufs Display.

    AnnaSchatzeli.

    Anna! Sie versuchte ihn zu erreichen.
    Oh, nein, nicht jetzt, dachte Baumer und nahm das Gespräch entgegen. »Hallo, Schatz«, sagte er und fügte sofort an, ohne eine Antwort abzuwarten, »ich kann jetzt unmöglich, tut mir sehr leid. Ich rufe später zurück.« Dann unterbrach er die Leitung.
    Jetzt lachte der ganze Raum. Sogar der Regierungsrat konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Der Schleimer sprang hervor und beschwichtigte die Menge, indem er seine ausgestreckten Arme hoch- und niederbewegte, so als könne er das aufwallende Meer beruhigen. Dann gab er ungefragt den Befehl: »Alle Handys ausschalten!«
    Als wieder Ruhe war, hob der Regierungsrat seinen Kopf und wollte mit seiner Ansprache beginnen.
    »Das war meine Freundin«, fuhr ihm Baumer dazwischen, noch bevor Schläfli sprechen konnte.
    »Wa …

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